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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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so lange Zeit sicher wußte, und das Kriegsfeuer lodert schon nahe an den unvertheidigten Grenzen. Entwaffnet sind seine eifrigsten Bundsgenossen; Maximilian von Bayern, seine mächtigste Stüze, kaum noch fähig, sich selbst zu vertheidigen. Seine Armeen, durch Desertion und wiederholte Niederlagen geschmolzen, und durch ein langes Mißgeschick muthlos, haben unter geschlagenen Generalen jenes kriegrische Ungestüm verlernt, das, eine Frucht des Siegs, im voraus den Sieg versichert. Die Gefahr ist die höchste; nur ein außerordentliches Mittel kann die kaiserliche Macht aus ihrer tiefen Erniedrigung reißen. Das dringendste Bedürfniß ist ein Feldherr, und den einzigen, von dem die Wiederherstellung des vorigen Ruhms zu erwarten steht, hat die Kabale des Neides von der Spize der Armee hinweg gerissen. So tief sank der so furchtbare Kaiser herab, daß er mit seinem beleidigten Diener und Unterthan beschämende Verträge errichten, und dem hochmüthigen Friedland eine Gewalt, die er ihm schimpflich raubte, schimpflicher jezt aufdringen muß. Ein neuer Geist fängt jezt an, den halb erstorbenen Körper der Oesterreichischen Macht zu beseelen, und die schnelle Umwandlung der Dinge verräth die feste Hand, die sie leitet. Dem unumschränkten König von Schweden steht jezt ein gleich unumschränkter Feldherr gegenüber, ein siegreicher Held dem siegreichen Helden. Beyde Kräfte ringen wieder in zweifelhaftem Streit, und der Preis des Krieges, zur Hälfte schon von Gustav Adolph erfochten, wird einem neuen und schwerern Kampf unterworfen. Im Angesicht Nürnbergs lagern sich, zwey Gewitter tragende Wolken, beyde kämpfende Armeen drohend gegen einander, beyde sich mit fürchtender Achtung betrachtend, beyde nach dem Augenblick dürstend, beyde vor dem Augenblick zagend, der sie im Sturme mit einander vermengen wird. Aus allen Gegenden Deutschlands scheint sich die Kraft des Kriegs auf diesen Punkt der Entscheidung zusammen zu drängen, dieser Augenblick

so lange Zeit sicher wußte, und das Kriegsfeuer lodert schon nahe an den unvertheidigten Grenzen. Entwaffnet sind seine eifrigsten Bundsgenossen; Maximilian von Bayern, seine mächtigste Stüze, kaum noch fähig, sich selbst zu vertheidigen. Seine Armeen, durch Desertion und wiederholte Niederlagen geschmolzen, und durch ein langes Mißgeschick muthlos, haben unter geschlagenen Generalen jenes kriegrische Ungestüm verlernt, das, eine Frucht des Siegs, im voraus den Sieg versichert. Die Gefahr ist die höchste; nur ein außerordentliches Mittel kann die kaiserliche Macht aus ihrer tiefen Erniedrigung reißen. Das dringendste Bedürfniß ist ein Feldherr, und den einzigen, von dem die Wiederherstellung des vorigen Ruhms zu erwarten steht, hat die Kabale des Neides von der Spize der Armee hinweg gerissen. So tief sank der so furchtbare Kaiser herab, daß er mit seinem beleidigten Diener und Unterthan beschämende Verträge errichten, und dem hochmüthigen Friedland eine Gewalt, die er ihm schimpflich raubte, schimpflicher jezt aufdringen muß. Ein neuer Geist fängt jezt an, den halb erstorbenen Körper der Oesterreichischen Macht zu beseelen, und die schnelle Umwandlung der Dinge verräth die feste Hand, die sie leitet. Dem unumschränkten König von Schweden steht jezt ein gleich unumschränkter Feldherr gegenüber, ein siegreicher Held dem siegreichen Helden. Beyde Kräfte ringen wieder in zweifelhaftem Streit, und der Preis des Krieges, zur Hälfte schon von Gustav Adolph erfochten, wird einem neuen und schwerern Kampf unterworfen. Im Angesicht Nürnbergs lagern sich, zwey Gewitter tragende Wolken, beyde kämpfende Armeen drohend gegen einander, beyde sich mit fürchtender Achtung betrachtend, beyde nach dem Augenblick dürstend, beyde vor dem Augenblick zagend, der sie im Sturme mit einander vermengen wird. Aus allen Gegenden Deutschlands scheint sich die Kraft des Kriegs auf diesen Punkt der Entscheidung zusammen zu drängen, dieser Augenblick

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[235/0243] so lange Zeit sicher wußte, und das Kriegsfeuer lodert schon nahe an den unvertheidigten Grenzen. Entwaffnet sind seine eifrigsten Bundsgenossen; Maximilian von Bayern, seine mächtigste Stüze, kaum noch fähig, sich selbst zu vertheidigen. Seine Armeen, durch Desertion und wiederholte Niederlagen geschmolzen, und durch ein langes Mißgeschick muthlos, haben unter geschlagenen Generalen jenes kriegrische Ungestüm verlernt, das, eine Frucht des Siegs, im voraus den Sieg versichert. Die Gefahr ist die höchste; nur ein außerordentliches Mittel kann die kaiserliche Macht aus ihrer tiefen Erniedrigung reißen. Das dringendste Bedürfniß ist ein Feldherr, und den einzigen, von dem die Wiederherstellung des vorigen Ruhms zu erwarten steht, hat die Kabale des Neides von der Spize der Armee hinweg gerissen. So tief sank der so furchtbare Kaiser herab, daß er mit seinem beleidigten Diener und Unterthan beschämende Verträge errichten, und dem hochmüthigen Friedland eine Gewalt, die er ihm schimpflich raubte, schimpflicher jezt aufdringen muß. Ein neuer Geist fängt jezt an, den halb erstorbenen Körper der Oesterreichischen Macht zu beseelen, und die schnelle Umwandlung der Dinge verräth die feste Hand, die sie leitet. Dem unumschränkten König von Schweden steht jezt ein gleich unumschränkter Feldherr gegenüber, ein siegreicher Held dem siegreichen Helden. Beyde Kräfte ringen wieder in zweifelhaftem Streit, und der Preis des Krieges, zur Hälfte schon von Gustav Adolph erfochten, wird einem neuen und schwerern Kampf unterworfen. Im Angesicht Nürnbergs lagern sich, zwey Gewitter tragende Wolken, beyde kämpfende Armeen drohend gegen einander, beyde sich mit fürchtender Achtung betrachtend, beyde nach dem Augenblick dürstend, beyde vor dem Augenblick zagend, der sie im Sturme mit einander vermengen wird. Aus allen Gegenden Deutschlands scheint sich die Kraft des Kriegs auf diesen Punkt der Entscheidung zusammen zu drängen, dieser Augenblick

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/243>, abgerufen am 21.11.2024.