Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.in diese Rubrik zu gehören scheinen, und doch mehr Geist des Universums und also Philosophie enthalten, als viele Systeme. Die Behandlung, der Charakter, der Geist ist alles, und durch die Herrschaft des Jnnern über das Aeußere, durch Ausbildung des Verstandes und der Gedanken und durch stete Beziehung auf das Unendliche können alle Studien und selbst die gewöhnlichste Lektüre philosophisch werden. Komm' ich Dir nicht vor wie Johannes der Täufer, "welcher in die Welt gekommen war, nicht daß er wäre das Licht, sondern daß er redete vom Licht?" -- Jch raisonnire da in einem fort über die Philosophen, und wie ich diesen und jenen behandeln möchte, ohne selbst etwas zu leisten und zu machen, und rühme Dir vielleicht nur die andern, um selbst nichts thun zu dürfen. Mündlich, liebe Freundin! weiß ich wohl wie ich nicht bloß über die Philosophie, sondern Philosophie selbst mit Dir reden wollte. Jch würde den Anfang damit machen, Dich wo möglich an die ganze vollständige Menschheit zu erinnern, und Dein Gefühl derselben zum Gedanken zu erhöhen. Dann würde ich Dir zeigen, wie sich dieses unendliche Wesen und Werden in das theilt und das erzeugt, was wir Gott und Natur nennen. Du siehst, das würde auf eine Art von Theogonie und Kosmogonie hinauslaufen, und könnte also recht griechisch werden. Jch würde dabey zuerst fast gar keine Rücksicht auf Geschichte der Philosophie nehmen und auch vom Geiste der einzelnen Wissenschaften nur das Unentbehrliche in diese Rubrik zu gehoͤren scheinen, und doch mehr Geist des Universums und also Philosophie enthalten, als viele Systeme. Die Behandlung, der Charakter, der Geist ist alles, und durch die Herrschaft des Jnnern uͤber das Aeußere, durch Ausbildung des Verstandes und der Gedanken und durch stete Beziehung auf das Unendliche koͤnnen alle Studien und selbst die gewoͤhnlichste Lektuͤre philosophisch werden. Komm' ich Dir nicht vor wie Johannes der Taͤufer, “welcher in die Welt gekommen war, nicht daß er waͤre das Licht, sondern daß er redete vom Licht?” — Jch raisonnire da in einem fort uͤber die Philosophen, und wie ich diesen und jenen behandeln moͤchte, ohne selbst etwas zu leisten und zu machen, und ruͤhme Dir vielleicht nur die andern, um selbst nichts thun zu duͤrfen. Muͤndlich, liebe Freundin! weiß ich wohl wie ich nicht bloß uͤber die Philosophie, sondern Philosophie selbst mit Dir reden wollte. Jch wuͤrde den Anfang damit machen, Dich wo moͤglich an die ganze vollstaͤndige Menschheit zu erinnern, und Dein Gefuͤhl derselben zum Gedanken zu erhoͤhen. Dann wuͤrde ich Dir zeigen, wie sich dieses unendliche Wesen und Werden in das theilt und das erzeugt, was wir Gott und Natur nennen. Du siehst, das wuͤrde auf eine Art von Theogonie und Kosmogonie hinauslaufen, und koͤnnte also recht griechisch werden. Jch wuͤrde dabey zuerst fast gar keine Ruͤcksicht auf Geschichte der Philosophie nehmen und auch vom Geiste der einzelnen Wissenschaften nur das Unentbehrliche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0042" n="34"/> in diese Rubrik zu gehoͤren scheinen, und doch mehr Geist des Universums und also Philosophie enthalten, als viele Systeme. Die Behandlung, der Charakter, der Geist ist alles, und durch die Herrschaft des Jnnern uͤber das Aeußere, durch Ausbildung des Verstandes und der Gedanken und durch stete Beziehung auf das Unendliche koͤnnen alle Studien und selbst die gewoͤhnlichste Lektuͤre philosophisch werden.</p><lb/> <p>Komm' ich Dir nicht vor wie Johannes der Taͤufer, “welcher in die Welt gekommen war, nicht daß er waͤre das Licht, sondern daß er redete vom Licht?” — Jch raisonnire da in einem fort uͤber die Philosophen, und wie ich diesen und jenen behandeln moͤchte, ohne selbst etwas zu leisten und zu machen, und ruͤhme Dir vielleicht nur die andern, um selbst nichts thun zu duͤrfen.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Muͤndlich</hi>, liebe Freundin! weiß ich wohl wie ich nicht bloß uͤber die Philosophie, sondern Philosophie selbst mit Dir reden wollte. Jch wuͤrde den Anfang damit machen, Dich wo moͤglich an die ganze vollstaͤndige Menschheit zu erinnern, und Dein Gefuͤhl derselben zum Gedanken zu erhoͤhen. Dann wuͤrde ich Dir zeigen, wie sich dieses unendliche Wesen und Werden in das theilt und das erzeugt, was wir Gott und Natur nennen. Du siehst, das wuͤrde auf eine Art von Theogonie und Kosmogonie hinauslaufen, und koͤnnte also recht griechisch werden.</p><lb/> <p>Jch wuͤrde dabey zuerst fast gar keine Ruͤcksicht auf Geschichte der Philosophie nehmen und auch vom Geiste der einzelnen Wissenschaften nur das Unentbehrliche </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [34/0042]
in diese Rubrik zu gehoͤren scheinen, und doch mehr Geist des Universums und also Philosophie enthalten, als viele Systeme. Die Behandlung, der Charakter, der Geist ist alles, und durch die Herrschaft des Jnnern uͤber das Aeußere, durch Ausbildung des Verstandes und der Gedanken und durch stete Beziehung auf das Unendliche koͤnnen alle Studien und selbst die gewoͤhnlichste Lektuͤre philosophisch werden.
Komm' ich Dir nicht vor wie Johannes der Taͤufer, “welcher in die Welt gekommen war, nicht daß er waͤre das Licht, sondern daß er redete vom Licht?” — Jch raisonnire da in einem fort uͤber die Philosophen, und wie ich diesen und jenen behandeln moͤchte, ohne selbst etwas zu leisten und zu machen, und ruͤhme Dir vielleicht nur die andern, um selbst nichts thun zu duͤrfen.
Muͤndlich, liebe Freundin! weiß ich wohl wie ich nicht bloß uͤber die Philosophie, sondern Philosophie selbst mit Dir reden wollte. Jch wuͤrde den Anfang damit machen, Dich wo moͤglich an die ganze vollstaͤndige Menschheit zu erinnern, und Dein Gefuͤhl derselben zum Gedanken zu erhoͤhen. Dann wuͤrde ich Dir zeigen, wie sich dieses unendliche Wesen und Werden in das theilt und das erzeugt, was wir Gott und Natur nennen. Du siehst, das wuͤrde auf eine Art von Theogonie und Kosmogonie hinauslaufen, und koͤnnte also recht griechisch werden.
Jch wuͤrde dabey zuerst fast gar keine Ruͤcksicht auf Geschichte der Philosophie nehmen und auch vom Geiste der einzelnen Wissenschaften nur das Unentbehrliche
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