Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.vorzüglich werden. Wir haben so wenig ausgebildetes darin. Unter dem wenigen erinnert man sich mit Vergnügen und Bedauern der Bagatellen des für die Welt und sich selbst verlornen Anton Wall. Wie viel Grazie ist nicht besonders in seiner Antonie! Meisners Andenken, an dessen Stelle Lafontaine gleichsam trat, ruft nur noch dann und wann ein grauer Apollo zurück. Seine steife Eleganz hatte immer etwas todtes an sich. Er war so prüde und kostbar, als Lafontaine lebendig und ungezwungen, und es ist ihm nie wie diesem gelungen, der Liebenswürdige zu heißen. An Verstand übertraf ihn Meisner leicht, aber es war von der dürren Gattung, die den Geist nicht zu fesseln vermag. Lieblingsschriftsteller ist er dennoch gewesen. Mehr kann Lafontaine auch nicht werden; das ist wenig genug, aber immer zu viel für die im Ganzen so herabziehende Tendenz seiner Produkte, denen es an Poesie, an Geist, ja sogar an romantischem Schwunge fehlt. Wer also einiges Bedürfniß für alle diese Dinge hat, wird sich gern von jener materiellen Masse, jener breiten Natürlichkeit, zu luftigeren Bildungen der Fantasie wenden, die bald heitern Scherz hingaukeln, bald die Musik zarter Regungen anklingen lassen. Jhm wird alsdann eine ruhige Darstellung sehr erquickend entgegen kommen, die, wenn sie auch noch nicht bis zur Vollendung gediehen ist, doch in der milden Temperatur eines künstlerischen Sinnes geboren wurde. Die theils dramatisirten, theils erzählten Volksmährchen von Tieck unter dem Namen Peter vorzuͤglich werden. Wir haben so wenig ausgebildetes darin. Unter dem wenigen erinnert man sich mit Vergnuͤgen und Bedauern der Bagatellen des fuͤr die Welt und sich selbst verlornen Anton Wall. Wie viel Grazie ist nicht besonders in seiner Antonie! Meisners Andenken, an dessen Stelle Lafontaine gleichsam trat, ruft nur noch dann und wann ein grauer Apollo zuruͤck. Seine steife Eleganz hatte immer etwas todtes an sich. Er war so pruͤde und kostbar, als Lafontaine lebendig und ungezwungen, und es ist ihm nie wie diesem gelungen, der Liebenswuͤrdige zu heißen. An Verstand uͤbertraf ihn Meisner leicht, aber es war von der duͤrren Gattung, die den Geist nicht zu fesseln vermag. Lieblingsschriftsteller ist er dennoch gewesen. Mehr kann Lafontaine auch nicht werden; das ist wenig genug, aber immer zu viel fuͤr die im Ganzen so herabziehende Tendenz seiner Produkte, denen es an Poesie, an Geist, ja sogar an romantischem Schwunge fehlt. Wer also einiges Beduͤrfniß fuͤr alle diese Dinge hat, wird sich gern von jener materiellen Masse, jener breiten Natuͤrlichkeit, zu luftigeren Bildungen der Fantasie wenden, die bald heitern Scherz hingaukeln, bald die Musik zarter Regungen anklingen lassen. Jhm wird alsdann eine ruhige Darstellung sehr erquickend entgegen kommen, die, wenn sie auch noch nicht bis zur Vollendung gediehen ist, doch in der milden Temperatur eines kuͤnstlerischen Sinnes geboren wurde. Die theils dramatisirten, theils erzaͤhlten Volksmaͤhrchen von Tieck unter dem Namen Peter <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0178" n="167"/> vorzuͤglich werden. Wir haben so wenig ausgebildetes darin. Unter dem wenigen erinnert man sich mit Vergnuͤgen und Bedauern der Bagatellen des fuͤr die Welt und sich selbst verlornen Anton Wall. Wie viel Grazie ist nicht besonders in seiner Antonie! Meisners Andenken, an dessen Stelle Lafontaine gleichsam trat, ruft nur noch dann und wann ein grauer <hi rendition="#g">Apollo</hi> zuruͤck. Seine steife Eleganz hatte immer etwas todtes an sich. Er war so pruͤde und kostbar, als Lafontaine lebendig und ungezwungen, und es ist ihm nie wie diesem gelungen, der Liebenswuͤrdige zu heißen. An Verstand uͤbertraf ihn Meisner leicht, aber es war von der duͤrren Gattung, die den Geist nicht zu fesseln vermag. Lieblingsschriftsteller ist er dennoch gewesen. Mehr kann Lafontaine auch nicht werden; das ist wenig genug, aber immer zu viel fuͤr die im Ganzen so herabziehende Tendenz seiner Produkte, denen es an Poesie, an Geist, ja sogar an romantischem Schwunge fehlt.</p><lb/> <p>Wer also einiges Beduͤrfniß fuͤr alle diese Dinge hat, wird sich gern von jener materiellen Masse, jener breiten Natuͤrlichkeit, zu luftigeren Bildungen der Fantasie wenden, die bald heitern Scherz hingaukeln, bald die Musik zarter Regungen anklingen lassen. Jhm wird alsdann eine ruhige Darstellung sehr erquickend entgegen kommen, die, wenn sie auch noch nicht bis zur Vollendung gediehen ist, doch in der milden Temperatur eines kuͤnstlerischen Sinnes geboren wurde. Die theils dramatisirten, theils erzaͤhlten <hi rendition="#g">Volksmaͤhrchen</hi> von <hi rendition="#g">Tieck</hi> unter dem Namen <hi rendition="#g">Peter<lb/></hi></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [167/0178]
vorzuͤglich werden. Wir haben so wenig ausgebildetes darin. Unter dem wenigen erinnert man sich mit Vergnuͤgen und Bedauern der Bagatellen des fuͤr die Welt und sich selbst verlornen Anton Wall. Wie viel Grazie ist nicht besonders in seiner Antonie! Meisners Andenken, an dessen Stelle Lafontaine gleichsam trat, ruft nur noch dann und wann ein grauer Apollo zuruͤck. Seine steife Eleganz hatte immer etwas todtes an sich. Er war so pruͤde und kostbar, als Lafontaine lebendig und ungezwungen, und es ist ihm nie wie diesem gelungen, der Liebenswuͤrdige zu heißen. An Verstand uͤbertraf ihn Meisner leicht, aber es war von der duͤrren Gattung, die den Geist nicht zu fesseln vermag. Lieblingsschriftsteller ist er dennoch gewesen. Mehr kann Lafontaine auch nicht werden; das ist wenig genug, aber immer zu viel fuͤr die im Ganzen so herabziehende Tendenz seiner Produkte, denen es an Poesie, an Geist, ja sogar an romantischem Schwunge fehlt.
Wer also einiges Beduͤrfniß fuͤr alle diese Dinge hat, wird sich gern von jener materiellen Masse, jener breiten Natuͤrlichkeit, zu luftigeren Bildungen der Fantasie wenden, die bald heitern Scherz hingaukeln, bald die Musik zarter Regungen anklingen lassen. Jhm wird alsdann eine ruhige Darstellung sehr erquickend entgegen kommen, die, wenn sie auch noch nicht bis zur Vollendung gediehen ist, doch in der milden Temperatur eines kuͤnstlerischen Sinnes geboren wurde. Die theils dramatisirten, theils erzaͤhlten Volksmaͤhrchen von Tieck unter dem Namen Peter
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