Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

bequemere Quartiere seine bedürftigen Truppen erwarteten. Aber nichts konnte den Französischen General bewegen, ihm bis dahin zu folgen. Guebriant fürchtete, daß die Absicht der Schweden sey, die Weimarische Armee immer weiter vom Rhein zu entfernen, und von aller Gemeinschaft mit Frankreich abzuschneiden, bis man sie entweder gänzlich auf seine Seite gebracht oder doch ausser Stand gesetzt habe, etwas Eignes zu unternehmen. Er trennte sich also von Bannern, um nach dem Mainstrom zurück zu kehren, und dieser sahe sich auf einmal der ganzen kaiserlichen Macht bloß gestellt, die, zwischen Regensburg und Ingolstadt in aller Stille versammelt, gegen ihn anrückte. Jetzt galt es, auf einen schnellen Rückzug zu denken, der im Angesicht eines an Reiterey überlegenen Heeres, zwischen Strömen und Wäldern, in einem weit und breit feindlichen Lande, kaum anders als durch ein Wunder möglich schien. Eilfertig zog er sich nach dem Wald, um durch Böhmen nach Sachsen zu entkommen; aber drey Regimenter mußte er bey Neuburg im Stiche lassen. Diese hielten durch eine Spartanische Gegenwehr hinter einer schlechten Mauer die feindliche Macht vier ganze Tage auf, daß Banner den Vorsprung gewinnen konnte. Er entkam über Eger nach Annaberg; Piccolomini setzte ihm auf einem nähern Weg über Schlakkenwald nach, und es kam bloß auf den Vortheil einer kleinen halben Stunde an, daß ihm der kaiserliche General nicht bey dem Passe zu Prisnitz zuvor kam, und die ganze Schwedische Macht vertilgte. Zu Zwickau vereinigte sich Guebriant wieder mit dem Bannerischen Heer, und beyde richteten ihren Marsch nach Halberstadt, nachdem sie umsonst versucht hatten, die Saale zu vertheidigen, und den Oesterreichern den Uebergang zu verwehren.

Zu Halberstadt fand endlich Banner (im May 1641) das Ziel seiner Thaten, durch kein andres

bequemere Quartiere seine bedürftigen Truppen erwarteten. Aber nichts konnte den Französischen General bewegen, ihm bis dahin zu folgen. Guebriant fürchtete, daß die Absicht der Schweden sey, die Weimarische Armee immer weiter vom Rhein zu entfernen, und von aller Gemeinschaft mit Frankreich abzuschneiden, bis man sie entweder gänzlich auf seine Seite gebracht oder doch ausser Stand gesetzt habe, etwas Eignes zu unternehmen. Er trennte sich also von Bannern, um nach dem Mainstrom zurück zu kehren, und dieser sahe sich auf einmal der ganzen kaiserlichen Macht bloß gestellt, die, zwischen Regensburg und Ingolstadt in aller Stille versammelt, gegen ihn anrückte. Jetzt galt es, auf einen schnellen Rückzug zu denken, der im Angesicht eines an Reiterey überlegenen Heeres, zwischen Strömen und Wäldern, in einem weit und breit feindlichen Lande, kaum anders als durch ein Wunder möglich schien. Eilfertig zog er sich nach dem Wald, um durch Böhmen nach Sachsen zu entkommen; aber drey Regimenter mußte er bey Neuburg im Stiche lassen. Diese hielten durch eine Spartanische Gegenwehr hinter einer schlechten Mauer die feindliche Macht vier ganze Tage auf, daß Banner den Vorsprung gewinnen konnte. Er entkam über Eger nach Annaberg; Piccolomini setzte ihm auf einem nähern Weg über Schlakkenwald nach, und es kam bloß auf den Vortheil einer kleinen halben Stunde an, daß ihm der kaiserliche General nicht bey dem Passe zu Prisnitz zuvor kam, und die ganze Schwedische Macht vertilgte. Zu Zwickau vereinigte sich Guebriant wieder mit dem Bannerischen Heer, und beyde richteten ihren Marsch nach Halberstadt, nachdem sie umsonst versucht hatten, die Saale zu vertheidigen, und den Oesterreichern den Uebergang zu verwehren.

Zu Halberstadt fand endlich Banner (im May 1641) das Ziel seiner Thaten, durch kein andres

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0464" n="456"/>
bequemere Quartiere seine bedürftigen Truppen           erwarteten. Aber nichts konnte den Französischen General bewegen, ihm bis dahin zu folgen.           Guebriant fürchtete, daß die Absicht der Schweden sey, die Weimarische Armee immer weiter           vom Rhein zu entfernen, und von aller Gemeinschaft mit Frankreich abzuschneiden, bis man           sie entweder gänzlich auf seine Seite gebracht oder doch ausser Stand gesetzt habe, etwas           Eignes zu unternehmen. Er trennte sich also von Bannern, um nach dem Mainstrom zurück zu           kehren, und dieser sahe sich auf einmal der ganzen kaiserlichen Macht bloß gestellt, die,           zwischen Regensburg und Ingolstadt in aller Stille versammelt, gegen ihn anrückte. Jetzt           galt es, auf einen schnellen Rückzug zu denken, der im Angesicht eines an Reiterey           überlegenen Heeres, zwischen Strömen und Wäldern, in einem weit und breit feindlichen           Lande, kaum anders als durch ein Wunder möglich schien. Eilfertig zog er sich nach dem <hi rendition="#g">Wald</hi>, um durch Böhmen nach Sachsen zu entkommen; aber drey           Regimenter mußte er bey Neuburg im Stiche lassen. Diese hielten durch eine Spartanische           Gegenwehr hinter einer schlechten Mauer die feindliche Macht vier ganze Tage auf, daß           Banner den Vorsprung gewinnen konnte. Er entkam über Eger nach Annaberg; Piccolomini           setzte ihm auf einem nähern Weg über Schlakkenwald nach, und es kam bloß auf den Vortheil           einer kleinen halben Stunde an, daß ihm der kaiserliche General nicht bey dem Passe zu           Prisnitz zuvor kam, und die ganze Schwedische Macht vertilgte. Zu Zwickau vereinigte sich           Guebriant wieder mit dem Bannerischen Heer, und beyde richteten ihren Marsch nach           Halberstadt, nachdem sie umsonst versucht hatten, die Saale zu vertheidigen, und den           Oesterreichern den Uebergang zu verwehren.</p>
        <p>Zu Halberstadt fand endlich Banner (im May 1641) das Ziel seiner Thaten, durch kein           andres
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[456/0464] bequemere Quartiere seine bedürftigen Truppen erwarteten. Aber nichts konnte den Französischen General bewegen, ihm bis dahin zu folgen. Guebriant fürchtete, daß die Absicht der Schweden sey, die Weimarische Armee immer weiter vom Rhein zu entfernen, und von aller Gemeinschaft mit Frankreich abzuschneiden, bis man sie entweder gänzlich auf seine Seite gebracht oder doch ausser Stand gesetzt habe, etwas Eignes zu unternehmen. Er trennte sich also von Bannern, um nach dem Mainstrom zurück zu kehren, und dieser sahe sich auf einmal der ganzen kaiserlichen Macht bloß gestellt, die, zwischen Regensburg und Ingolstadt in aller Stille versammelt, gegen ihn anrückte. Jetzt galt es, auf einen schnellen Rückzug zu denken, der im Angesicht eines an Reiterey überlegenen Heeres, zwischen Strömen und Wäldern, in einem weit und breit feindlichen Lande, kaum anders als durch ein Wunder möglich schien. Eilfertig zog er sich nach dem Wald, um durch Böhmen nach Sachsen zu entkommen; aber drey Regimenter mußte er bey Neuburg im Stiche lassen. Diese hielten durch eine Spartanische Gegenwehr hinter einer schlechten Mauer die feindliche Macht vier ganze Tage auf, daß Banner den Vorsprung gewinnen konnte. Er entkam über Eger nach Annaberg; Piccolomini setzte ihm auf einem nähern Weg über Schlakkenwald nach, und es kam bloß auf den Vortheil einer kleinen halben Stunde an, daß ihm der kaiserliche General nicht bey dem Passe zu Prisnitz zuvor kam, und die ganze Schwedische Macht vertilgte. Zu Zwickau vereinigte sich Guebriant wieder mit dem Bannerischen Heer, und beyde richteten ihren Marsch nach Halberstadt, nachdem sie umsonst versucht hatten, die Saale zu vertheidigen, und den Oesterreichern den Uebergang zu verwehren. Zu Halberstadt fand endlich Banner (im May 1641) das Ziel seiner Thaten, durch kein andres

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/464
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/464>, abgerufen am 04.05.2024.