Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804. Rudenz (der die ganze Zeit über in der heftigsten Spannung ge- standen und mit Gewalt an sich gehalten, tritt hervor) Herr Landvogt, weiter werdet ihrs nicht treiben, Ihr werdet nicht -- Es war nur eine Prüfung -- Den Zweck habt ihr erreicht -- Zu weit getrieben Verfehlt die Strenge ihres weisen Zwecks, Und allzustraff gespannt zerspringt der Bogen. Geßler Ihr schweigt, bis man euch aufruft. Rudenz Ich will reden, Ich darfs, des Königs Ehre ist mir heilig, Doch solches Regiment muß Haß erwerben. Das ist des Königs Wille nicht -- Ich darfs Behaupten -- Solche Grausamkeit verdient Mein Volk nicht, dazu habt ihr keine Vollmacht. Geßler Ha, ihr erkühnt euch! Rudenz Ich hab' still geschwiegen Rudenz (der die ganze Zeit über in der heftigſten Spannung ge- ſtanden und mit Gewalt an ſich gehalten, tritt hervor) Herr Landvogt, weiter werdet ihrs nicht treiben, Ihr werdet nicht — Es war nur eine Pruͤfung — Den Zweck habt ihr erreicht — Zu weit getrieben Verfehlt die Strenge ihres weiſen Zwecks, Und allzuſtraff geſpannt zerſpringt der Bogen. Geßler Ihr ſchweigt, bis man euch aufruft. Rudenz Ich will reden, Ich darfs, des Koͤnigs Ehre iſt mir heilig, Doch ſolches Regiment muß Haß erwerben. Das iſt des Koͤnigs Wille nicht — Ich darfs Behaupten — Solche Grauſamkeit verdient Mein Volk nicht, dazu habt ihr keine Vollmacht. Geßler Ha, ihr erkuͤhnt euch! Rudenz Ich hab’ ſtill geſchwiegen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0157" n="143"/> <sp who="#RUD"> <speaker> <hi rendition="#g">Rudenz</hi> </speaker><lb/> <stage>(der die ganze Zeit über in der heftigſten Spannung ge-<lb/> ſtanden und mit Gewalt an ſich gehalten, tritt hervor)</stage><lb/> <p>Herr Landvogt, weiter werdet ihrs nicht treiben,<lb/> Ihr werdet <hi rendition="#g">nicht</hi> — Es war nur eine Pruͤfung —<lb/> Den Zweck habt ihr erreicht — Zu weit getrieben<lb/> Verfehlt die Strenge ihres weiſen Zwecks,<lb/> Und allzuſtraff geſpannt zerſpringt der Bogen.</p><lb/> </sp> <sp who="#GEAE"> <speaker> <hi rendition="#g">Geßler</hi> </speaker><lb/> <p>Ihr ſchweigt, bis man euch aufruft.</p><lb/> </sp> <sp who="#RUD"> <speaker> <hi rendition="#g">Rudenz</hi> </speaker><lb/> <p>Ich <hi rendition="#g">will</hi> reden,<lb/> Ich darfs, des Koͤnigs Ehre iſt mir heilig,<lb/> Doch ſolches Regiment muß Haß erwerben.<lb/> Das iſt des Koͤnigs Wille nicht — Ich darfs<lb/> Behaupten — Solche Grauſamkeit verdient<lb/> Mein Volk nicht, dazu habt ihr keine Vollmacht.</p><lb/> </sp> <sp who="#GEAE"> <speaker> <hi rendition="#g">Geßler</hi> </speaker><lb/> <p>Ha, ihr erkuͤhnt euch!</p><lb/> </sp> <sp who="#RUD"> <speaker> <hi rendition="#g">Rudenz</hi> </speaker><lb/> <p>Ich hab’ ſtill geſchwiegen<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [143/0157]
Rudenz
(der die ganze Zeit über in der heftigſten Spannung ge-
ſtanden und mit Gewalt an ſich gehalten, tritt hervor)
Herr Landvogt, weiter werdet ihrs nicht treiben,
Ihr werdet nicht — Es war nur eine Pruͤfung —
Den Zweck habt ihr erreicht — Zu weit getrieben
Verfehlt die Strenge ihres weiſen Zwecks,
Und allzuſtraff geſpannt zerſpringt der Bogen.
Geßler
Ihr ſchweigt, bis man euch aufruft.
Rudenz
Ich will reden,
Ich darfs, des Koͤnigs Ehre iſt mir heilig,
Doch ſolches Regiment muß Haß erwerben.
Das iſt des Koͤnigs Wille nicht — Ich darfs
Behaupten — Solche Grauſamkeit verdient
Mein Volk nicht, dazu habt ihr keine Vollmacht.
Geßler
Ha, ihr erkuͤhnt euch!
Rudenz
Ich hab’ ſtill geſchwiegen
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