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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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wehe, daß er mich mit so wenigem Widerstande hingegeben hat, aber ich will gehorchen." Die Abgeordneten entließ er fürstlich beschenkt, und den Kaiser ersuchte er in einem demüthigen Schreiben, ihn seiner Gunst nicht zu berauben, und bey den erworbenen Würden zu schüzen. Allgemein war das Murren der Armee, als die Absezung ihres Feldherrn bekannt wurde, und der beste Theil seiner Offiziere trat sogleich aus dem kaiserlichen Dienst. Viele folgten ihm auf seine Güter nach Böhmen und Mähren; andre fesselte er durch beträchtliche Pensionen, um sich ihrer bey Gelegenheit sogleich bedienen zu können.

Sein Plan war nichts weniger als Ruhe, da er in die Stille des Privatstandes zurück trat. Der Pomp eines Königs umgab ihn in dieser Einsamkeit, und schien dem Urtheilsspruch seiner Erniedrigung Hohn zu sprechen. Sechs Pforten führten zu dem Pallaste, den er in Prag bewohnte, und hundert Häuser mußten nieder gerissen werden, um dem Schloßhofe Raum zu machen. Aehnliche Palläste wurden auf seinen übrigen zahlreichen Gütern erbaut. Kavalliere aus den edelsten Häusern wetteiferten um die Ehre, ihn zu bedienen, und man sah kaiserliche Kammerherren den goldenen Schlüssel zurück geben, um bey Wallenstein eben dieses Amt zu bekleiden. Er hielt sechzig Pagen, die von den trefflichsten Meistern unterrichtet wurden; sein Vorzimmer wurde stets durch funfzig Trabanten bewacht. Seine gewöhnliche Tafel war nie unter hundert Gängen, sein Haushofmeister eine vornehme Standesperson. Reis'te er über Land, so wurde ihm Geräthe und Gefolge auf hundert sechs- und vierspännigen Wagen nachgefahren; in sechzig Karossen mit funfzig Handpferden folgte ihm sein Hof. Die Pracht der Livereyen, der Glanz der Equipage und der Schmuck der Zimmer war dem übrigen Aufwande gemäß. Sechs Barone und eben so viel Ritter mußten beständig seine Person umgeben um jeden Wink zu vollziehen - zwölf Patrouillen die Runde

wehe, daß er mich mit so wenigem Widerstande hingegeben hat, aber ich will gehorchen.“ Die Abgeordneten entließ er fürstlich beschenkt, und den Kaiser ersuchte er in einem demüthigen Schreiben, ihn seiner Gunst nicht zu berauben, und bey den erworbenen Würden zu schüzen. Allgemein war das Murren der Armee, als die Absezung ihres Feldherrn bekannt wurde, und der beste Theil seiner Offiziere trat sogleich aus dem kaiserlichen Dienst. Viele folgten ihm auf seine Güter nach Böhmen und Mähren; andre fesselte er durch beträchtliche Pensionen, um sich ihrer bey Gelegenheit sogleich bedienen zu können.

Sein Plan war nichts weniger als Ruhe, da er in die Stille des Privatstandes zurück trat. Der Pomp eines Königs umgab ihn in dieser Einsamkeit, und schien dem Urtheilsspruch seiner Erniedrigung Hohn zu sprechen. Sechs Pforten führten zu dem Pallaste, den er in Prag bewohnte, und hundert Häuser mußten nieder gerissen werden, um dem Schloßhofe Raum zu machen. Aehnliche Palläste wurden auf seinen übrigen zahlreichen Gütern erbaut. Kavalliere aus den edelsten Häusern wetteiferten um die Ehre, ihn zu bedienen, und man sah kaiserliche Kammerherren den goldenen Schlüssel zurück geben, um bey Wallenstein eben dieses Amt zu bekleiden. Er hielt sechzig Pagen, die von den trefflichsten Meistern unterrichtet wurden; sein Vorzimmer wurde stets durch funfzig Trabanten bewacht. Seine gewöhnliche Tafel war nie unter hundert Gängen, sein Haushofmeister eine vornehme Standesperson. Reis’te er über Land, so wurde ihm Geräthe und Gefolge auf hundert sechs- und vierspännigen Wagen nachgefahren; in sechzig Karossen mit funfzig Handpferden folgte ihm sein Hof. Die Pracht der Livereyen, der Glanz der Equipage und der Schmuck der Zimmer war dem übrigen Aufwande gemäß. Sechs Barone und eben so viel Ritter mußten beständig seine Person umgeben um jeden Wink zu vollziehen – zwölf Patrouillen die Runde

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[163/0171] wehe, daß er mich mit so wenigem Widerstande hingegeben hat, aber ich will gehorchen.“ Die Abgeordneten entließ er fürstlich beschenkt, und den Kaiser ersuchte er in einem demüthigen Schreiben, ihn seiner Gunst nicht zu berauben, und bey den erworbenen Würden zu schüzen. Allgemein war das Murren der Armee, als die Absezung ihres Feldherrn bekannt wurde, und der beste Theil seiner Offiziere trat sogleich aus dem kaiserlichen Dienst. Viele folgten ihm auf seine Güter nach Böhmen und Mähren; andre fesselte er durch beträchtliche Pensionen, um sich ihrer bey Gelegenheit sogleich bedienen zu können. Sein Plan war nichts weniger als Ruhe, da er in die Stille des Privatstandes zurück trat. Der Pomp eines Königs umgab ihn in dieser Einsamkeit, und schien dem Urtheilsspruch seiner Erniedrigung Hohn zu sprechen. Sechs Pforten führten zu dem Pallaste, den er in Prag bewohnte, und hundert Häuser mußten nieder gerissen werden, um dem Schloßhofe Raum zu machen. Aehnliche Palläste wurden auf seinen übrigen zahlreichen Gütern erbaut. Kavalliere aus den edelsten Häusern wetteiferten um die Ehre, ihn zu bedienen, und man sah kaiserliche Kammerherren den goldenen Schlüssel zurück geben, um bey Wallenstein eben dieses Amt zu bekleiden. Er hielt sechzig Pagen, die von den trefflichsten Meistern unterrichtet wurden; sein Vorzimmer wurde stets durch funfzig Trabanten bewacht. Seine gewöhnliche Tafel war nie unter hundert Gängen, sein Haushofmeister eine vornehme Standesperson. Reis’te er über Land, so wurde ihm Geräthe und Gefolge auf hundert sechs- und vierspännigen Wagen nachgefahren; in sechzig Karossen mit funfzig Handpferden folgte ihm sein Hof. Die Pracht der Livereyen, der Glanz der Equipage und der Schmuck der Zimmer war dem übrigen Aufwande gemäß. Sechs Barone und eben so viel Ritter mußten beständig seine Person umgeben um jeden Wink zu vollziehen – zwölf Patrouillen die Runde

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/171>, abgerufen am 23.11.2024.