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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

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Jch brauche das Wort Religion ohne Scheu, weil ich kein anderes weiß und habe. Du wirst und Du kannst das Wort nicht mißverstehen, da Du die Sache selbst hast, und den äußern Tand, den man wohl auch so nennt, aber lieber anders nennen sollte, so gar nicht hast. Jedes Gefühl wird Dir nicht zur lauten Vergötterung, aber zur stillen Anbetung; darum erscheinst Du der Menge, wo Dein Gefühl einmal zufällig hervorbricht oder durchschimmert, seltsam, hart, oder thöricht. Und jene Gedanken der Liebe, die sich aus Funken vom Witze der Begeistrung im Schooße der ewigen Sehnsucht erzeugen, sind sie nicht lebendiger und wirklicher für Dich, als das gleichgültige Ding, was andre vorzugsweise Wirklichkeit nennen wollen, weil der Klumpen so breit und roh da liegt? Uebrigens sucht auch die Religion, nämlich die ursprüngliche innerliche, die Einsamkeit, wie die Liebe; auch sie verachtet allen Schmuck und Schimmer, und auch von ihr muß es heißen: Verliebten gnügt zu der geheimen Weihe das Licht der eignen Schönheit. Wie dürfte man Dir also die Religion bloß darum absprechen wollen, weil es Dir vielleicht an einer Antwort fehlen könnte, wenn man Dich fragte, ob Du an Gott glaubst, und weil die Untersuchung, ob es Einen Gott gebe, oder drey, oder so viel Du willst, für Dich nichts mehr als ein ziemlich uninteressantes Gedankenspiel seyn würde. Mir ist es freylich interessant genug, auch als bloßes Gedankenspiel, und wenn eben der dritte Mann fehlt, setze ich mich recht gern an den philosophischen L'hombretisch

Jch brauche das Wort Religion ohne Scheu, weil ich kein anderes weiß und habe. Du wirst und Du kannst das Wort nicht mißverstehen, da Du die Sache selbst hast, und den aͤußern Tand, den man wohl auch so nennt, aber lieber anders nennen sollte, so gar nicht hast. Jedes Gefuͤhl wird Dir nicht zur lauten Vergoͤtterung, aber zur stillen Anbetung; darum erscheinst Du der Menge, wo Dein Gefuͤhl einmal zufaͤllig hervorbricht oder durchschimmert, seltsam, hart, oder thoͤricht. Und jene Gedanken der Liebe, die sich aus Funken vom Witze der Begeistrung im Schooße der ewigen Sehnsucht erzeugen, sind sie nicht lebendiger und wirklicher fuͤr Dich, als das gleichguͤltige Ding, was andre vorzugsweise Wirklichkeit nennen wollen, weil der Klumpen so breit und roh da liegt? Uebrigens sucht auch die Religion, naͤmlich die urspruͤngliche innerliche, die Einsamkeit, wie die Liebe; auch sie verachtet allen Schmuck und Schimmer, und auch von ihr muß es heißen: Verliebten gnuͤgt zu der geheimen Weihe das Licht der eignen Schoͤnheit. Wie duͤrfte man Dir also die Religion bloß darum absprechen wollen, weil es Dir vielleicht an einer Antwort fehlen koͤnnte, wenn man Dich fragte, ob Du an Gott glaubst, und weil die Untersuchung, ob es Einen Gott gebe, oder drey, oder so viel Du willst, fuͤr Dich nichts mehr als ein ziemlich uninteressantes Gedankenspiel seyn wuͤrde. Mir ist es freylich interessant genug, auch als bloßes Gedankenspiel, und wenn eben der dritte Mann fehlt, setze ich mich recht gern an den philosophischen L'hombretisch

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[12/0020] Jch brauche das Wort Religion ohne Scheu, weil ich kein anderes weiß und habe. Du wirst und Du kannst das Wort nicht mißverstehen, da Du die Sache selbst hast, und den aͤußern Tand, den man wohl auch so nennt, aber lieber anders nennen sollte, so gar nicht hast. Jedes Gefuͤhl wird Dir nicht zur lauten Vergoͤtterung, aber zur stillen Anbetung; darum erscheinst Du der Menge, wo Dein Gefuͤhl einmal zufaͤllig hervorbricht oder durchschimmert, seltsam, hart, oder thoͤricht. Und jene Gedanken der Liebe, die sich aus Funken vom Witze der Begeistrung im Schooße der ewigen Sehnsucht erzeugen, sind sie nicht lebendiger und wirklicher fuͤr Dich, als das gleichguͤltige Ding, was andre vorzugsweise Wirklichkeit nennen wollen, weil der Klumpen so breit und roh da liegt? Uebrigens sucht auch die Religion, naͤmlich die urspruͤngliche innerliche, die Einsamkeit, wie die Liebe; auch sie verachtet allen Schmuck und Schimmer, und auch von ihr muß es heißen: Verliebten gnuͤgt zu der geheimen Weihe das Licht der eignen Schoͤnheit. Wie duͤrfte man Dir also die Religion bloß darum absprechen wollen, weil es Dir vielleicht an einer Antwort fehlen koͤnnte, wenn man Dich fragte, ob Du an Gott glaubst, und weil die Untersuchung, ob es Einen Gott gebe, oder drey, oder so viel Du willst, fuͤr Dich nichts mehr als ein ziemlich uninteressantes Gedankenspiel seyn wuͤrde. Mir ist es freylich interessant genug, auch als bloßes Gedankenspiel, und wenn eben der dritte Mann fehlt, setze ich mich recht gern an den philosophischen L'hombretisch

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/20>, abgerufen am 21.11.2024.