Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite
meines Stammbaums eine Bouteille Malaga mehr,
und bezale die Skortazionsstrafe für seine Dirne.

Wurm. Alles was ich wünsche, Ihr' Exzellenz,
ist, daß Sie nicht nötig haben möchten diese Bou-
teille zu Ihrer Zerstreuung zu trinken.

Präsident. (ernsthaft) Wurm, besinn Er sich,
daß ich, wenn ich einmal glaube, hartnäkig glaube,
rase, wenn ich zürne -- Ich will einen Spaß daraus
machen, daß er mich aufhezen wolte. Daß er sich
seinen Nebenbuler gern vom Hals geschaft hätte,
glaub ich Ihm herzlich gern. Da er meinen Sohn bei
dem Mädchen auszustechen Mühe haben möchte, soll
ihm der Vater zur Fliegenklatsche dienen, das find
ich wieder begreiflich -- und daß er einen so herrli-
chen Ansaz zum Schelmen hat, entzükt mich sogar --
Nur mein lieber Wurm, muß er mich nicht mit prel-
len wollen. -- Nur versteht er mich, muß er den
Pfiff nicht bis zum Einbruch in meine Grundsäze
treiben.

Wurm. Ihro Exzellenz verzeihen. Wenn auch
wirklich -- wie Sie argwohnen -- die Eifersucht
hier im Spiel seyn solte, so wäre sie es wenigstens
nur mit den Augen und nicht mit der Zunge.

Präsident. Und ich dächte, sie bliebe ganz weg.
Dummer Teufel, was verschlägt es denn ihm, ob
er die Karolin frisch aus der Münze, oder vom Ban-
quier bekommt. Tröst er sich mit dem hiesigen Adel;
-- Wissentlich oder nicht -- bei uns wird selten eine
Mariage geschlossen, wo nicht wenigstens ein halb
Duzend
meines Stammbaums eine Bouteille Malaga mehr,
und bezale die Skortazionsſtrafe fuͤr ſeine Dirne.

Wurm. Alles was ich wuͤnſche, Ihr' Exzellenz,
iſt, daß Sie nicht noͤtig haben moͤchten dieſe Bou-
teille zu Ihrer Zerſtreuung zu trinken.

Praͤſident. (ernſthaft) Wurm, beſinn Er ſich,
daß ich, wenn ich einmal glaube, hartnaͤkig glaube,
raſe, wenn ich zuͤrne — Ich will einen Spaß daraus
machen, daß er mich aufhezen wolte. Daß er ſich
ſeinen Nebenbuler gern vom Hals geſchaft haͤtte,
glaub ich Ihm herzlich gern. Da er meinen Sohn bei
dem Maͤdchen auszuſtechen Muͤhe haben moͤchte, ſoll
ihm der Vater zur Fliegenklatſche dienen, das find
ich wieder begreiflich — und daß er einen ſo herrli-
chen Anſaz zum Schelmen hat, entzuͤkt mich ſogar —
Nur mein lieber Wurm, muß er mich nicht mit prel-
len wollen. — Nur verſteht er mich, muß er den
Pfiff nicht bis zum Einbruch in meine Grundſaͤze
treiben.

Wurm. Ihro Exzellenz verzeihen. Wenn auch
wirklich — wie Sie argwohnen — die Eiferſucht
hier im Spiel ſeyn ſolte, ſo waͤre ſie es wenigſtens
nur mit den Augen und nicht mit der Zunge.

Praͤſident. Und ich daͤchte, ſie bliebe ganz weg.
Dummer Teufel, was verſchlaͤgt es denn ihm, ob
er die Karolin friſch aus der Muͤnze, oder vom Ban-
quier bekommt. Troͤſt er ſich mit dem hieſigen Adel;
— Wiſſentlich oder nicht — bei uns wird ſelten eine
Mariage geſchloſſen, wo nicht wenigſtens ein halb
Duzend
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#PRA">
            <p><pb facs="#f0024" n="20"/>
meines Stammbaums eine Bouteille Malaga mehr,<lb/>
und bezale die Skortazions&#x017F;trafe fu&#x0364;r &#x017F;eine Dirne.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#WUR">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Wurm.</hi> </speaker>
            <p>Alles was ich wu&#x0364;n&#x017F;che, Ihr' Exzellenz,<lb/>
i&#x017F;t, daß Sie nicht no&#x0364;tig haben mo&#x0364;chten die&#x017F;e Bou-<lb/>
teille zu Ihrer <hi rendition="#fr">Zer&#x017F;treuung</hi> zu trinken.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#PRA">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Pra&#x0364;&#x017F;ident.</hi> </speaker>
            <p><stage>(ern&#x017F;thaft)</stage> Wurm, be&#x017F;inn Er &#x017F;ich,<lb/>
daß ich, wenn ich einmal glaube, hartna&#x0364;kig glaube,<lb/>
ra&#x017F;e, wenn ich zu&#x0364;rne &#x2014; Ich will einen Spaß daraus<lb/>
machen, daß er mich aufhezen wolte. Daß er &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;einen Nebenbuler gern vom Hals ge&#x017F;chaft ha&#x0364;tte,<lb/>
glaub ich Ihm herzlich gern. Da er meinen Sohn bei<lb/>
dem <hi rendition="#fr">Ma&#x0364;dchen</hi> auszu&#x017F;techen Mu&#x0364;he haben mo&#x0364;chte, &#x017F;oll<lb/>
ihm der <hi rendition="#fr">Vater</hi> zur Fliegenklat&#x017F;che dienen, das find<lb/>
ich wieder begreiflich &#x2014; und daß er einen &#x017F;o herrli-<lb/>
chen An&#x017F;az zum Schelmen hat, entzu&#x0364;kt mich &#x017F;ogar &#x2014;<lb/>
Nur mein lieber Wurm, muß er mich nicht mit prel-<lb/>
len wollen. &#x2014; Nur ver&#x017F;teht er mich, muß er den<lb/>
Pfiff nicht bis zum Einbruch in meine Grund&#x017F;a&#x0364;ze<lb/>
treiben.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#WUR">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Wurm.</hi> </speaker>
            <p>Ihro Exzellenz verzeihen. Wenn auch<lb/>
wirklich &#x2014; wie Sie argwohnen &#x2014; die Eifer&#x017F;ucht<lb/>
hier im Spiel &#x017F;eyn &#x017F;olte, &#x017F;o wa&#x0364;re &#x017F;ie es wenig&#x017F;tens<lb/>
nur mit den Augen und nicht mit der Zunge.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#PRA">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Pra&#x0364;&#x017F;ident.</hi> </speaker>
            <p>Und ich da&#x0364;chte, &#x017F;ie bliebe ganz weg.<lb/>
Dummer Teufel, was ver&#x017F;chla&#x0364;gt es denn ihm, ob<lb/>
er die Karolin fri&#x017F;ch aus der Mu&#x0364;nze, oder vom Ban-<lb/>
quier bekommt. Tro&#x0364;&#x017F;t er &#x017F;ich mit dem hie&#x017F;igen Adel;<lb/>
&#x2014; Wi&#x017F;&#x017F;entlich oder nicht &#x2014; bei uns wird &#x017F;elten eine<lb/>
Mariage ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, wo nicht wenig&#x017F;tens ein halb<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Duzend</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[20/0024] meines Stammbaums eine Bouteille Malaga mehr, und bezale die Skortazionsſtrafe fuͤr ſeine Dirne. Wurm. Alles was ich wuͤnſche, Ihr' Exzellenz, iſt, daß Sie nicht noͤtig haben moͤchten dieſe Bou- teille zu Ihrer Zerſtreuung zu trinken. Praͤſident. (ernſthaft) Wurm, beſinn Er ſich, daß ich, wenn ich einmal glaube, hartnaͤkig glaube, raſe, wenn ich zuͤrne — Ich will einen Spaß daraus machen, daß er mich aufhezen wolte. Daß er ſich ſeinen Nebenbuler gern vom Hals geſchaft haͤtte, glaub ich Ihm herzlich gern. Da er meinen Sohn bei dem Maͤdchen auszuſtechen Muͤhe haben moͤchte, ſoll ihm der Vater zur Fliegenklatſche dienen, das find ich wieder begreiflich — und daß er einen ſo herrli- chen Anſaz zum Schelmen hat, entzuͤkt mich ſogar — Nur mein lieber Wurm, muß er mich nicht mit prel- len wollen. — Nur verſteht er mich, muß er den Pfiff nicht bis zum Einbruch in meine Grundſaͤze treiben. Wurm. Ihro Exzellenz verzeihen. Wenn auch wirklich — wie Sie argwohnen — die Eiferſucht hier im Spiel ſeyn ſolte, ſo waͤre ſie es wenigſtens nur mit den Augen und nicht mit der Zunge. Praͤſident. Und ich daͤchte, ſie bliebe ganz weg. Dummer Teufel, was verſchlaͤgt es denn ihm, ob er die Karolin friſch aus der Muͤnze, oder vom Ban- quier bekommt. Troͤſt er ſich mit dem hieſigen Adel; — Wiſſentlich oder nicht — bei uns wird ſelten eine Mariage geſchloſſen, wo nicht wenigſtens ein halb Duzend

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/24
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/24>, abgerufen am 29.04.2024.