Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

jedem Angriffe Troz both, so entsagte Tilly seinem ersten angreifenden Plan, und zog sich rückwärts nach der Elbe - um Magdeburg zu belagern.

Durch Wegnahme von Demmin stand es dem König frey, unaufgehalten ins Mecklenburgische zu dringen; aber ein wichtigeres Unternehmen zog seine Waffen nach einer andern Gegend. Tilly hatte kaum seinen Rückmarsch angetreten, als er sein Lager zu Schwedt plözlich aufhob, und mit seiner ganzen Macht gegen Frankfurt an der Oder anrückte. Diese Stadt war schlecht befestigt, aber durch eine acht tausend Mann starke Besazung vertheidigt, größtentheils Ueberrest jener wüthenden Banden, welche Pommern und Brandenburg gemißhandelt hatten. Der Angriff geschah mit Lebhaftigkeit, und schon am dritten Tage wurde die Stadt mit stürmender Hand erobert. Die Schweden, des Sieges gewiß, verwarfen, obgleich die Feinde zweymal Schamade schlugen, die Kapitulation, um das schreckliche Recht der Wiedervergeltung auszuüben. Tilly hatte nehmlich gleich nach seiner Ankunft in diesen Gegenden eine Schwedische Besazung, die sich verspätet hatte, in Neubrandenburg aufgehoben, und, durch ihren lebhaften Widerstand gereizt, bis auf den letzten Mann niederhauen lassen. Dieser Grausamkeit erinnerten sich jezt die Schweden, als Frankfurt erstiegen ward. Neubrandenburgisch Quartier! antwortete man jedem kaiserlichen Soldaten, der um sein Leben bath, und stieß ihn ohne Barmherzigkeit nieder. Einige tausend wurden erschlagen oder gefangen, viele ertranken in der Oder, der Ueberrest floh nach Schlesien, die ganze Artillerie gerieth in Schwedische Hände. Dem Ungestüm seiner Soldaten nachzugeben, mußte Gustav Adolph eine dreystündige Plünderung erlauben.

Indem dieser König von einem Siege zum

jedem Angriffe Troz both, so entsagte Tilly seinem ersten angreifenden Plan, und zog sich rückwärts nach der Elbe – um Magdeburg zu belagern.

Durch Wegnahme von Demmin stand es dem König frey, unaufgehalten ins Mecklenburgische zu dringen; aber ein wichtigeres Unternehmen zog seine Waffen nach einer andern Gegend. Tilly hatte kaum seinen Rückmarsch angetreten, als er sein Lager zu Schwedt plözlich aufhob, und mit seiner ganzen Macht gegen Frankfurt an der Oder anrückte. Diese Stadt war schlecht befestigt, aber durch eine acht tausend Mann starke Besazung vertheidigt, größtentheils Ueberrest jener wüthenden Banden, welche Pommern und Brandenburg gemißhandelt hatten. Der Angriff geschah mit Lebhaftigkeit, und schon am dritten Tage wurde die Stadt mit stürmender Hand erobert. Die Schweden, des Sieges gewiß, verwarfen, obgleich die Feinde zweymal Schamade schlugen, die Kapitulation, um das schreckliche Recht der Wiedervergeltung auszuüben. Tilly hatte nehmlich gleich nach seiner Ankunft in diesen Gegenden eine Schwedische Besazung, die sich verspätet hatte, in Neubrandenburg aufgehoben, und, durch ihren lebhaften Widerstand gereizt, bis auf den letzten Mann niederhauen lassen. Dieser Grausamkeit erinnerten sich jezt die Schweden, als Frankfurt erstiegen ward. Neubrandenburgisch Quartier! antwortete man jedem kaiserlichen Soldaten, der um sein Leben bath, und stieß ihn ohne Barmherzigkeit nieder. Einige tausend wurden erschlagen oder gefangen, viele ertranken in der Oder, der Ueberrest floh nach Schlesien, die ganze Artillerie gerieth in Schwedische Hände. Dem Ungestüm seiner Soldaten nachzugeben, mußte Gustav Adolph eine dreystündige Plünderung erlauben.

Indem dieser König von einem Siege zum

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0194" n="186"/>
jedem Angriffe Troz both, so           entsagte Tilly seinem ersten angreifenden Plan, und zog sich rückwärts nach der Elbe &#x2013; um           Magdeburg zu belagern.</p>
        <p>Durch Wegnahme von Demmin stand es dem König frey, unaufgehalten ins Mecklenburgische zu           dringen; aber ein wichtigeres Unternehmen zog seine Waffen nach einer andern Gegend. Tilly           hatte kaum seinen Rückmarsch angetreten, als er sein Lager zu Schwedt plözlich aufhob, und           mit seiner ganzen Macht gegen Frankfurt an der Oder anrückte. Diese Stadt war schlecht           befestigt, aber durch eine acht tausend Mann starke Besazung vertheidigt, größtentheils           Ueberrest jener wüthenden Banden, welche Pommern und Brandenburg gemißhandelt hatten. Der           Angriff geschah mit Lebhaftigkeit, und schon am dritten Tage wurde die Stadt mit           stürmender Hand erobert. Die Schweden, des Sieges gewiß, verwarfen, obgleich die Feinde           zweymal Schamade schlugen, die Kapitulation, um das schreckliche Recht der           Wiedervergeltung auszuüben. Tilly hatte nehmlich gleich nach seiner Ankunft in diesen           Gegenden eine Schwedische Besazung, die sich verspätet hatte, in Neubrandenburg           aufgehoben, und, durch ihren lebhaften Widerstand gereizt, bis auf den letzten Mann           niederhauen lassen. Dieser Grausamkeit erinnerten sich jezt die Schweden, als Frankfurt           erstiegen ward. <hi rendition="#fr">Neubrandenburgisch Quartier</hi>! antwortete man jedem           kaiserlichen Soldaten, der um sein Leben bath, und stieß ihn ohne Barmherzigkeit nieder.           Einige tausend wurden erschlagen oder gefangen, viele ertranken in der Oder, der Ueberrest           floh nach Schlesien, die ganze Artillerie gerieth in Schwedische Hände. Dem Ungestüm           seiner Soldaten nachzugeben, mußte <persName>Gustav Adolph</persName> eine dreystündige Plünderung           erlauben.</p>
        <p>Indem dieser König von einem Siege zum
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[186/0194] jedem Angriffe Troz both, so entsagte Tilly seinem ersten angreifenden Plan, und zog sich rückwärts nach der Elbe – um Magdeburg zu belagern. Durch Wegnahme von Demmin stand es dem König frey, unaufgehalten ins Mecklenburgische zu dringen; aber ein wichtigeres Unternehmen zog seine Waffen nach einer andern Gegend. Tilly hatte kaum seinen Rückmarsch angetreten, als er sein Lager zu Schwedt plözlich aufhob, und mit seiner ganzen Macht gegen Frankfurt an der Oder anrückte. Diese Stadt war schlecht befestigt, aber durch eine acht tausend Mann starke Besazung vertheidigt, größtentheils Ueberrest jener wüthenden Banden, welche Pommern und Brandenburg gemißhandelt hatten. Der Angriff geschah mit Lebhaftigkeit, und schon am dritten Tage wurde die Stadt mit stürmender Hand erobert. Die Schweden, des Sieges gewiß, verwarfen, obgleich die Feinde zweymal Schamade schlugen, die Kapitulation, um das schreckliche Recht der Wiedervergeltung auszuüben. Tilly hatte nehmlich gleich nach seiner Ankunft in diesen Gegenden eine Schwedische Besazung, die sich verspätet hatte, in Neubrandenburg aufgehoben, und, durch ihren lebhaften Widerstand gereizt, bis auf den letzten Mann niederhauen lassen. Dieser Grausamkeit erinnerten sich jezt die Schweden, als Frankfurt erstiegen ward. Neubrandenburgisch Quartier! antwortete man jedem kaiserlichen Soldaten, der um sein Leben bath, und stieß ihn ohne Barmherzigkeit nieder. Einige tausend wurden erschlagen oder gefangen, viele ertranken in der Oder, der Ueberrest floh nach Schlesien, die ganze Artillerie gerieth in Schwedische Hände. Dem Ungestüm seiner Soldaten nachzugeben, mußte Gustav Adolph eine dreystündige Plünderung erlauben. Indem dieser König von einem Siege zum

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/194
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/194>, abgerufen am 27.11.2024.