Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.nach dem Bessern trachten; wenn sie sich die universelle Tendenz, die progressiven Maximen dieses Künstlers zu eigen machen, die noch der mannigfaltigsten Anwendung fähig sind; wenn sie wie er das Sichre des Verstandes dem Schimmer des Geistreichen vorziehn: so wird jener Keim nicht verloren gehn, so wird Goethe nicht das Schicksal des Cervantes und des Shakspeare haben können; sondern der Stifter und das Haupt einer neuen Poesie seyn, für uns und die Nachwelt, was Dante auf andre Weise im Mittelalter. Andrea. Es freut mich, daß in dem mitgetheilten Versuch endlich das zur Sprache gekommen ist, was mir gerade die höchste aller Fragen über die Kunst der Poesie zu seyn scheint. Nämlich die von der Vereinigung des Antiken und des Modernen; unter welchen Bedingungen sie möglich, in wie fern sie rathsam sey. Laßt uns versuchen, diesem Problem auf den Grund zu kommen! Ludoviko. Jch würde gegen die Einschränkungen protestiren, und für die unbedingte Vereinigung stimmen. Der Geist der Poesie ist nur einer und überall derselbe. Lothario. Allerdings der Geist! Jch möchte hier die Eintheilung in Geist und Buchstaben anwenden. Was Sie in Jhrer Rede über die Mythologie dargestellt oder doch angedeutet haben, ist, wenn Sie nach dem Bessern trachten; wenn sie sich die universelle Tendenz, die progressiven Maximen dieses Kuͤnstlers zu eigen machen, die noch der mannigfaltigsten Anwendung faͤhig sind; wenn sie wie er das Sichre des Verstandes dem Schimmer des Geistreichen vorziehn: so wird jener Keim nicht verloren gehn, so wird Goethe nicht das Schicksal des Cervantes und des Shakspeare haben koͤnnen; sondern der Stifter und das Haupt einer neuen Poesie seyn, fuͤr uns und die Nachwelt, was Dante auf andre Weise im Mittelalter. Andrea. Es freut mich, daß in dem mitgetheilten Versuch endlich das zur Sprache gekommen ist, was mir gerade die hoͤchste aller Fragen uͤber die Kunst der Poesie zu seyn scheint. Naͤmlich die von der Vereinigung des Antiken und des Modernen; unter welchen Bedingungen sie moͤglich, in wie fern sie rathsam sey. Laßt uns versuchen, diesem Problem auf den Grund zu kommen! Ludoviko. Jch wuͤrde gegen die Einschraͤnkungen protestiren, und fuͤr die unbedingte Vereinigung stimmen. Der Geist der Poesie ist nur einer und uͤberall derselbe. Lothario. Allerdings der Geist! Jch moͤchte hier die Eintheilung in Geist und Buchstaben anwenden. Was Sie in Jhrer Rede uͤber die Mythologie dargestellt oder doch angedeutet haben, ist, wenn Sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0193" n="181"/> nach dem Bessern trachten; wenn sie sich die universelle Tendenz, die progressiven Maximen dieses Kuͤnstlers zu eigen machen, die noch der mannigfaltigsten Anwendung faͤhig sind; wenn sie wie er das Sichre des Verstandes dem Schimmer des Geistreichen vorziehn: so wird jener Keim nicht verloren gehn, so wird Goethe nicht das Schicksal des Cervantes und des Shakspeare haben koͤnnen; sondern der Stifter und das Haupt einer neuen Poesie seyn, fuͤr uns und die Nachwelt, was Dante auf andre Weise im Mittelalter.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p><hi rendition="#g">Andrea</hi>. Es freut mich, daß in dem mitgetheilten Versuch endlich das zur Sprache gekommen ist, was mir gerade die hoͤchste aller Fragen uͤber die Kunst der Poesie zu seyn scheint. Naͤmlich die von der Vereinigung des Antiken und des Modernen; unter welchen Bedingungen sie moͤglich, in wie fern sie rathsam sey. Laßt uns versuchen, diesem Problem auf den Grund zu kommen!</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Ludoviko</hi>. Jch wuͤrde gegen die Einschraͤnkungen protestiren, und fuͤr die unbedingte Vereinigung stimmen. Der Geist der Poesie ist nur einer und uͤberall derselbe.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Lothario</hi>. Allerdings der Geist! Jch moͤchte hier die Eintheilung in Geist und Buchstaben anwenden. Was Sie in Jhrer Rede uͤber die Mythologie dargestellt oder doch angedeutet haben, ist, wenn Sie </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [181/0193]
nach dem Bessern trachten; wenn sie sich die universelle Tendenz, die progressiven Maximen dieses Kuͤnstlers zu eigen machen, die noch der mannigfaltigsten Anwendung faͤhig sind; wenn sie wie er das Sichre des Verstandes dem Schimmer des Geistreichen vorziehn: so wird jener Keim nicht verloren gehn, so wird Goethe nicht das Schicksal des Cervantes und des Shakspeare haben koͤnnen; sondern der Stifter und das Haupt einer neuen Poesie seyn, fuͤr uns und die Nachwelt, was Dante auf andre Weise im Mittelalter.
Andrea. Es freut mich, daß in dem mitgetheilten Versuch endlich das zur Sprache gekommen ist, was mir gerade die hoͤchste aller Fragen uͤber die Kunst der Poesie zu seyn scheint. Naͤmlich die von der Vereinigung des Antiken und des Modernen; unter welchen Bedingungen sie moͤglich, in wie fern sie rathsam sey. Laßt uns versuchen, diesem Problem auf den Grund zu kommen!
Ludoviko. Jch wuͤrde gegen die Einschraͤnkungen protestiren, und fuͤr die unbedingte Vereinigung stimmen. Der Geist der Poesie ist nur einer und uͤberall derselbe.
Lothario. Allerdings der Geist! Jch moͤchte hier die Eintheilung in Geist und Buchstaben anwenden. Was Sie in Jhrer Rede uͤber die Mythologie dargestellt oder doch angedeutet haben, ist, wenn Sie
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