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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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war über seinen stolzen Gegner zu feiern. Nicht zufrieden, ihn, einem Flehenden gleich, zu seinen Füßen zu sehen, legte er ihm noch das harte Gesetz auf, seine Länder hülflos hinter sich zu lassen, aus weiter Entfernung seinen Beschützer einzuholen, und durch diese weite Entgegenkunft ein erniedrigendes Geständniß seiner Noth und Bedürftigkeit abzulegen. Auch dieser Demüthigung unterwarf sich der stolze Fürst mit Gelassenheit. Einen harten Kampf hatte es ihm gekostet, demjenigen seine Rettung zu verdanken, der, wenn es nach seinem Wunsche ging, nimmermehr diese Macht haben sollte; aber, Einmal entschlossen, war er auch Mann genug, jede Kränkung zu ertragen, die von seinem Entschluß unzertrennlich war, und Herr genug seiner selbst, um kleinere Leiden zu verachten, wenn es darauf ankam, einen großen Zweck zu verfolgen.

Aber so viel es schon gekostet hatte, diese Vereinigung nur möglich zu machen, so schwer ward es, sich über die Bedingungen zu vergleichen, unter welchen sie Statt finden und Bestand haben sollte. Einem Einzigen mußte die vereinigte Macht zu Gebote stehen, wenn der Zweck der Vereinigung erreicht werden sollte, und auf beyden Seiten war gleich wenig Neigung da, sich der höhern Autorität des andern zu unterwerfen. Wenn sich Maximilian auf seine Churfürstenwürde, auf den Glanz seines Geschlechts, auf sein Ansehen im Reiche stützte, so gründete Wallenstein nicht geringere Ansprüche auf seinen Kriegsruhm und auf die uneingeschränkte Macht, welche der Kaiser ihm übergeben hatte. So sehr es den Fürstenstolz des Erstern empörte, unter den Befehlen eines kaiserlichen Bedienten zu stehen, so sehr fand sich der Hochmuth des Herzogs durch den Gedanken geschmeichelt, einem so gebieterischen Geiste Gesetze vorzuschreiben. Es kam darüber zu einem hartnäckigen Streite, der sich aber durch eine wechselseitige Uebereinkunft zu Wallensteins Vortheil endigte. Diesem wurde das Oberkommando über beyde Armeen, besonders am Tage einer Schlacht, ohne Einschränkung

war über seinen stolzen Gegner zu feiern. Nicht zufrieden, ihn, einem Flehenden gleich, zu seinen Füßen zu sehen, legte er ihm noch das harte Gesetz auf, seine Länder hülflos hinter sich zu lassen, aus weiter Entfernung seinen Beschützer einzuholen, und durch diese weite Entgegenkunft ein erniedrigendes Geständniß seiner Noth und Bedürftigkeit abzulegen. Auch dieser Demüthigung unterwarf sich der stolze Fürst mit Gelassenheit. Einen harten Kampf hatte es ihm gekostet, demjenigen seine Rettung zu verdanken, der, wenn es nach seinem Wunsche ging, nimmermehr diese Macht haben sollte; aber, Einmal entschlossen, war er auch Mann genug, jede Kränkung zu ertragen, die von seinem Entschluß unzertrennlich war, und Herr genug seiner selbst, um kleinere Leiden zu verachten, wenn es darauf ankam, einen großen Zweck zu verfolgen.

Aber so viel es schon gekostet hatte, diese Vereinigung nur möglich zu machen, so schwer ward es, sich über die Bedingungen zu vergleichen, unter welchen sie Statt finden und Bestand haben sollte. Einem Einzigen mußte die vereinigte Macht zu Gebote stehen, wenn der Zweck der Vereinigung erreicht werden sollte, und auf beyden Seiten war gleich wenig Neigung da, sich der höhern Autorität des andern zu unterwerfen. Wenn sich Maximilian auf seine Churfürstenwürde, auf den Glanz seines Geschlechts, auf sein Ansehen im Reiche stützte, so gründete Wallenstein nicht geringere Ansprüche auf seinen Kriegsruhm und auf die uneingeschränkte Macht, welche der Kaiser ihm übergeben hatte. So sehr es den Fürstenstolz des Erstern empörte, unter den Befehlen eines kaiserlichen Bedienten zu stehen, so sehr fand sich der Hochmuth des Herzogs durch den Gedanken geschmeichelt, einem so gebieterischen Geiste Gesetze vorzuschreiben. Es kam darüber zu einem hartnäckigen Streite, der sich aber durch eine wechselseitige Uebereinkunft zu Wallensteins Vortheil endigte. Diesem wurde das Oberkommando über beyde Armeen, besonders am Tage einer Schlacht, ohne Einschränkung

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[311/0319] war über seinen stolzen Gegner zu feiern. Nicht zufrieden, ihn, einem Flehenden gleich, zu seinen Füßen zu sehen, legte er ihm noch das harte Gesetz auf, seine Länder hülflos hinter sich zu lassen, aus weiter Entfernung seinen Beschützer einzuholen, und durch diese weite Entgegenkunft ein erniedrigendes Geständniß seiner Noth und Bedürftigkeit abzulegen. Auch dieser Demüthigung unterwarf sich der stolze Fürst mit Gelassenheit. Einen harten Kampf hatte es ihm gekostet, demjenigen seine Rettung zu verdanken, der, wenn es nach seinem Wunsche ging, nimmermehr diese Macht haben sollte; aber, Einmal entschlossen, war er auch Mann genug, jede Kränkung zu ertragen, die von seinem Entschluß unzertrennlich war, und Herr genug seiner selbst, um kleinere Leiden zu verachten, wenn es darauf ankam, einen großen Zweck zu verfolgen. Aber so viel es schon gekostet hatte, diese Vereinigung nur möglich zu machen, so schwer ward es, sich über die Bedingungen zu vergleichen, unter welchen sie Statt finden und Bestand haben sollte. Einem Einzigen mußte die vereinigte Macht zu Gebote stehen, wenn der Zweck der Vereinigung erreicht werden sollte, und auf beyden Seiten war gleich wenig Neigung da, sich der höhern Autorität des andern zu unterwerfen. Wenn sich Maximilian auf seine Churfürstenwürde, auf den Glanz seines Geschlechts, auf sein Ansehen im Reiche stützte, so gründete Wallenstein nicht geringere Ansprüche auf seinen Kriegsruhm und auf die uneingeschränkte Macht, welche der Kaiser ihm übergeben hatte. So sehr es den Fürstenstolz des Erstern empörte, unter den Befehlen eines kaiserlichen Bedienten zu stehen, so sehr fand sich der Hochmuth des Herzogs durch den Gedanken geschmeichelt, einem so gebieterischen Geiste Gesetze vorzuschreiben. Es kam darüber zu einem hartnäckigen Streite, der sich aber durch eine wechselseitige Uebereinkunft zu Wallensteins Vortheil endigte. Diesem wurde das Oberkommando über beyde Armeen, besonders am Tage einer Schlacht, ohne Einschränkung

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/319>, abgerufen am 17.05.2024.