Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.ins Profil gekehrt sind. Schwerlich findet man auf irgend einer Vase eine Verkürzung, wie die hineinwärts jagenden Rosse des Achill, auf dem Blatt, wo er den Hektor schleift, oder eine so gerundete Gruppe wie die drey Töchter des Pandareus, die sich, von den Harpyien verfolgt, fest mit den Armen umschlingen. Wo es für den Gegenstand vortheilhaft war, hat Flaxman mahlerisch gruppirt und die Figuren auf verschiedne Plane gestellt; oft aber die dem Basrelief eigne Komposizion angewandt, daß mehrere Figuren auf demselben Plane hinter oder gegen einander stehen, jede ganz für sich gilt, und kein Hintergrund vertieft wird. Hierin ist auch Symmetrie aber von einer ganz andern Art als die beym Dante erwähnte: es ist die gebildete Simplizität eines Geschmacks, der sich nicht im unnütz schwierigen gefällt, sondern mit den leichtesten Mitteln grade zum Ziele geht. Hat die Handlung etwas gleichförmiges, so wird, wie mich dünkt, der Eindruck durch eine geordnete Wiederhohlung ruhiger und größer in die Seele gebracht. Man nehme z. B. das Blatt, wo Elektra mit drey Choephoren ein Trankopfer zum Grabe ihres Vaters trägt: alle gehen im Profil in gleicher Entfernung hinter einander, weinend, mit ähnlichen Gebehrden, nur Elektra tiefer gebeugt. Eben so ist die Szene komponirt, wo Eteokles und Polynices todt herbeygetragen werden: voran der Herold, dann die beyden Leichen, jede auf den Achseln von zwey Kriegern getragen, hierauf in kleinen Entfernungen Antigone und Jsmene, entgürtet, mit aufgelöstem Haar und die Hände ringend, endlich eine weibliche Person, die den Chor vorstellt. ins Profil gekehrt sind. Schwerlich findet man auf irgend einer Vase eine Verkuͤrzung, wie die hineinwaͤrts jagenden Rosse des Achill, auf dem Blatt, wo er den Hektor schleift, oder eine so gerundete Gruppe wie die drey Toͤchter des Pandareus, die sich, von den Harpyien verfolgt, fest mit den Armen umschlingen. Wo es fuͤr den Gegenstand vortheilhaft war, hat Flaxman mahlerisch gruppirt und die Figuren auf verschiedne Plane gestellt; oft aber die dem Basrelief eigne Komposizion angewandt, daß mehrere Figuren auf demselben Plane hinter oder gegen einander stehen, jede ganz fuͤr sich gilt, und kein Hintergrund vertieft wird. Hierin ist auch Symmetrie aber von einer ganz andern Art als die beym Dante erwaͤhnte: es ist die gebildete Simplizitaͤt eines Geschmacks, der sich nicht im unnuͤtz schwierigen gefaͤllt, sondern mit den leichtesten Mitteln grade zum Ziele geht. Hat die Handlung etwas gleichfoͤrmiges, so wird, wie mich duͤnkt, der Eindruck durch eine geordnete Wiederhohlung ruhiger und groͤßer in die Seele gebracht. Man nehme z. B. das Blatt, wo Elektra mit drey Choephoren ein Trankopfer zum Grabe ihres Vaters traͤgt: alle gehen im Profil in gleicher Entfernung hinter einander, weinend, mit aͤhnlichen Gebehrden, nur Elektra tiefer gebeugt. Eben so ist die Szene komponirt, wo Eteokles und Polynices todt herbeygetragen werden: voran der Herold, dann die beyden Leichen, jede auf den Achseln von zwey Kriegern getragen, hierauf in kleinen Entfernungen Antigone und Jsmene, entguͤrtet, mit aufgeloͤstem Haar und die Haͤnde ringend, endlich eine weibliche Person, die den Chor vorstellt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0245" n="235"/> ins Profil gekehrt sind. Schwerlich findet man auf irgend einer Vase eine Verkuͤrzung, wie die hineinwaͤrts jagenden Rosse des Achill, auf dem Blatt, wo er den Hektor schleift, oder eine so gerundete Gruppe wie die drey Toͤchter des Pandareus, die sich, von den Harpyien verfolgt, fest mit den Armen umschlingen. Wo es fuͤr den Gegenstand vortheilhaft war, hat Flaxman mahlerisch gruppirt und die Figuren auf verschiedne Plane gestellt; oft aber die dem Basrelief eigne Komposizion angewandt, daß mehrere Figuren auf demselben Plane hinter oder gegen einander stehen, jede ganz fuͤr sich gilt, und kein Hintergrund vertieft wird. Hierin ist auch Symmetrie aber von einer ganz andern Art als die beym Dante erwaͤhnte: es ist die gebildete Simplizitaͤt eines Geschmacks, der sich nicht im unnuͤtz schwierigen gefaͤllt, sondern mit den leichtesten Mitteln grade zum Ziele geht. Hat die Handlung etwas gleichfoͤrmiges, so wird, wie mich duͤnkt, der Eindruck durch eine geordnete Wiederhohlung ruhiger und groͤßer in die Seele gebracht. Man nehme z. B. das Blatt, wo Elektra mit drey Choephoren ein Trankopfer zum Grabe ihres Vaters traͤgt: alle gehen im Profil in gleicher Entfernung hinter einander, weinend, mit aͤhnlichen Gebehrden, nur Elektra tiefer gebeugt. Eben so ist die Szene komponirt, wo Eteokles und Polynices todt herbeygetragen werden: voran der Herold, dann die beyden Leichen, jede auf den Achseln von zwey Kriegern getragen, hierauf in kleinen Entfernungen Antigone und Jsmene, entguͤrtet, mit aufgeloͤstem Haar und die Haͤnde ringend, endlich eine weibliche Person, die den Chor vorstellt.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [235/0245]
ins Profil gekehrt sind. Schwerlich findet man auf irgend einer Vase eine Verkuͤrzung, wie die hineinwaͤrts jagenden Rosse des Achill, auf dem Blatt, wo er den Hektor schleift, oder eine so gerundete Gruppe wie die drey Toͤchter des Pandareus, die sich, von den Harpyien verfolgt, fest mit den Armen umschlingen. Wo es fuͤr den Gegenstand vortheilhaft war, hat Flaxman mahlerisch gruppirt und die Figuren auf verschiedne Plane gestellt; oft aber die dem Basrelief eigne Komposizion angewandt, daß mehrere Figuren auf demselben Plane hinter oder gegen einander stehen, jede ganz fuͤr sich gilt, und kein Hintergrund vertieft wird. Hierin ist auch Symmetrie aber von einer ganz andern Art als die beym Dante erwaͤhnte: es ist die gebildete Simplizitaͤt eines Geschmacks, der sich nicht im unnuͤtz schwierigen gefaͤllt, sondern mit den leichtesten Mitteln grade zum Ziele geht. Hat die Handlung etwas gleichfoͤrmiges, so wird, wie mich duͤnkt, der Eindruck durch eine geordnete Wiederhohlung ruhiger und groͤßer in die Seele gebracht. Man nehme z. B. das Blatt, wo Elektra mit drey Choephoren ein Trankopfer zum Grabe ihres Vaters traͤgt: alle gehen im Profil in gleicher Entfernung hinter einander, weinend, mit aͤhnlichen Gebehrden, nur Elektra tiefer gebeugt. Eben so ist die Szene komponirt, wo Eteokles und Polynices todt herbeygetragen werden: voran der Herold, dann die beyden Leichen, jede auf den Achseln von zwey Kriegern getragen, hierauf in kleinen Entfernungen Antigone und Jsmene, entguͤrtet, mit aufgeloͤstem Haar und die Haͤnde ringend, endlich eine weibliche Person, die den Chor vorstellt.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |