Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.aus einander gesprengt, und mit Hinterlassung von vierhundert Todten in das kaiserliche Lager zurückgetrieben. So viele Widerwärtigkeiten und eine so wenig erwartete Standhaftigkeit des Königs ließen den Herzog von Friedland bereuen, daß er die Gelegenheit zu einem Treffen ungenützt hatte vorbeystreichen lassen. Jetzt machte die Festigkeit des Schwedischen Lagers jeden Angriff unmöglich, und Nürnbergs bewaffnete Jugend diente dem Monarchen zu einer fruchtbaren Kriegerschule, woraus er jeden Verlust an Mannschaft auf das schnellste ersetzen konnte. Der Mangel an Lebensmitteln, der sich im kaiserlichen Lager nicht weniger als im Schwedischen einstellte, machte es zum mindesten sehr ungewiß, welcher von beyden Theilen den andern zuerst zum Aufbruche zwingen würde. Funfzehn Tage schon hatten beyde Armeen, durch gleich unersteigliche Verschanzungen gedeckt, einander im Gesichte gestanden, ohne etwas mehr als leichte Streifereyen und unbedeutende Scharmützel zu wagen. Auf beyden Seiten hatten ansteckende Krankheiten, natürliche Folgen der schlechten Nahrungsmittel und der eng zusammengepreßten Volksmenge, mehr als das Schwert des Feindes, die Mannschaft vermindert, und mit jedem Tage stieg diese Noth. Endlich erschien der längst erwartete Succurs im Schwedischen Lager, und die beträchtliche Machtverstärkung des Königs erlaubte ihm jetzt, seinem natürlichen Muth zu gehorchen, und die Fessel zu zerbrechen, die ihn bisher gebunden hielt. Seiner Aufforderung gemäß, hatte Herzog Wilhelm von Weimar aus den Besatzungen in Niedersachsen und Thüringen in aller Eilfertigkeit ein Corps aufgerichtet, welches bey Schweinfurt in Franken vier Sächsische Regimenter, und bald darauf bey Kitzingen die Truppen vom Rheinstrom an sich zog, die Landgraf Wilhelm von Hessenkassel und der Pfalzgraf von Birkenfeld dem König zu Hülfe schickten. Der Reichskanzler Oxenstierna übernahm es, diese aus einander gesprengt, und mit Hinterlassung von vierhundert Todten in das kaiserliche Lager zurückgetrieben. So viele Widerwärtigkeiten und eine so wenig erwartete Standhaftigkeit des Königs ließen den Herzog von Friedland bereuen, daß er die Gelegenheit zu einem Treffen ungenützt hatte vorbeystreichen lassen. Jetzt machte die Festigkeit des Schwedischen Lagers jeden Angriff unmöglich, und Nürnbergs bewaffnete Jugend diente dem Monarchen zu einer fruchtbaren Kriegerschule, woraus er jeden Verlust an Mannschaft auf das schnellste ersetzen konnte. Der Mangel an Lebensmitteln, der sich im kaiserlichen Lager nicht weniger als im Schwedischen einstellte, machte es zum mindesten sehr ungewiß, welcher von beyden Theilen den andern zuerst zum Aufbruche zwingen würde. Funfzehn Tage schon hatten beyde Armeen, durch gleich unersteigliche Verschanzungen gedeckt, einander im Gesichte gestanden, ohne etwas mehr als leichte Streifereyen und unbedeutende Scharmützel zu wagen. Auf beyden Seiten hatten ansteckende Krankheiten, natürliche Folgen der schlechten Nahrungsmittel und der eng zusammengepreßten Volksmenge, mehr als das Schwert des Feindes, die Mannschaft vermindert, und mit jedem Tage stieg diese Noth. Endlich erschien der längst erwartete Succurs im Schwedischen Lager, und die beträchtliche Machtverstärkung des Königs erlaubte ihm jetzt, seinem natürlichen Muth zu gehorchen, und die Fessel zu zerbrechen, die ihn bisher gebunden hielt. Seiner Aufforderung gemäß, hatte Herzog Wilhelm von Weimar aus den Besatzungen in Niedersachsen und Thüringen in aller Eilfertigkeit ein Corps aufgerichtet, welches bey Schweinfurt in Franken vier Sächsische Regimenter, und bald darauf bey Kitzingen die Truppen vom Rheinstrom an sich zog, die Landgraf Wilhelm von Hessenkassel und der Pfalzgraf von Birkenfeld dem König zu Hülfe schickten. Der Reichskanzler Oxenstierna übernahm es, diese <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0325" n="317"/> aus einander gesprengt, und mit Hinterlassung von vierhundert Todten in das kaiserliche Lager zurückgetrieben. So viele Widerwärtigkeiten und eine so wenig erwartete Standhaftigkeit des Königs ließen den Herzog von Friedland bereuen, daß er die Gelegenheit zu einem Treffen ungenützt hatte vorbeystreichen lassen. Jetzt machte die Festigkeit des Schwedischen Lagers jeden Angriff unmöglich, und Nürnbergs bewaffnete Jugend diente dem Monarchen zu einer fruchtbaren Kriegerschule, woraus er jeden Verlust an Mannschaft auf das schnellste ersetzen konnte. Der Mangel an Lebensmitteln, der sich im kaiserlichen Lager nicht weniger als im Schwedischen einstellte, machte es zum mindesten sehr ungewiß, welcher von beyden Theilen den andern zuerst zum Aufbruche zwingen würde.</p> <p>Funfzehn Tage schon hatten beyde Armeen, durch gleich unersteigliche Verschanzungen gedeckt, einander im Gesichte gestanden, ohne etwas mehr als leichte Streifereyen und unbedeutende Scharmützel zu wagen. Auf beyden Seiten hatten ansteckende Krankheiten, natürliche Folgen der schlechten Nahrungsmittel und der eng zusammengepreßten Volksmenge, mehr als das Schwert des Feindes, die Mannschaft vermindert, und mit jedem Tage stieg diese Noth. Endlich erschien der längst erwartete Succurs im Schwedischen Lager, und die beträchtliche Machtverstärkung des Königs erlaubte ihm jetzt, seinem natürlichen Muth zu gehorchen, und die Fessel zu zerbrechen, die ihn bisher gebunden hielt.</p> <p>Seiner Aufforderung gemäß, hatte Herzog Wilhelm von Weimar aus den Besatzungen in Niedersachsen und Thüringen in aller Eilfertigkeit ein Corps aufgerichtet, welches bey Schweinfurt in Franken vier Sächsische Regimenter, und bald darauf bey Kitzingen die Truppen vom Rheinstrom an sich zog, die Landgraf Wilhelm von Hessenkassel und der Pfalzgraf von Birkenfeld dem König zu Hülfe schickten. Der Reichskanzler Oxenstierna übernahm es, diese </p> </div> </body> </text> </TEI> [317/0325]
aus einander gesprengt, und mit Hinterlassung von vierhundert Todten in das kaiserliche Lager zurückgetrieben. So viele Widerwärtigkeiten und eine so wenig erwartete Standhaftigkeit des Königs ließen den Herzog von Friedland bereuen, daß er die Gelegenheit zu einem Treffen ungenützt hatte vorbeystreichen lassen. Jetzt machte die Festigkeit des Schwedischen Lagers jeden Angriff unmöglich, und Nürnbergs bewaffnete Jugend diente dem Monarchen zu einer fruchtbaren Kriegerschule, woraus er jeden Verlust an Mannschaft auf das schnellste ersetzen konnte. Der Mangel an Lebensmitteln, der sich im kaiserlichen Lager nicht weniger als im Schwedischen einstellte, machte es zum mindesten sehr ungewiß, welcher von beyden Theilen den andern zuerst zum Aufbruche zwingen würde.
Funfzehn Tage schon hatten beyde Armeen, durch gleich unersteigliche Verschanzungen gedeckt, einander im Gesichte gestanden, ohne etwas mehr als leichte Streifereyen und unbedeutende Scharmützel zu wagen. Auf beyden Seiten hatten ansteckende Krankheiten, natürliche Folgen der schlechten Nahrungsmittel und der eng zusammengepreßten Volksmenge, mehr als das Schwert des Feindes, die Mannschaft vermindert, und mit jedem Tage stieg diese Noth. Endlich erschien der längst erwartete Succurs im Schwedischen Lager, und die beträchtliche Machtverstärkung des Königs erlaubte ihm jetzt, seinem natürlichen Muth zu gehorchen, und die Fessel zu zerbrechen, die ihn bisher gebunden hielt.
Seiner Aufforderung gemäß, hatte Herzog Wilhelm von Weimar aus den Besatzungen in Niedersachsen und Thüringen in aller Eilfertigkeit ein Corps aufgerichtet, welches bey Schweinfurt in Franken vier Sächsische Regimenter, und bald darauf bey Kitzingen die Truppen vom Rheinstrom an sich zog, die Landgraf Wilhelm von Hessenkassel und der Pfalzgraf von Birkenfeld dem König zu Hülfe schickten. Der Reichskanzler Oxenstierna übernahm es, diese
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