Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784.
zu -- reißt es mir aus den Händen -- ich bitte Sie! -- bringts der Prinzeßin und schnappt mir glüklich das Kompliment weg -- Was denken Sie? Präsident. Impertinent! Hofmarschall. Schnappt mir das Kompliment weg -- Ich meyne in Ohnmacht zu sinken. Eine solche Malice ist gar nicht erlebt worden. -- Endlich ermann ich mich, nähere mich Ihrer Durchlaucht und spreche: Gnädigste Frau! von Bok war so glüklich, Höchstdenenselben das Strumpfband zu überreichen, aber wer das Strumpfband zuerst er- blikte, belohnt sich in der Stille und schweigt. Präsident. Bravo Marschall! Bravissimo! Hofmarschall. Und schweigt -- Aber ich werds dem von Bok bis zum jüngsten Gerichte noch nach- tragen -- der niederträchtige kriechende Schmeichler! -- und das war noch nicht genug -- Wie wir beide zugleich auf das Strumpfband zu Boden fallen, wischt mir von Bok an der rechten Frisur allen Pu- der weg, und ich bin ruiniert auf den ganzen Ball. Präsident. Das ist der Mann, der die Mil- ford heuraten, und die erste Person am Hof wer- den wird. Hofmarschall. Sie stoßen mir ein Messer ins Herz. Wird? Wird? Warum wird er? Wo ist die Notwendigkeit? Präsident. Weil mein Ferdinand nicht will, und sonst keiner sich meldet. Hofmarschall.
zu — reißt es mir aus den Haͤnden — ich bitte Sie! — bringts der Prinzeßin und ſchnappt mir gluͤklich das Kompliment weg — Was denken Sie? Praͤſident. Impertinent! Hofmarſchall. Schnappt mir das Kompliment weg — Ich meyne in Ohnmacht zu ſinken. Eine ſolche Malice iſt gar nicht erlebt worden. — Endlich ermann ich mich, naͤhere mich Ihrer Durchlaucht und ſpreche: Gnaͤdigſte Frau! von Bok war ſo gluͤklich, Hoͤchſtdenenſelben das Strumpfband zu uͤberreichen, aber wer das Strumpfband zuerſt er- blikte, belohnt ſich in der Stille und ſchweigt. Praͤſident. Bravo Marſchall! Braviſſimo! Hofmarſchall. Und ſchweigt — Aber ich werds dem von Bok bis zum juͤngſten Gerichte noch nach- tragen — der niedertraͤchtige kriechende Schmeichler! — und das war noch nicht genug — Wie wir beide zugleich auf das Strumpfband zu Boden fallen, wiſcht mir von Bok an der rechten Friſur allen Pu- der weg, und ich bin ruiniert auf den ganzen Ball. Praͤſident. Das iſt der Mann, der die Mil- ford heuraten, und die erſte Perſon am Hof wer- den wird. Hofmarſchall. Sie ſtoßen mir ein Meſſer ins Herz. Wird? Wird? Warum wird er? Wo iſt die Notwendigkeit? Praͤſident. Weil mein Ferdinand nicht will, und ſonſt keiner ſich meldet. Hofmarſchall.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#KAL"> <p><pb facs="#f0083" n="79"/> zu — reißt es mir aus den Haͤnden — ich bitte Sie!<lb/> — bringts der Prinzeßin und ſchnappt mir gluͤklich<lb/> das Kompliment weg — Was denken Sie?</p><lb/> </sp> <sp who="#PRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Praͤſident.</hi> </speaker> <p>Impertinent!</p><lb/> </sp> <sp who="#KAL"> <speaker> <hi rendition="#fr">Hofmarſchall.</hi> </speaker> <p>Schnappt mir das Kompliment<lb/> weg — Ich meyne in Ohnmacht zu ſinken. Eine<lb/> ſolche <hi rendition="#aq">Malice</hi> iſt gar nicht erlebt worden. — Endlich<lb/> ermann ich mich, naͤhere mich Ihrer Durchlaucht<lb/> und ſpreche: Gnaͤdigſte Frau! von Bok war ſo<lb/> gluͤklich, Hoͤchſtdenenſelben das Strumpfband zu<lb/> uͤberreichen, aber wer das Strumpfband zuerſt er-<lb/> blikte, belohnt ſich in der Stille und ſchweigt.</p><lb/> </sp> <sp who="#PRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Praͤſident.</hi> </speaker> <p>Bravo Marſchall! Braviſſimo!</p><lb/> </sp> <sp who="#KAL"> <speaker> <hi rendition="#fr">Hofmarſchall.</hi> </speaker> <p>Und ſchweigt — Aber ich werds<lb/> dem von Bok bis zum juͤngſten Gerichte noch nach-<lb/> tragen — der niedertraͤchtige kriechende Schmeichler!<lb/> — und das war noch nicht genug — Wie wir beide<lb/> zugleich auf das Strumpfband zu Boden fallen,<lb/> wiſcht mir von Bok an der rechten Friſur allen Pu-<lb/> der weg, und ich bin ruiniert auf den ganzen Ball.</p><lb/> </sp> <sp who="#PRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Praͤſident.</hi> </speaker> <p>Das iſt der Mann, der die Mil-<lb/> ford heuraten, und die erſte Perſon am Hof wer-<lb/> den wird.</p><lb/> </sp> <sp who="#KAL"> <speaker> <hi rendition="#fr">Hofmarſchall.</hi> </speaker> <p>Sie ſtoßen mir ein Meſſer ins<lb/> Herz. Wird? Wird? Warum wird er? Wo iſt die<lb/> Notwendigkeit?</p><lb/> </sp> <sp who="#PRA"> <speaker> <hi rendition="#fr">Praͤſident.</hi> </speaker> <p>Weil mein Ferdinand nicht will,<lb/> und ſonſt keiner ſich meldet.</p> </sp><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Hofmarſchall.</hi> </fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [79/0083]
zu — reißt es mir aus den Haͤnden — ich bitte Sie!
— bringts der Prinzeßin und ſchnappt mir gluͤklich
das Kompliment weg — Was denken Sie?
Praͤſident. Impertinent!
Hofmarſchall. Schnappt mir das Kompliment
weg — Ich meyne in Ohnmacht zu ſinken. Eine
ſolche Malice iſt gar nicht erlebt worden. — Endlich
ermann ich mich, naͤhere mich Ihrer Durchlaucht
und ſpreche: Gnaͤdigſte Frau! von Bok war ſo
gluͤklich, Hoͤchſtdenenſelben das Strumpfband zu
uͤberreichen, aber wer das Strumpfband zuerſt er-
blikte, belohnt ſich in der Stille und ſchweigt.
Praͤſident. Bravo Marſchall! Braviſſimo!
Hofmarſchall. Und ſchweigt — Aber ich werds
dem von Bok bis zum juͤngſten Gerichte noch nach-
tragen — der niedertraͤchtige kriechende Schmeichler!
— und das war noch nicht genug — Wie wir beide
zugleich auf das Strumpfband zu Boden fallen,
wiſcht mir von Bok an der rechten Friſur allen Pu-
der weg, und ich bin ruiniert auf den ganzen Ball.
Praͤſident. Das iſt der Mann, der die Mil-
ford heuraten, und die erſte Perſon am Hof wer-
den wird.
Hofmarſchall. Sie ſtoßen mir ein Meſſer ins
Herz. Wird? Wird? Warum wird er? Wo iſt die
Notwendigkeit?
Praͤſident. Weil mein Ferdinand nicht will,
und ſonſt keiner ſich meldet.
Hofmarſchall.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |