Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

sie selbst bey ihrer Befreyung fremdem Beystande schuldig wären, brannten diese Republikaner von Begierde, ihren Deutschen Brüdern zu einem ähnlichen Schicksal zu verhelfen, und dieß um so mehr, da beyde gegen den nehmlichen Feind stritten, und Deutschlands Freyheit der Freyheit Hollands zur besten Brustwehre diente. Aber eine Republik, die noch um ihr eigenes Daseyn kämpfte, die mit den bewundernswürdigsten Anstrengungen einem überlegenen Feinde in ihrem eigenen Gebiethe kaum gewachsen blieb, durfte ihre Kräfte der nothwendigen Selbstvertheidigung nicht entziehen, um sie mit großmüthiger Politik für fremde Staaten zu verschwenden.

Auch England, obgleich unterdessen durch Schottland vergrössert, hatte unter seinem schwachen Jakob in Europa das Gewicht nicht mehr, welches ihm der Herrschergeist seiner Elisabeth zu verschaffen gewußt hatte. Ueberzeugt, daß die Wohlfahrt ihrer Insel an der Sicherheit der Protestanten befestigt sey, hatte sich diese staatskluge Königin nie von dem Grundsaz entfernt, jede Unternehmung zu befördern, die auf Verringerung der Oesterreichischen Macht abzielte. Ihrem Nachfolger fehlte es sowohl an Geist, diesen Grundsaz zu fassen, als an Macht, ihn in Ausübung zu bringen. Wenn die sparsame Elisabeth ihre Schäze nicht schonte, um den Niederlanden gegen Spanien, Heinrich dem Vierten gegen die Wuth der Ligue beyzuspringen, so überließ Jakob - Tochter, Enkel und Eidam der Willkühr eines unversöhnlichen Siegers. Während daß dieser König seine Gelehrsamkeit erschöpfte, um den Ursprung der königlichen Majestät im Himmel aufzusuchen, ließ er die seinige auf Erden verfallen. Indem er seine Beredsamkeit anstrengte, um das unumschränkte Recht der Könige zu erweisen, erinnerte er die Englische Nation an das ihrige, und verscherzte durch eine unnütze Geldverschwendung sein wichtigstes Regal, das Parlament zu entbehren, und der Freyheit ihre Stimme

sie selbst bey ihrer Befreyung fremdem Beystande schuldig wären, brannten diese Republikaner von Begierde, ihren Deutschen Brüdern zu einem ähnlichen Schicksal zu verhelfen, und dieß um so mehr, da beyde gegen den nehmlichen Feind stritten, und Deutschlands Freyheit der Freyheit Hollands zur besten Brustwehre diente. Aber eine Republik, die noch um ihr eigenes Daseyn kämpfte, die mit den bewundernswürdigsten Anstrengungen einem überlegenen Feinde in ihrem eigenen Gebiethe kaum gewachsen blieb, durfte ihre Kräfte der nothwendigen Selbstvertheidigung nicht entziehen, um sie mit großmüthiger Politik für fremde Staaten zu verschwenden.

Auch England, obgleich unterdessen durch Schottland vergrössert, hatte unter seinem schwachen Jakob in Europa das Gewicht nicht mehr, welches ihm der Herrschergeist seiner Elisabeth zu verschaffen gewußt hatte. Ueberzeugt, daß die Wohlfahrt ihrer Insel an der Sicherheit der Protestanten befestigt sey, hatte sich diese staatskluge Königin nie von dem Grundsaz entfernt, jede Unternehmung zu befördern, die auf Verringerung der Oesterreichischen Macht abzielte. Ihrem Nachfolger fehlte es sowohl an Geist, diesen Grundsaz zu fassen, als an Macht, ihn in Ausübung zu bringen. Wenn die sparsame Elisabeth ihre Schäze nicht schonte, um den Niederlanden gegen Spanien, Heinrich dem Vierten gegen die Wuth der Ligue beyzuspringen, so überließ Jakob – Tochter, Enkel und Eidam der Willkühr eines unversöhnlichen Siegers. Während daß dieser König seine Gelehrsamkeit erschöpfte, um den Ursprung der königlichen Majestät im Himmel aufzusuchen, ließ er die seinige auf Erden verfallen. Indem er seine Beredsamkeit anstrengte, um das unumschränkte Recht der Könige zu erweisen, erinnerte er die Englische Nation an das ihrige, und verscherzte durch eine unnütze Geldverschwendung sein wichtigstes Regal, das Parlament zu entbehren, und der Freyheit ihre Stimme

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0122" n="114"/>
sie selbst bey ihrer Befreyung fremdem Beystande schuldig wären,           brannten diese Republikaner von Begierde, ihren Deutschen Brüdern zu einem ähnlichen           Schicksal zu verhelfen, und dieß um so mehr, da beyde gegen den nehmlichen Feind stritten,           und Deutschlands Freyheit der Freyheit Hollands zur besten Brustwehre diente. Aber eine           Republik, die noch um ihr eigenes Daseyn kämpfte, die mit den bewundernswürdigsten           Anstrengungen einem überlegenen Feinde in ihrem eigenen Gebiethe kaum gewachsen blieb,           durfte ihre Kräfte der nothwendigen Selbstvertheidigung nicht entziehen, um sie mit           großmüthiger Politik für fremde Staaten zu verschwenden.</p>
        <p>Auch England, obgleich unterdessen durch <placeName>Schottland</placeName> vergrössert, hatte unter seinem           schwachen Jakob in Europa das Gewicht nicht mehr, welches ihm der Herrschergeist seiner           Elisabeth zu verschaffen gewußt hatte. Ueberzeugt, daß die Wohlfahrt ihrer Insel an der           Sicherheit der Protestanten befestigt sey, hatte sich diese staatskluge Königin nie von           dem Grundsaz entfernt, jede Unternehmung zu befördern, die auf Verringerung der           Oesterreichischen Macht abzielte. Ihrem Nachfolger fehlte es sowohl an Geist, diesen           Grundsaz zu fassen, als an Macht, ihn in Ausübung zu bringen. Wenn die sparsame Elisabeth           ihre Schäze nicht schonte, um den Niederlanden gegen Spanien, Heinrich dem Vierten gegen           die Wuth der Ligue beyzuspringen, so überließ Jakob &#x2013; Tochter, Enkel und Eidam der           Willkühr eines unversöhnlichen Siegers. Während daß dieser König seine Gelehrsamkeit           erschöpfte, um den Ursprung der königlichen Majestät im Himmel aufzusuchen, ließ er die           seinige auf Erden verfallen. Indem er seine Beredsamkeit anstrengte, um das <hi rendition="#fr">unumschränkte</hi> Recht der Könige zu erweisen, erinnerte er die           Englische Nation an das <hi rendition="#fr">ihrige</hi>, und verscherzte durch eine           unnütze Geldverschwendung sein <hi rendition="#fr">wichtigstes Regal</hi>, das Parlament           zu entbehren, und der Freyheit ihre Stimme
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0122] sie selbst bey ihrer Befreyung fremdem Beystande schuldig wären, brannten diese Republikaner von Begierde, ihren Deutschen Brüdern zu einem ähnlichen Schicksal zu verhelfen, und dieß um so mehr, da beyde gegen den nehmlichen Feind stritten, und Deutschlands Freyheit der Freyheit Hollands zur besten Brustwehre diente. Aber eine Republik, die noch um ihr eigenes Daseyn kämpfte, die mit den bewundernswürdigsten Anstrengungen einem überlegenen Feinde in ihrem eigenen Gebiethe kaum gewachsen blieb, durfte ihre Kräfte der nothwendigen Selbstvertheidigung nicht entziehen, um sie mit großmüthiger Politik für fremde Staaten zu verschwenden. Auch England, obgleich unterdessen durch Schottland vergrössert, hatte unter seinem schwachen Jakob in Europa das Gewicht nicht mehr, welches ihm der Herrschergeist seiner Elisabeth zu verschaffen gewußt hatte. Ueberzeugt, daß die Wohlfahrt ihrer Insel an der Sicherheit der Protestanten befestigt sey, hatte sich diese staatskluge Königin nie von dem Grundsaz entfernt, jede Unternehmung zu befördern, die auf Verringerung der Oesterreichischen Macht abzielte. Ihrem Nachfolger fehlte es sowohl an Geist, diesen Grundsaz zu fassen, als an Macht, ihn in Ausübung zu bringen. Wenn die sparsame Elisabeth ihre Schäze nicht schonte, um den Niederlanden gegen Spanien, Heinrich dem Vierten gegen die Wuth der Ligue beyzuspringen, so überließ Jakob – Tochter, Enkel und Eidam der Willkühr eines unversöhnlichen Siegers. Während daß dieser König seine Gelehrsamkeit erschöpfte, um den Ursprung der königlichen Majestät im Himmel aufzusuchen, ließ er die seinige auf Erden verfallen. Indem er seine Beredsamkeit anstrengte, um das unumschränkte Recht der Könige zu erweisen, erinnerte er die Englische Nation an das ihrige, und verscherzte durch eine unnütze Geldverschwendung sein wichtigstes Regal, das Parlament zu entbehren, und der Freyheit ihre Stimme

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/122
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/122>, abgerufen am 21.11.2024.