Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801. Leicester. (schrickt zusammen und greift hastig darnach) Sprecht leise, Sir -- Was seh' ich! Ach! Es ist Ihr Bild! (küßt es und betrachtet es mit stummem Entzücken.) Mortimer. (der ihn während des Lesens scharf beobachtet) Milord, nun glaub ich euch! Leicester. (nachdem er den Brief schnell durchlaufen) Sir Mortimer! Ihr wißt des Briefes Innhalt? Mortimer. Nichts weiß ich. Leicester. Nun! Sie hat euch ohne Zweifel Vertraut -- Mortimer.
Sie hat mir nichts vertraut. Ihr würdet Dieß Räthsel mir erklären, sagte sie. Ein Räthsel ist es mir, daß Graf von Lester, Der Günstling der Elisabeth, Mariens Erklärter Feind und ihrer Richter einer, Der Mann seyn soll, von dem die Königin In ihrem Unglück Rettung hofft -- Und dennoch Muß dem so seyn, denn eure Augen sprechen Zu deutlich aus, was ihr für sie empfindet. 7
Leiceſter. (ſchrickt zuſammen und greift haſtig darnach) Sprecht leiſe, Sir — Was ſeh' ich! Ach! Es iſt Ihr Bild! (kuͤßt es und betrachtet es mit ſtummem Entzuͤcken.) Mortimer. (der ihn waͤhrend des Leſens ſcharf beobachtet) Milord, nun glaub ich euch! Leiceſter. (nachdem er den Brief ſchnell durchlaufen) Sir Mortimer! Ihr wißt des Briefes Innhalt? Mortimer. Nichts weiß ich. Leiceſter. Nun! Sie hat euch ohne Zweifel Vertraut — Mortimer.
Sie hat mir nichts vertraut. Ihr wuͤrdet Dieß Raͤthſel mir erklaͤren, ſagte ſie. Ein Raͤthſel iſt es mir, daß Graf von Leſter, Der Guͤnſtling der Eliſabeth, Mariens Erklaͤrter Feind und ihrer Richter einer, Der Mann ſeyn ſoll, von dem die Koͤnigin In ihrem Ungluͤck Rettung hofft — Und dennoch Muß dem ſo ſeyn, denn eure Augen ſprechen Zu deutlich aus, was ihr fuͤr ſie empfindet. 7
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0103" n="97"/> <sp who="#LEIGRA"> <speaker><hi rendition="#g">Leiceſter</hi>.</speaker><lb/> <stage>(ſchrickt zuſammen und greift haſtig darnach)</stage><lb/> <p>Sprecht leiſe, Sir — Was ſeh' ich! Ach! Es iſt<lb/> Ihr Bild!</p><lb/> <stage>(kuͤßt es und betrachtet es mit ſtummem Entzuͤcken.)</stage><lb/> </sp> <sp who="#MOR"> <speaker><hi rendition="#g">Mortimer</hi>.</speaker><lb/> <stage>(der ihn waͤhrend des Leſens ſcharf beobachtet)</stage><lb/> <p>Milord, nun glaub ich euch!</p><lb/> </sp> <sp who="#LEIGRA"> <speaker><hi rendition="#g">Leiceſter</hi>.</speaker><lb/> <stage>(nachdem er den Brief ſchnell durchlaufen)</stage><lb/> <p>Sir Mortimer! Ihr wißt des Briefes Innhalt?</p><lb/> </sp> <sp who="#MOR"> <speaker><hi rendition="#g">Mortimer</hi>.</speaker><lb/> <p>Nichts weiß ich.</p><lb/> </sp> <sp who="#LEIGRA"> <speaker><hi rendition="#g">Leiceſter</hi>.</speaker><lb/> <p>Nun! Sie hat euch ohne Zweifel<lb/> Vertraut —</p><lb/> </sp> <sp who="#MOR"> <speaker><hi rendition="#g">Mortimer</hi>.</speaker><lb/> <p>Sie hat mir nichts vertraut. <hi rendition="#g">Ihr</hi> wuͤrdet<lb/> Dieß Raͤthſel mir erklaͤren, ſagte ſie.<lb/> Ein Raͤthſel iſt es mir, daß Graf von Leſter,<lb/> Der Guͤnſtling der Eliſabeth, Mariens<lb/> Erklaͤrter Feind und ihrer Richter einer,<lb/> Der Mann ſeyn ſoll, von dem die Koͤnigin<lb/> In ihrem Ungluͤck Rettung hofft — Und dennoch<lb/> Muß dem ſo ſeyn, denn eure Augen ſprechen<lb/> Zu deutlich aus, was ihr fuͤr ſie empfindet.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">7</fw><lb/> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [97/0103]
Leiceſter.
(ſchrickt zuſammen und greift haſtig darnach)
Sprecht leiſe, Sir — Was ſeh' ich! Ach! Es iſt
Ihr Bild!
(kuͤßt es und betrachtet es mit ſtummem Entzuͤcken.)
Mortimer.
(der ihn waͤhrend des Leſens ſcharf beobachtet)
Milord, nun glaub ich euch!
Leiceſter.
(nachdem er den Brief ſchnell durchlaufen)
Sir Mortimer! Ihr wißt des Briefes Innhalt?
Mortimer.
Nichts weiß ich.
Leiceſter.
Nun! Sie hat euch ohne Zweifel
Vertraut —
Mortimer.
Sie hat mir nichts vertraut. Ihr wuͤrdet
Dieß Raͤthſel mir erklaͤren, ſagte ſie.
Ein Raͤthſel iſt es mir, daß Graf von Leſter,
Der Guͤnſtling der Eliſabeth, Mariens
Erklaͤrter Feind und ihrer Richter einer,
Der Mann ſeyn ſoll, von dem die Koͤnigin
In ihrem Ungluͤck Rettung hofft — Und dennoch
Muß dem ſo ſeyn, denn eure Augen ſprechen
Zu deutlich aus, was ihr fuͤr ſie empfindet.
7
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |