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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

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muß daher unter den Heiligen einen sehr hohen Rang einnehmen: sie ist die Bajadere der christlichen Sage. Doch genug von ihr! Man verfällt so leicht in einen frivolen Ton, wenn man von diesen fair penitents spricht. Hier ist etwas für den Ernst und das Nachdenken.

"Hat es jemals ein Porträt auf die ewige Dauer gegeben, so ist es dieß eines Herzoges von Mailand, von Leonardo da Vinci. Ein alter und herrlicher Herzog. Er steht in seiner vollen Breite da, ohne Wendung und Künsteley. Das Bildniß geht bis unter die Hände. Der Grund ist ein dunkelgrüner Vorhang, die Kleidung schwarz mit Stickereyen in eben der Farbe, um den Hals und vorn herunter mit Pelz besetzt, auf der Weste und längs den Aermeln goldne Knöpfe. An einer goldnen Kette hängt unter der Brust ein Medaillon. Die Aermel weit, vom Ellbogen an aufgeschlitzt, wodurch das weiße Hemde bauschig zum Vorschein kömmt. Auf dem Kopf hat er ein schwarzes flaches Hütchen oder Barett, mit Edelsteinen geschmückt. Von den Haaren ist nichts zu sehn, außer wo sie sich am Ohr in den Bart verlieren. Dieser spielt in sonderbar regelmäßigen Streifen vom Hellbraunen fast Röthlichen ins Weiße. Ueber der Lippe ist er braun. Da durch den Hut ein wenig von der Stirn abgenommen wird, macht sich das Gesicht mit dem Bart wie ein länglichtes Viereck, das unbeweglich auf den stattlichen Schultern ruht. So unbeweglich muß man auch dieses Gesicht und das ganze Werk anschauen. Es ist die Frage, ob der

muß daher unter den Heiligen einen sehr hohen Rang einnehmen: sie ist die Bajadere der christlichen Sage. Doch genug von ihr! Man verfaͤllt so leicht in einen frivolen Ton, wenn man von diesen fair penitents spricht. Hier ist etwas fuͤr den Ernst und das Nachdenken.

“Hat es jemals ein Portraͤt auf die ewige Dauer gegeben, so ist es dieß eines Herzoges von Mailand, von Leonardo da Vinci. Ein alter und herrlicher Herzog. Er steht in seiner vollen Breite da, ohne Wendung und Kuͤnsteley. Das Bildniß geht bis unter die Haͤnde. Der Grund ist ein dunkelgruͤner Vorhang, die Kleidung schwarz mit Stickereyen in eben der Farbe, um den Hals und vorn herunter mit Pelz besetzt, auf der Weste und laͤngs den Aermeln goldne Knoͤpfe. An einer goldnen Kette haͤngt unter der Brust ein Medaillon. Die Aermel weit, vom Ellbogen an aufgeschlitzt, wodurch das weiße Hemde bauschig zum Vorschein koͤmmt. Auf dem Kopf hat er ein schwarzes flaches Huͤtchen oder Barett, mit Edelsteinen geschmuͤckt. Von den Haaren ist nichts zu sehn, außer wo sie sich am Ohr in den Bart verlieren. Dieser spielt in sonderbar regelmaͤßigen Streifen vom Hellbraunen fast Roͤthlichen ins Weiße. Ueber der Lippe ist er braun. Da durch den Hut ein wenig von der Stirn abgenommen wird, macht sich das Gesicht mit dem Bart wie ein laͤnglichtes Viereck, das unbeweglich auf den stattlichen Schultern ruht. So unbeweglich muß man auch dieses Gesicht und das ganze Werk anschauen. Es ist die Frage, ob der

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[97/0105] muß daher unter den Heiligen einen sehr hohen Rang einnehmen: sie ist die Bajadere der christlichen Sage. Doch genug von ihr! Man verfaͤllt so leicht in einen frivolen Ton, wenn man von diesen fair penitents spricht. Hier ist etwas fuͤr den Ernst und das Nachdenken. “Hat es jemals ein Portraͤt auf die ewige Dauer gegeben, so ist es dieß eines Herzoges von Mailand, von Leonardo da Vinci. Ein alter und herrlicher Herzog. Er steht in seiner vollen Breite da, ohne Wendung und Kuͤnsteley. Das Bildniß geht bis unter die Haͤnde. Der Grund ist ein dunkelgruͤner Vorhang, die Kleidung schwarz mit Stickereyen in eben der Farbe, um den Hals und vorn herunter mit Pelz besetzt, auf der Weste und laͤngs den Aermeln goldne Knoͤpfe. An einer goldnen Kette haͤngt unter der Brust ein Medaillon. Die Aermel weit, vom Ellbogen an aufgeschlitzt, wodurch das weiße Hemde bauschig zum Vorschein koͤmmt. Auf dem Kopf hat er ein schwarzes flaches Huͤtchen oder Barett, mit Edelsteinen geschmuͤckt. Von den Haaren ist nichts zu sehn, außer wo sie sich am Ohr in den Bart verlieren. Dieser spielt in sonderbar regelmaͤßigen Streifen vom Hellbraunen fast Roͤthlichen ins Weiße. Ueber der Lippe ist er braun. Da durch den Hut ein wenig von der Stirn abgenommen wird, macht sich das Gesicht mit dem Bart wie ein laͤnglichtes Viereck, das unbeweglich auf den stattlichen Schultern ruht. So unbeweglich muß man auch dieses Gesicht und das ganze Werk anschauen. Es ist die Frage, ob der

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/105>, abgerufen am 23.11.2024.