Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite
Jünglinge, die Kinder der Hoffnung, die Luftschlös-
ser betrogener Väter -- Was Wurm und Alter nicht
thun, kann oft ein Donnerschlag ausrichten -- Auch
seine Louise ist nicht unsterblich.

Miller. Ich hab sie von Gott.
Ferdinand. Hör er -- Ich sag ihm, sie ist nicht
unsterblich. Diese Tochter ist sein Augapfel. Er hat
sich mit Herz und Seel an diese Tochter gehängt.
Sei er vorsichtig Miller. Nur ein verzweifelter Spie-
ler sezt alles auf einen einzigen Wurf. Einen Wag-
hals nennt man den Kaufmann, der auf ein Schiff
sein ganzes Vermögen ladet -- Hör er, denk er der
Warnung nach -- -- Aber warum nimmt er sein
Geld nicht?

Miller. Was Herr? Die ganze allmächtige
Börse? Wohin denken Euer Gnaden?

Ferdinand. Auf meine Schuldigkeit -- Da!
(er wirft den Beutel auf den Tisch, daß Goldstüke heraus-
fallen)
Ich kann den Quark nicht eine Ewigkeit so
halten.

Miller. (bestürzt) Was beim großen Gott?
Das klang nicht wie Silbergeld! (er tritt zum Tisch,
und ruft mit Entsezen)
Wie um aller Himmel willen
Baron? Baron? Wo sind Sie? Was treiben Sie
Baron? Das nenn ich mir Zerstreuung! (mit zusam-
mengeschlagenen Händen)
Hier liegt ja -- oder bin ich
verhext, oder -- Gott verdamm mich! Da greif
ich ja das baare gelbe leibhafte Gottesgold -- -- Nein
Satanas! Du solst mich nicht daran kriegen!
Ferdin.
R 2
Juͤnglinge, die Kinder der Hoffnung, die Luftſchloͤſ-
ſer betrogener Vaͤter — Was Wurm und Alter nicht
thun, kann oft ein Donnerſchlag ausrichten — Auch
ſeine Louiſe iſt nicht unſterblich.

Miller. Ich hab ſie von Gott.
Ferdinand. Hoͤr er — Ich ſag ihm, ſie iſt nicht
unſterblich. Dieſe Tochter iſt ſein Augapfel. Er hat
ſich mit Herz und Seel an dieſe Tochter gehaͤngt.
Sei er vorſichtig Miller. Nur ein verzweifelter Spie-
ler ſezt alles auf einen einzigen Wurf. Einen Wag-
hals nennt man den Kaufmann, der auf ein Schiff
ſein ganzes Vermoͤgen ladet — Hoͤr er, denk er der
Warnung nach — — Aber warum nimmt er ſein
Geld nicht?

Miller. Was Herr? Die ganze allmaͤchtige
Boͤrſe? Wohin denken Euer Gnaden?

Ferdinand. Auf meine Schuldigkeit — Da!
(er wirft den Beutel auf den Tiſch, daß Goldſtuͤke heraus-
fallen)
Ich kann den Quark nicht eine Ewigkeit ſo
halten.

Miller. (beſtuͤrzt) Was beim großen Gott?
Das klang nicht wie Silbergeld! (er tritt zum Tiſch,
und ruft mit Entſezen)
Wie um aller Himmel willen
Baron? Baron? Wo ſind Sie? Was treiben Sie
Baron? Das nenn ich mir Zerſtreuung! (mit zuſam-
mengeſchlagenen Haͤnden)
Hier liegt ja — oder bin ich
verhext, oder — Gott verdamm mich! Da greif
ich ja das baare gelbe leibhafte Gottesgold — — Nein
Satanas! Du ſolſt mich nicht daran kriegen!
Ferdin.
R 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#FER">
            <p><pb facs="#f0151" n="147"/>
Ju&#x0364;nglinge, die Kinder der Hoffnung, die Luft&#x017F;chlo&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er betrogener Va&#x0364;ter &#x2014; Was Wurm und Alter nicht<lb/>
thun, kann oft ein Donner&#x017F;chlag ausrichten &#x2014; Auch<lb/>
&#x017F;eine Loui&#x017F;e i&#x017F;t nicht un&#x017F;terblich.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#MIL">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Miller.</hi> </speaker>
            <p>Ich hab &#x017F;ie von Gott.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#FER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Ferdinand.</hi> </speaker>
            <p>Ho&#x0364;r er &#x2014; Ich &#x017F;ag ihm, &#x017F;ie i&#x017F;t nicht<lb/>
un&#x017F;terblich. Die&#x017F;e Tochter i&#x017F;t &#x017F;ein Augapfel. Er hat<lb/>
&#x017F;ich mit Herz und Seel an die&#x017F;e Tochter geha&#x0364;ngt.<lb/>
Sei er vor&#x017F;ichtig Miller. Nur ein verzweifelter Spie-<lb/>
ler &#x017F;ezt alles auf einen einzigen Wurf. Einen Wag-<lb/>
hals nennt man den Kaufmann, der auf <hi rendition="#fr">ein</hi> Schiff<lb/>
&#x017F;ein ganzes Vermo&#x0364;gen ladet &#x2014; Ho&#x0364;r er, denk er der<lb/>
Warnung nach &#x2014; &#x2014; Aber warum nimmt er &#x017F;ein<lb/>
Geld nicht?</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#MIL">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Miller.</hi> </speaker>
            <p>Was Herr? Die ganze allma&#x0364;chtige<lb/>
Bo&#x0364;r&#x017F;e? Wohin denken Euer Gnaden?</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#FER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Ferdinand.</hi> </speaker>
            <p>Auf meine Schuldigkeit &#x2014; Da!<lb/><stage>(er wirft den Beutel auf den Ti&#x017F;ch, daß Gold&#x017F;tu&#x0364;ke heraus-<lb/>
fallen)</stage> Ich kann den Quark nicht eine Ewigkeit &#x017F;o<lb/>
halten.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#MIL">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Miller.</hi> </speaker>
            <p><stage>(be&#x017F;tu&#x0364;rzt)</stage> Was beim großen Gott?<lb/>
Das klang nicht wie Silbergeld! <stage>(er tritt zum Ti&#x017F;ch,<lb/>
und ruft mit Ent&#x017F;ezen)</stage> Wie um aller Himmel willen<lb/>
Baron? Baron? Wo &#x017F;ind Sie? Was treiben Sie<lb/>
Baron? Das nenn ich mir Zer&#x017F;treuung! <stage>(mit zu&#x017F;am-<lb/>
menge&#x017F;chlagenen Ha&#x0364;nden)</stage> Hier liegt ja &#x2014; oder bin ich<lb/>
verhext, oder &#x2014; Gott verdamm mich! Da <hi rendition="#fr">greif</hi><lb/>
ich ja das baare gelbe leibhafte Gottesgold &#x2014; &#x2014; Nein<lb/>
Satanas! Du &#x017F;ol&#x017F;t mich nicht daran kriegen!</p>
          </sp><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">R 2</fw>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Ferdin.</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[147/0151] Juͤnglinge, die Kinder der Hoffnung, die Luftſchloͤſ- ſer betrogener Vaͤter — Was Wurm und Alter nicht thun, kann oft ein Donnerſchlag ausrichten — Auch ſeine Louiſe iſt nicht unſterblich. Miller. Ich hab ſie von Gott. Ferdinand. Hoͤr er — Ich ſag ihm, ſie iſt nicht unſterblich. Dieſe Tochter iſt ſein Augapfel. Er hat ſich mit Herz und Seel an dieſe Tochter gehaͤngt. Sei er vorſichtig Miller. Nur ein verzweifelter Spie- ler ſezt alles auf einen einzigen Wurf. Einen Wag- hals nennt man den Kaufmann, der auf ein Schiff ſein ganzes Vermoͤgen ladet — Hoͤr er, denk er der Warnung nach — — Aber warum nimmt er ſein Geld nicht? Miller. Was Herr? Die ganze allmaͤchtige Boͤrſe? Wohin denken Euer Gnaden? Ferdinand. Auf meine Schuldigkeit — Da! (er wirft den Beutel auf den Tiſch, daß Goldſtuͤke heraus- fallen) Ich kann den Quark nicht eine Ewigkeit ſo halten. Miller. (beſtuͤrzt) Was beim großen Gott? Das klang nicht wie Silbergeld! (er tritt zum Tiſch, und ruft mit Entſezen) Wie um aller Himmel willen Baron? Baron? Wo ſind Sie? Was treiben Sie Baron? Das nenn ich mir Zerſtreuung! (mit zuſam- mengeſchlagenen Haͤnden) Hier liegt ja — oder bin ich verhext, oder — Gott verdamm mich! Da greif ich ja das baare gelbe leibhafte Gottesgold — — Nein Satanas! Du ſolſt mich nicht daran kriegen! Ferdin. R 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/151
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/151>, abgerufen am 27.11.2024.