Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.Lager, welche keine Ausschweifung duldete, beförderte eben darum die rechtmäßigen Ehen. Für die junge Generation, welche dieß Lager zum Vaterland hatte, waren ordentliche Feldschulen errichtet, und eine treffliche Zucht von Kriegern daraus gezogen, daß die Armeen bey einem langwierigen Kriege sich durch sich selbst rekrutiren konnten. Kein Wunder, wenn diese wandelnden Nationen jeden Landstrich aushungerten, auf dem sie verweilten, und die Bedürfnisse des Lebens durch diesen entbehrlichen Troß unverhältnißmäßig im Preise gesteigert wurden. Alle Mühlen um Nürnberg reichten nicht zu, das Korn zu mahlen, das jeder Tag verschlang, und funfzigtausend Pfund Brod, welche die Stadt täglich ins Lager lieferte, reitzten den Hunger bloß, ohne ihn zu befriedigen. Die wirklich bewundernswerthe Sorgfalt des Nürnberger Magistrats konnte nicht verhindern, daß nicht ein großer Theil der Pferde aus Mangel an Fütterung umfiel, und die zunehmende Wuth der Seuchen mit jedem Tage über hundert Menschen ins Grab streckte. Dieser Noth ein Ende zu machen, verließ endlich Gustav Adolph, voll Zuversicht auf seine überlegene Macht, am fünf und funfzigsten Tage seine Linien, zeigte sich in voller Bataille dem Feind, und ließ von drey Batterien, welche am Ufer der Rednitz errichtet waren, das Friedländische Lager beschießen. Aber unbeweglich stand der Herzog in seinen Verschanzungen, und begnügte sich, diese Ausforderung durch das Feuer der Musketen und Kanonen von ferne zu beantworten. Den König durch Unthätigkeit aufzureiben, und durch die Macht des Hungers seine Beharrlichkeit zu besiegen, war sein überlegter Entschluß, und keine Vorstellung Maximilians, keine Ungeduld der Armee, kein Spott des Feindes, konnte diesen Vorsatz erschüttern. In seiner Hoffnung getäuscht, und von der wachsenden Noth gedrungen, wagte sich Gustav Adolph nun an das Unmögliche, und der Entschluß wurde gefaßt, das durch Natur und Kunst gleich unbezwingliche Lager zu stürmen. Lager, welche keine Ausschweifung duldete, beförderte eben darum die rechtmäßigen Ehen. Für die junge Generation, welche dieß Lager zum Vaterland hatte, waren ordentliche Feldschulen errichtet, und eine treffliche Zucht von Kriegern daraus gezogen, daß die Armeen bey einem langwierigen Kriege sich durch sich selbst rekrutiren konnten. Kein Wunder, wenn diese wandelnden Nationen jeden Landstrich aushungerten, auf dem sie verweilten, und die Bedürfnisse des Lebens durch diesen entbehrlichen Troß unverhältnißmäßig im Preise gesteigert wurden. Alle Mühlen um Nürnberg reichten nicht zu, das Korn zu mahlen, das jeder Tag verschlang, und funfzigtausend Pfund Brod, welche die Stadt täglich ins Lager lieferte, reitzten den Hunger bloß, ohne ihn zu befriedigen. Die wirklich bewundernswerthe Sorgfalt des Nürnberger Magistrats konnte nicht verhindern, daß nicht ein großer Theil der Pferde aus Mangel an Fütterung umfiel, und die zunehmende Wuth der Seuchen mit jedem Tage über hundert Menschen ins Grab streckte. Dieser Noth ein Ende zu machen, verließ endlich Gustav Adolph, voll Zuversicht auf seine überlegene Macht, am fünf und funfzigsten Tage seine Linien, zeigte sich in voller Bataille dem Feind, und ließ von drey Batterien, welche am Ufer der Rednitz errichtet waren, das Friedländische Lager beschießen. Aber unbeweglich stand der Herzog in seinen Verschanzungen, und begnügte sich, diese Ausforderung durch das Feuer der Musketen und Kanonen von ferne zu beantworten. Den König durch Unthätigkeit aufzureiben, und durch die Macht des Hungers seine Beharrlichkeit zu besiegen, war sein überlegter Entschluß, und keine Vorstellung Maximilians, keine Ungeduld der Armee, kein Spott des Feindes, konnte diesen Vorsatz erschüttern. In seiner Hoffnung getäuscht, und von der wachsenden Noth gedrungen, wagte sich Gustav Adolph nun an das Unmögliche, und der Entschluß wurde gefaßt, das durch Natur und Kunst gleich unbezwingliche Lager zu stürmen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0327" n="319"/> Lager, welche keine Ausschweifung duldete, beförderte eben darum die rechtmäßigen Ehen. Für die junge Generation, welche dieß Lager zum Vaterland hatte, waren ordentliche Feldschulen errichtet, und eine treffliche Zucht von Kriegern daraus gezogen, daß die Armeen bey einem langwierigen Kriege sich durch sich selbst rekrutiren konnten. Kein Wunder, wenn diese wandelnden Nationen jeden Landstrich aushungerten, auf dem sie verweilten, und die Bedürfnisse des Lebens durch diesen entbehrlichen Troß unverhältnißmäßig im Preise gesteigert wurden. Alle Mühlen um Nürnberg reichten nicht zu, das Korn zu mahlen, das jeder Tag verschlang, und funfzigtausend Pfund Brod, welche die Stadt täglich ins Lager lieferte, reitzten den Hunger bloß, ohne ihn zu befriedigen. Die wirklich bewundernswerthe Sorgfalt des Nürnberger Magistrats konnte nicht verhindern, daß nicht ein großer Theil der Pferde aus Mangel an Fütterung umfiel, und die zunehmende Wuth der Seuchen mit jedem Tage über hundert Menschen ins Grab streckte.</p> <p>Dieser Noth ein Ende zu machen, verließ endlich <persName>Gustav Adolph</persName>, voll Zuversicht auf seine überlegene Macht, am fünf und funfzigsten Tage seine Linien, zeigte sich in voller Bataille dem Feind, und ließ von drey Batterien, welche am Ufer der Rednitz errichtet waren, das Friedländische Lager beschießen. Aber unbeweglich stand der Herzog in seinen Verschanzungen, und begnügte sich, diese Ausforderung durch das Feuer der Musketen und Kanonen von ferne zu beantworten. Den König durch Unthätigkeit aufzureiben, und durch die Macht des Hungers seine Beharrlichkeit zu besiegen, war sein überlegter Entschluß, und keine Vorstellung Maximilians, keine Ungeduld der Armee, kein Spott des Feindes, konnte diesen Vorsatz erschüttern. In seiner Hoffnung getäuscht, und von der wachsenden Noth gedrungen, wagte sich <persName>Gustav Adolph</persName> nun an das Unmögliche, und der Entschluß wurde gefaßt, das durch Natur und Kunst gleich unbezwingliche Lager zu <hi rendition="#g">stürmen</hi>.</p> </div> </body> </text> </TEI> [319/0327]
Lager, welche keine Ausschweifung duldete, beförderte eben darum die rechtmäßigen Ehen. Für die junge Generation, welche dieß Lager zum Vaterland hatte, waren ordentliche Feldschulen errichtet, und eine treffliche Zucht von Kriegern daraus gezogen, daß die Armeen bey einem langwierigen Kriege sich durch sich selbst rekrutiren konnten. Kein Wunder, wenn diese wandelnden Nationen jeden Landstrich aushungerten, auf dem sie verweilten, und die Bedürfnisse des Lebens durch diesen entbehrlichen Troß unverhältnißmäßig im Preise gesteigert wurden. Alle Mühlen um Nürnberg reichten nicht zu, das Korn zu mahlen, das jeder Tag verschlang, und funfzigtausend Pfund Brod, welche die Stadt täglich ins Lager lieferte, reitzten den Hunger bloß, ohne ihn zu befriedigen. Die wirklich bewundernswerthe Sorgfalt des Nürnberger Magistrats konnte nicht verhindern, daß nicht ein großer Theil der Pferde aus Mangel an Fütterung umfiel, und die zunehmende Wuth der Seuchen mit jedem Tage über hundert Menschen ins Grab streckte.
Dieser Noth ein Ende zu machen, verließ endlich Gustav Adolph, voll Zuversicht auf seine überlegene Macht, am fünf und funfzigsten Tage seine Linien, zeigte sich in voller Bataille dem Feind, und ließ von drey Batterien, welche am Ufer der Rednitz errichtet waren, das Friedländische Lager beschießen. Aber unbeweglich stand der Herzog in seinen Verschanzungen, und begnügte sich, diese Ausforderung durch das Feuer der Musketen und Kanonen von ferne zu beantworten. Den König durch Unthätigkeit aufzureiben, und durch die Macht des Hungers seine Beharrlichkeit zu besiegen, war sein überlegter Entschluß, und keine Vorstellung Maximilians, keine Ungeduld der Armee, kein Spott des Feindes, konnte diesen Vorsatz erschüttern. In seiner Hoffnung getäuscht, und von der wachsenden Noth gedrungen, wagte sich Gustav Adolph nun an das Unmögliche, und der Entschluß wurde gefaßt, das durch Natur und Kunst gleich unbezwingliche Lager zu stürmen.
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