Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.hatte dem Kaiser gehuldigt, Bethlen Gabor einen Waffenstillstand mit ihm geschlossen. Dännemark wußte der Wiener Hof durch Gesandtschaften einzuschläfern, Schweden durch einen Krieg mit Polen zu beschäftigen. Die Republik Holland hatte Mühe, sich der Spanischen Waffen zu erwehren; Venedig und Savoyen blieben unthätig; König Jakob von England wurde von der Spanischen Arglist betrogen. Ein Freund nach dem andern zog sich zurück, eine Hoffnung nach der andern verschwand - So schnell hatte sich alles in wenigen Monaten verändert! Indessen versammelten die Häupter der Union eine Kriegsmacht; der Kaiser und die Ligue thaten ein gleiches. Die Macht der leztern stand unter Maximilians Fahnen bey Donauwerth versammelt; die Macht der Unirten bei Ulm unter dem Markgrafen von Anspach. Der entscheidende Augenblick schien endlich herbey gekommen zu seyn, der diese lange Zwistigkeit durch einen Hauptstreich endigen, und das Verhältniß beyder Kirchen in Deutschland unwiderruflich bestimmen sollte. Aengstlich war auf beyden Seiten die Erwartung gespannt. Wie sehr aber erstaunte man, als auf einmal die Botschaft des Friedens kam, und beyde Armeen ohne Schwertschlag aus einander gingen! Frankreichs Dazwischenkunft hatte diesen Frieden bewirkt, welchen beyde Theile mit gleicher Bereitwilligkeit umfaßten. Das Französische Ministerium, durch keinen Heinrich den Großen mehr geleitet, dessen Staatsmaxime vielleicht auch auf die damalige Lage des Königreichs nicht mehr anzuwenden war, fürchtete jezt das Wachsthum des Oesterreichischen Haus viel weniger, als die Machtvergrößerung der Kalvinisten, wenn sich das Pfälzische Haus auf dem Böhmischen Throne behaupten sollte. Mit seinen eignen Kalvinisten eben damals in einen gefährlichen Streit verwickelt, hatte es keine dringendere hatte dem Kaiser gehuldigt, Bethlen Gabor einen Waffenstillstand mit ihm geschlossen. Dännemark wußte der Wiener Hof durch Gesandtschaften einzuschläfern, Schweden durch einen Krieg mit Polen zu beschäftigen. Die Republik Holland hatte Mühe, sich der Spanischen Waffen zu erwehren; Venedig und Savoyen blieben unthätig; König Jakob von England wurde von der Spanischen Arglist betrogen. Ein Freund nach dem andern zog sich zurück, eine Hoffnung nach der andern verschwand – So schnell hatte sich alles in wenigen Monaten verändert! Indessen versammelten die Häupter der Union eine Kriegsmacht; der Kaiser und die Ligue thaten ein gleiches. Die Macht der leztern stand unter Maximilians Fahnen bey Donauwerth versammelt; die Macht der Unirten bei Ulm unter dem Markgrafen von Anspach. Der entscheidende Augenblick schien endlich herbey gekommen zu seyn, der diese lange Zwistigkeit durch einen Hauptstreich endigen, und das Verhältniß beyder Kirchen in Deutschland unwiderruflich bestimmen sollte. Aengstlich war auf beyden Seiten die Erwartung gespannt. Wie sehr aber erstaunte man, als auf einmal die Botschaft des Friedens kam, und beyde Armeen ohne Schwertschlag aus einander gingen! Frankreichs Dazwischenkunft hatte diesen Frieden bewirkt, welchen beyde Theile mit gleicher Bereitwilligkeit umfaßten. Das Französische Ministerium, durch keinen Heinrich den Großen mehr geleitet, dessen Staatsmaxime vielleicht auch auf die damalige Lage des Königreichs nicht mehr anzuwenden war, fürchtete jezt das Wachsthum des Oesterreichischen Haus viel weniger, als die Machtvergrößerung der Kalvinisten, wenn sich das Pfälzische Haus auf dem Böhmischen Throne behaupten sollte. 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hatte dem Kaiser gehuldigt, Bethlen Gabor einen Waffenstillstand mit ihm geschlossen. Dännemark wußte der Wiener Hof durch Gesandtschaften einzuschläfern, Schweden durch einen Krieg mit Polen zu beschäftigen. Die Republik Holland hatte Mühe, sich der Spanischen Waffen zu erwehren; Venedig und Savoyen blieben unthätig; König Jakob von England wurde von der Spanischen Arglist betrogen. Ein Freund nach dem andern zog sich zurück, eine Hoffnung nach der andern verschwand – So schnell hatte sich alles in wenigen Monaten verändert!
Indessen versammelten die Häupter der Union eine Kriegsmacht; der Kaiser und die Ligue thaten ein gleiches. Die Macht der leztern stand unter Maximilians Fahnen bey Donauwerth versammelt; die Macht der Unirten bei Ulm unter dem Markgrafen von Anspach. Der entscheidende Augenblick schien endlich herbey gekommen zu seyn, der diese lange Zwistigkeit durch einen Hauptstreich endigen, und das Verhältniß beyder Kirchen in Deutschland unwiderruflich bestimmen sollte. Aengstlich war auf beyden Seiten die Erwartung gespannt. Wie sehr aber erstaunte man, als auf einmal die Botschaft des Friedens kam, und beyde Armeen ohne Schwertschlag aus einander gingen!
Frankreichs Dazwischenkunft hatte diesen Frieden bewirkt, welchen beyde Theile mit gleicher Bereitwilligkeit umfaßten. Das Französische Ministerium, durch keinen Heinrich den Großen mehr geleitet, dessen Staatsmaxime vielleicht auch auf die damalige Lage des Königreichs nicht mehr anzuwenden war, fürchtete jezt das Wachsthum des Oesterreichischen Haus viel weniger, als die Machtvergrößerung der Kalvinisten, wenn sich das Pfälzische Haus auf dem Böhmischen Throne behaupten sollte. Mit seinen eignen Kalvinisten eben damals in einen gefährlichen Streit verwickelt, hatte es keine dringendere
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