Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Minister, auch dem König Sigismund über sein wahres Interesse und die betrügerische Politik des Kaisers die Augen zu öffnen. Ein Waffenstillstand wurde auf sechs Jahre zwischen beyden Königen geschlossen, durch welchen Gustav im Besiz aller seiner Eroberungen blieb, und die lang gewünschte Freyheit erhielt, seine Waffen gegen den Kaiser zu kehren. Der Französische Unterhändler both ihm zu dieser Unternehmung die Allianz seines Königs und beträchtliche Hülfsgelder an, welche nicht zu verachten waren. Aber Gustav Adolph fürchtete nicht ohne Grund, sich durch Annehmung derselben in eine Abhängigkeit von Frankreich zu sezen, die ihm vielleicht mitten im Laufe seiner Siege Fesseln anlegte, und durch das Bündniß mit einer katholischen Macht Mißtrauen bey den Protestanten zu erwecken.

So dringend und gerecht dieser Krieg war, so vielversprechend waren die Umstände, unter welchen Gustav Adolph ihn unternahm. Furchtbar zwar war der Name des Kaisers, unerschöpflich seine Hülfsquellen, unüberwindlich bisher seine Macht; jeden andern als Gustav würde ein so gefahrvolles Spiel zurück geschreckt haben. Gustav übersah alle Hindernisse und Gefahren, welche sich seinem Unternehmen entgegen stellten; aber er kannte auch die Mittel, wodurch er sie zu besiegen hoffte. Nicht beträchtlich, aber wohldisciplinirt war seine Kriegsmacht, durch ein strenges Klima und anhaltende Feldzüge abgehärtet, in dem Pohlnischen Kriege zum Sieg gebildet. Schweden, obgleich arm an Geld und an Menschen, und durch einen achtjährigen Krieg über Vermögen angestrengt, war seinem König mit einem Enthusiasmus ergeben, der ihn die bereitwilligste Unterstüzung von seinen Reichsständen hoffen ließ. In Deutschland war der Name des Kaisers wenigstens eben so sehr gehaßt als gefürchtet. Die protestantischen Fürsten schienen nur die Ankunft eines Befreyers zu erwarten, um das unleidliche Joch der Tyranney abzuwerfen, und sich

Minister, auch dem König Sigismund über sein wahres Interesse und die betrügerische Politik des Kaisers die Augen zu öffnen. Ein Waffenstillstand wurde auf sechs Jahre zwischen beyden Königen geschlossen, durch welchen Gustav im Besiz aller seiner Eroberungen blieb, und die lang gewünschte Freyheit erhielt, seine Waffen gegen den Kaiser zu kehren. Der Französische Unterhändler both ihm zu dieser Unternehmung die Allianz seines Königs und beträchtliche Hülfsgelder an, welche nicht zu verachten waren. Aber Gustav Adolph fürchtete nicht ohne Grund, sich durch Annehmung derselben in eine Abhängigkeit von Frankreich zu sezen, die ihm vielleicht mitten im Laufe seiner Siege Fesseln anlegte, und durch das Bündniß mit einer katholischen Macht Mißtrauen bey den Protestanten zu erwecken.

So dringend und gerecht dieser Krieg war, so vielversprechend waren die Umstände, unter welchen Gustav Adolph ihn unternahm. Furchtbar zwar war der Name des Kaisers, unerschöpflich seine Hülfsquellen, unüberwindlich bisher seine Macht; jeden andern als Gustav würde ein so gefahrvolles Spiel zurück geschreckt haben. Gustav übersah alle Hindernisse und Gefahren, welche sich seinem Unternehmen entgegen stellten; aber er kannte auch die Mittel, wodurch er sie zu besiegen hoffte. Nicht beträchtlich, aber wohldisciplinirt war seine Kriegsmacht, durch ein strenges Klima und anhaltende Feldzüge abgehärtet, in dem Pohlnischen Kriege zum Sieg gebildet. Schweden, obgleich arm an Geld und an Menschen, und durch einen achtjährigen Krieg über Vermögen angestrengt, war seinem König mit einem Enthusiasmus ergeben, der ihn die bereitwilligste Unterstüzung von seinen Reichsständen hoffen ließ. In Deutschland war der Name des Kaisers wenigstens eben so sehr gehaßt als gefürchtet. Die protestantischen Fürsten schienen nur die Ankunft eines Befreyers zu erwarten, um das unleidliche Joch der Tyranney abzuwerfen, und sich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0176" n="168"/>
Minister, auch dem König Sigismund über sein wahres Interesse und die betrügerische           Politik des Kaisers die Augen zu öffnen. Ein Waffenstillstand wurde auf sechs Jahre           zwischen beyden Königen geschlossen, durch welchen Gustav im Besiz aller seiner           Eroberungen blieb, und die lang gewünschte Freyheit erhielt, seine Waffen gegen den Kaiser           zu kehren. Der Französische Unterhändler both ihm zu dieser Unternehmung die Allianz           seines Königs und beträchtliche Hülfsgelder an, welche nicht zu verachten waren. Aber           <persName>Gustav Adolph</persName> fürchtete nicht ohne Grund, sich durch Annehmung derselben in eine           Abhängigkeit von Frankreich zu sezen, die ihm vielleicht mitten im Laufe seiner Siege           Fesseln anlegte, und durch das Bündniß mit einer katholischen Macht Mißtrauen bey den           Protestanten zu erwecken.</p>
        <p>So dringend und gerecht dieser Krieg war, so vielversprechend waren die Umstände, unter           welchen <persName>Gustav Adolph</persName> ihn unternahm. Furchtbar zwar war der Name des Kaisers,           unerschöpflich seine Hülfsquellen, unüberwindlich bisher seine Macht; jeden andern als           Gustav würde ein so gefahrvolles Spiel zurück geschreckt haben. Gustav übersah alle           Hindernisse und Gefahren, welche sich seinem Unternehmen entgegen stellten; aber er kannte           auch die Mittel, wodurch er sie zu besiegen hoffte. Nicht beträchtlich, aber           wohldisciplinirt war seine Kriegsmacht, durch ein strenges Klima und anhaltende Feldzüge           abgehärtet, in dem Pohlnischen Kriege zum Sieg gebildet. Schweden, obgleich arm an Geld           und an Menschen, und durch einen achtjährigen Krieg über Vermögen angestrengt, war seinem           König mit einem Enthusiasmus ergeben, der ihn die bereitwilligste Unterstüzung von seinen           Reichsständen hoffen ließ. In Deutschland war der Name des Kaisers wenigstens eben so sehr           gehaßt als gefürchtet. Die protestantischen Fürsten schienen nur die Ankunft eines           Befreyers zu erwarten, um das unleidliche Joch der Tyranney abzuwerfen, und sich
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168/0176] Minister, auch dem König Sigismund über sein wahres Interesse und die betrügerische Politik des Kaisers die Augen zu öffnen. Ein Waffenstillstand wurde auf sechs Jahre zwischen beyden Königen geschlossen, durch welchen Gustav im Besiz aller seiner Eroberungen blieb, und die lang gewünschte Freyheit erhielt, seine Waffen gegen den Kaiser zu kehren. Der Französische Unterhändler both ihm zu dieser Unternehmung die Allianz seines Königs und beträchtliche Hülfsgelder an, welche nicht zu verachten waren. Aber Gustav Adolph fürchtete nicht ohne Grund, sich durch Annehmung derselben in eine Abhängigkeit von Frankreich zu sezen, die ihm vielleicht mitten im Laufe seiner Siege Fesseln anlegte, und durch das Bündniß mit einer katholischen Macht Mißtrauen bey den Protestanten zu erwecken. So dringend und gerecht dieser Krieg war, so vielversprechend waren die Umstände, unter welchen Gustav Adolph ihn unternahm. Furchtbar zwar war der Name des Kaisers, unerschöpflich seine Hülfsquellen, unüberwindlich bisher seine Macht; jeden andern als Gustav würde ein so gefahrvolles Spiel zurück geschreckt haben. Gustav übersah alle Hindernisse und Gefahren, welche sich seinem Unternehmen entgegen stellten; aber er kannte auch die Mittel, wodurch er sie zu besiegen hoffte. Nicht beträchtlich, aber wohldisciplinirt war seine Kriegsmacht, durch ein strenges Klima und anhaltende Feldzüge abgehärtet, in dem Pohlnischen Kriege zum Sieg gebildet. Schweden, obgleich arm an Geld und an Menschen, und durch einen achtjährigen Krieg über Vermögen angestrengt, war seinem König mit einem Enthusiasmus ergeben, der ihn die bereitwilligste Unterstüzung von seinen Reichsständen hoffen ließ. In Deutschland war der Name des Kaisers wenigstens eben so sehr gehaßt als gefürchtet. Die protestantischen Fürsten schienen nur die Ankunft eines Befreyers zu erwarten, um das unleidliche Joch der Tyranney abzuwerfen, und sich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/176
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/176>, abgerufen am 23.11.2024.