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Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801.

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Kann dir im Kerker den Altar bereiten,
Kann diesen Kelch, die irdische Erquickung,
Dir schnell in eine himmlische verwandeln.

(Er ergreift den Kelch, der auf dem Tische steht.)
Maria.
Melvil! Versteh ich euch? Ja! Ich versteh euch!
Hier ist kein Priester, keine Kirche, kein
Hochwürdiges -- Doch der Erlöser spricht:
Wo zwey versammelt sind in meinem Namen,
Da bin ich gegenwärtig unter ihnen.
Was weiht den Priester ein zum Mund des Herrn?
Das reine Herz, der unbefleckte Wandel.
-- So seid ihr mir, auch ungeweiht, ein Priester,
Ein Bote Gottes, der mir Frieden bringt.
-- Euch will ich meine letzte Beichte thun,
Und euer Mund soll mir das Heil verkünden.

Melvil.
Wenn dich das Herz so mächtig dazu treibt,
So wisse, Königin, daß dir zum Troste
Gott auch ein Wunder wohl verrichten kann.
Hier sey kein Priester, sagst du, keine Kirche,
Kein Leib des Herrn? -- Du irrest dich. Hier ist
Ein Priester, und ein Gott ist hier zugegen.
(Er entblößt bei diesen Worten das Haupt, zugleich zeigt er
ihr eine Hostie in einer goldenen Schale.)

Kann dir im Kerker den Altar bereiten,
Kann dieſen Kelch, die irdiſche Erquickung,
Dir ſchnell in eine himmliſche verwandeln.

(Er ergreift den Kelch, der auf dem Tiſche ſteht.)
Maria.
Melvil! Verſteh ich euch? Ja! Ich verſteh euch!
Hier iſt kein Prieſter, keine Kirche, kein
Hochwuͤrdiges — Doch der Erloͤſer ſpricht:
Wo zwey verſammelt ſind in meinem Namen,
Da bin ich gegenwaͤrtig unter ihnen.
Was weiht den Prieſter ein zum Mund des Herrn?
Das reine Herz, der unbefleckte Wandel.
— So ſeid ihr mir, auch ungeweiht, ein Prieſter,
Ein Bote Gottes, der mir Frieden bringt.
— Euch will ich meine letzte Beichte thun,
Und euer Mund ſoll mir das Heil verkuͤnden.

Melvil.
Wenn dich das Herz ſo maͤchtig dazu treibt,
So wiſſe, Koͤnigin, daß dir zum Troſte
Gott auch ein Wunder wohl verrichten kann.
Hier ſey kein Prieſter, ſagſt du, keine Kirche,
Kein Leib des Herrn? — Du irreſt dich. Hier iſt
Ein Prieſter, und ein Gott iſt hier zugegen.
(Er entbloͤßt bei dieſen Worten das Haupt, zugleich zeigt er
ihr eine Hoſtie in einer goldenen Schale.)

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[213/0219] Kann dir im Kerker den Altar bereiten, Kann dieſen Kelch, die irdiſche Erquickung, Dir ſchnell in eine himmliſche verwandeln. (Er ergreift den Kelch, der auf dem Tiſche ſteht.) Maria. Melvil! Verſteh ich euch? Ja! Ich verſteh euch! Hier iſt kein Prieſter, keine Kirche, kein Hochwuͤrdiges — Doch der Erloͤſer ſpricht: Wo zwey verſammelt ſind in meinem Namen, Da bin ich gegenwaͤrtig unter ihnen. Was weiht den Prieſter ein zum Mund des Herrn? Das reine Herz, der unbefleckte Wandel. — So ſeid ihr mir, auch ungeweiht, ein Prieſter, Ein Bote Gottes, der mir Frieden bringt. — Euch will ich meine letzte Beichte thun, Und euer Mund ſoll mir das Heil verkuͤnden. Melvil. Wenn dich das Herz ſo maͤchtig dazu treibt, So wiſſe, Koͤnigin, daß dir zum Troſte Gott auch ein Wunder wohl verrichten kann. Hier ſey kein Prieſter, ſagſt du, keine Kirche, Kein Leib des Herrn? — Du irreſt dich. Hier iſt Ein Prieſter, und ein Gott iſt hier zugegen. (Er entbloͤßt bei dieſen Worten das Haupt, zugleich zeigt er ihr eine Hoſtie in einer goldenen Schale.)

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Zitationshilfe: Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801/219>, abgerufen am 25.11.2024.