Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804. Melchthal So hat er nur sein frühes Grab gegraben, Der unersättlich alles wollte haben! Stauffacher
Ein ungeheurer Schrecken ist im Land umher, Gesperrt sind alle Pässe des Gebirgs, Jedweder Stand verwahret seine Grenzen, Die alte Zürich selbst schloß ihre Thore, Die dreißig Jahr lang offen standen, zu, Die Mörder fürchtend und noch mehr -- die Rächer. Denn mit des Bannes Fluch bewaffnet kommt Der Ungarn Königinn, die strenge Agnes, Die nicht die Milde kennet ihres zarten Geschlechts, des Vaters königliches Blut Zu rächen an der Mörder ganzem Stamm, An ihren Knechten, Kindern, Kindeskindern, Ja an den Steinen ihrer Schlösser selbst. Geschworen hat sie, ganze Zeugungen Hinabzusenden in des Vaters Grab, In Blut sich wie in Mayenthau zu baden. Melchthal So hat er nur ſein fruͤhes Grab gegraben, Der unerſaͤttlich alles wollte haben! Stauffacher
Ein ungeheurer Schrecken iſt im Land umher, Geſperrt ſind alle Paͤſſe des Gebirgs, Jedweder Stand verwahret ſeine Grenzen, Die alte Zuͤrich ſelbſt ſchloß ihre Thore, Die dreißig Jahr lang offen ſtanden, zu, Die Moͤrder fuͤrchtend und noch mehr — die Raͤcher. Denn mit des Bannes Fluch bewaffnet kommt Der Ungarn Koͤniginn, die ſtrenge Agnes, Die nicht die Milde kennet ihres zarten Geſchlechts, des Vaters koͤnigliches Blut Zu raͤchen an der Moͤrder ganzem Stamm, An ihren Knechten, Kindern, Kindeskindern, Ja an den Steinen ihrer Schloͤſſer ſelbſt. Geſchworen hat ſie, ganze Zeugungen Hinabzuſenden in des Vaters Grab, In Blut ſich wie in Mayenthau zu baden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0232" n="218"/> <sp who="#MEL"> <speaker> <hi rendition="#g">Melchthal</hi> </speaker><lb/> <p>So hat er nur ſein fruͤhes Grab gegraben,<lb/> Der unerſaͤttlich alles wollte haben!</p><lb/> </sp> <sp who="#STA"> <speaker> <hi rendition="#g">Stauffacher</hi> </speaker><lb/> <p>Ein ungeheurer Schrecken iſt im Land umher,<lb/> Geſperrt ſind alle Paͤſſe des Gebirgs,<lb/> Jedweder Stand verwahret ſeine Grenzen,<lb/> Die alte Zuͤrich ſelbſt ſchloß ihre Thore,<lb/> Die dreißig Jahr lang offen ſtanden, zu,<lb/> Die Moͤrder fuͤrchtend und noch mehr — die Raͤcher.<lb/> Denn mit des Bannes Fluch bewaffnet kommt<lb/> Der Ungarn Koͤniginn, die ſtrenge Agnes,<lb/> Die nicht die Milde kennet ihres zarten<lb/> Geſchlechts, des Vaters koͤnigliches Blut<lb/> Zu raͤchen an der Moͤrder ganzem Stamm,<lb/> An ihren Knechten, Kindern, Kindeskindern,<lb/> Ja an den Steinen ihrer Schloͤſſer ſelbſt.<lb/> Geſchworen hat ſie, ganze Zeugungen<lb/> Hinabzuſenden in des Vaters Grab,<lb/> In Blut ſich wie in Mayenthau zu baden.</p><lb/> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [218/0232]
Melchthal
So hat er nur ſein fruͤhes Grab gegraben,
Der unerſaͤttlich alles wollte haben!
Stauffacher
Ein ungeheurer Schrecken iſt im Land umher,
Geſperrt ſind alle Paͤſſe des Gebirgs,
Jedweder Stand verwahret ſeine Grenzen,
Die alte Zuͤrich ſelbſt ſchloß ihre Thore,
Die dreißig Jahr lang offen ſtanden, zu,
Die Moͤrder fuͤrchtend und noch mehr — die Raͤcher.
Denn mit des Bannes Fluch bewaffnet kommt
Der Ungarn Koͤniginn, die ſtrenge Agnes,
Die nicht die Milde kennet ihres zarten
Geſchlechts, des Vaters koͤnigliches Blut
Zu raͤchen an der Moͤrder ganzem Stamm,
An ihren Knechten, Kindern, Kindeskindern,
Ja an den Steinen ihrer Schloͤſſer ſelbſt.
Geſchworen hat ſie, ganze Zeugungen
Hinabzuſenden in des Vaters Grab,
In Blut ſich wie in Mayenthau zu baden.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |