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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Durch diese Allianzen gestärkt, gesichert von innen, von außen durch gute Grenzbesatzungen und Flotten vertheidigt, bleiben die Regenten keinen Augenblick unschlüssig, einen Krieg fortzuführen, bey welchem Schweden wenig Eigenes zu verlieren, und wenn das Glück seine Waffen krönte, irgend eine Deutsche Provinz, sey es als Kostenersatz oder als Eroberung zu gewinnen hatte. Sicher in seinen Wassern wagte es nicht viel mehr, wenn seine Armeen aus Deutschland herausgeschlagen wurden, als wenn sie sich freywillig daraus zurückzogen; und jenes war eben so rühmlich, als dieses entehrend war. Je mehr Herzhaftigkeit man zeigte, desto mehr Vertrauen flößte man den Bundsgenossen, desto mehr Achtung den Feinden ein, desto günstigere Bedingungen waren bey einem Frieden zu erwarten. Fände man sich auch zu schwach, die weit aussehenden Entwürfe Gustavs zu vollführen, so war man doch seinem erhabenen Muster schuldig, das Aeußerste zu thun, und keinem andern Hinderniß als der Nothwendigkeit zu weichen. Schade, daß die Triebfeder des Eigennutzes an diesem rühmlichen Entschlusse zu viel Antheil hat, um ihn ohne Einschränkung bewundern zu können! Denen, welche von den Drangsalen des Kriegs für sich selbst nichts zu leiden hatten, ja sich vielmehr dabey bereicherten, war es freylich ein Leichtes, für die Fortdauer desselben zu stimmen - denn endlich war es doch nur das Deutsche Reich, das den Krieg bezahlte, und die Provinzen, auf die man sich Rechnung machte, waren mit den wenigen Truppen, die man von jetzt an daran wendete, mit den Feldherren, die man an die Spitze der größtentheils Deutschen Armeen stellte, und mit der ehrenvollen Aufsicht über den Gang der Waffen und Unterhandlungen wohlfeil genug erworben.

Aber eben diese Aufsicht vertrug sich nicht mit der Entlegenheit der Schwedischen Regentschaft von dem Schauplatze des Kriegs, und mit der Langsamkeit, welche die kollegialische Geschäftsform

Durch diese Allianzen gestärkt, gesichert von innen, von außen durch gute Grenzbesatzungen und Flotten vertheidigt, bleiben die Regenten keinen Augenblick unschlüssig, einen Krieg fortzuführen, bey welchem Schweden wenig Eigenes zu verlieren, und wenn das Glück seine Waffen krönte, irgend eine Deutsche Provinz, sey es als Kostenersatz oder als Eroberung zu gewinnen hatte. Sicher in seinen Wassern wagte es nicht viel mehr, wenn seine Armeen aus Deutschland herausgeschlagen wurden, als wenn sie sich freywillig daraus zurückzogen; und jenes war eben so rühmlich, als dieses entehrend war. Je mehr Herzhaftigkeit man zeigte, desto mehr Vertrauen flößte man den Bundsgenossen, desto mehr Achtung den Feinden ein, desto günstigere Bedingungen waren bey einem Frieden zu erwarten. Fände man sich auch zu schwach, die weit aussehenden Entwürfe Gustavs zu vollführen, so war man doch seinem erhabenen Muster schuldig, das Aeußerste zu thun, und keinem andern Hinderniß als der Nothwendigkeit zu weichen. Schade, daß die Triebfeder des Eigennutzes an diesem rühmlichen Entschlusse zu viel Antheil hat, um ihn ohne Einschränkung bewundern zu können! Denen, welche von den Drangsalen des Kriegs für sich selbst nichts zu leiden hatten, ja sich vielmehr dabey bereicherten, war es freylich ein Leichtes, für die Fortdauer desselben zu stimmen – denn endlich war es doch nur das Deutsche Reich, das den Krieg bezahlte, und die Provinzen, auf die man sich Rechnung machte, waren mit den wenigen Truppen, die man von jetzt an daran wendete, mit den Feldherren, die man an die Spitze der größtentheils Deutschen Armeen stellte, und mit der ehrenvollen Aufsicht über den Gang der Waffen und Unterhandlungen wohlfeil genug erworben.

Aber eben diese Aufsicht vertrug sich nicht mit der Entlegenheit der Schwedischen Regentschaft von dem Schauplatze des Kriegs, und mit der Langsamkeit, welche die kollegialische Geschäftsform

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[358/0366] Durch diese Allianzen gestärkt, gesichert von innen, von außen durch gute Grenzbesatzungen und Flotten vertheidigt, bleiben die Regenten keinen Augenblick unschlüssig, einen Krieg fortzuführen, bey welchem Schweden wenig Eigenes zu verlieren, und wenn das Glück seine Waffen krönte, irgend eine Deutsche Provinz, sey es als Kostenersatz oder als Eroberung zu gewinnen hatte. Sicher in seinen Wassern wagte es nicht viel mehr, wenn seine Armeen aus Deutschland herausgeschlagen wurden, als wenn sie sich freywillig daraus zurückzogen; und jenes war eben so rühmlich, als dieses entehrend war. Je mehr Herzhaftigkeit man zeigte, desto mehr Vertrauen flößte man den Bundsgenossen, desto mehr Achtung den Feinden ein, desto günstigere Bedingungen waren bey einem Frieden zu erwarten. Fände man sich auch zu schwach, die weit aussehenden Entwürfe Gustavs zu vollführen, so war man doch seinem erhabenen Muster schuldig, das Aeußerste zu thun, und keinem andern Hinderniß als der Nothwendigkeit zu weichen. Schade, daß die Triebfeder des Eigennutzes an diesem rühmlichen Entschlusse zu viel Antheil hat, um ihn ohne Einschränkung bewundern zu können! Denen, welche von den Drangsalen des Kriegs für sich selbst nichts zu leiden hatten, ja sich vielmehr dabey bereicherten, war es freylich ein Leichtes, für die Fortdauer desselben zu stimmen – denn endlich war es doch nur das Deutsche Reich, das den Krieg bezahlte, und die Provinzen, auf die man sich Rechnung machte, waren mit den wenigen Truppen, die man von jetzt an daran wendete, mit den Feldherren, die man an die Spitze der größtentheils Deutschen Armeen stellte, und mit der ehrenvollen Aufsicht über den Gang der Waffen und Unterhandlungen wohlfeil genug erworben. Aber eben diese Aufsicht vertrug sich nicht mit der Entlegenheit der Schwedischen Regentschaft von dem Schauplatze des Kriegs, und mit der Langsamkeit, welche die kollegialische Geschäftsform

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/366>, abgerufen am 15.05.2024.