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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

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45.
Die Nereiden, mit zerstreuten Haaren,
Und Jno, weinend auf dem Arm den Sohn,
Tritonen, Glauken, und die andern Schaaren,
Sie wußten nicht, betäubt, wohin sie flohn.
Doch Roland kann nun seine Kräfte sparen,
Ermattet ist das grause Seethier schon,
Und eh es auf dem Sand noch angekommen,
Hat Qual und Noth das Leben ihm genommen.
46.
Vom Eiland hatten sich nicht wenig Leute
Hinzugedrängt, zu schaun die seltne Schlacht,
Von denen, weil verletzter Wahn sie reute,
Das heil'ge Werk für Frevel ward geacht't.
Sie sagten, daß es neues Unglück deute,
Daß Proteus Grimm, noch ärger angefacht,
Verbreiten auf dem Land die Meeresheerde,
Und ganz den alten Krieg erneuern werde.
47.
Und besser sey es, Gnade zu erflehen
Von dem erzürnten Gott, eh sie es büßen;
Das könne nur durch Rolands Tod geschehen,
Wenn sie zu Proteus Sühn' ins Meer ihn stießen.
So wie von Brand zu Brand die Flammen wehen,
Und bald sich über eine Fläch' ergießen:
So stürmt die Wuth aus Einer Brust in alle,
Daß Roland in die Flut als Opfer falle.
45.
Die Nereiden, mit zerstreuten Haaren,
Und Jno, weinend auf dem Arm den Sohn,
Tritonen, Glauken, und die andern Schaaren,
Sie wußten nicht, betaͤubt, wohin sie flohn.
Doch Roland kann nun seine Kraͤfte sparen,
Ermattet ist das grause Seethier schon,
Und eh es auf dem Sand noch angekommen,
Hat Qual und Noth das Leben ihm genommen.
46.
Vom Eiland hatten sich nicht wenig Leute
Hinzugedraͤngt, zu schaun die seltne Schlacht,
Von denen, weil verletzter Wahn sie reute,
Das heil'ge Werk fuͤr Frevel ward geacht't.
Sie sagten, daß es neues Ungluͤck deute,
Daß Proteus Grimm, noch aͤrger angefacht,
Verbreiten auf dem Land die Meeresheerde,
Und ganz den alten Krieg erneuern werde.
47.
Und besser sey es, Gnade zu erflehen
Von dem erzuͤrnten Gott, eh sie es buͤßen;
Das koͤnne nur durch Rolands Tod geschehen,
Wenn sie zu Proteus Suͤhn' ins Meer ihn stießen.
So wie von Brand zu Brand die Flammen wehen,
Und bald sich uͤber eine Flaͤch' ergießen:
So stuͤrmt die Wuth aus Einer Brust in alle,
Daß Roland in die Flut als Opfer falle.
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[264/0274] 45. Die Nereiden, mit zerstreuten Haaren, Und Jno, weinend auf dem Arm den Sohn, Tritonen, Glauken, und die andern Schaaren, Sie wußten nicht, betaͤubt, wohin sie flohn. Doch Roland kann nun seine Kraͤfte sparen, Ermattet ist das grause Seethier schon, Und eh es auf dem Sand noch angekommen, Hat Qual und Noth das Leben ihm genommen. 46. Vom Eiland hatten sich nicht wenig Leute Hinzugedraͤngt, zu schaun die seltne Schlacht, Von denen, weil verletzter Wahn sie reute, Das heil'ge Werk fuͤr Frevel ward geacht't. Sie sagten, daß es neues Ungluͤck deute, Daß Proteus Grimm, noch aͤrger angefacht, Verbreiten auf dem Land die Meeresheerde, Und ganz den alten Krieg erneuern werde. 47. Und besser sey es, Gnade zu erflehen Von dem erzuͤrnten Gott, eh sie es buͤßen; Das koͤnne nur durch Rolands Tod geschehen, Wenn sie zu Proteus Suͤhn' ins Meer ihn stießen. So wie von Brand zu Brand die Flammen wehen, Und bald sich uͤber eine Flaͤch' ergießen: So stuͤrmt die Wuth aus Einer Brust in alle, Daß Roland in die Flut als Opfer falle.

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/274>, abgerufen am 17.06.2024.