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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

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Noch weckst du, muntres Licht den Müden zur Arbeit -- flößest fröhliches Leben mir ein -- aber du lockst mich von der Erinnerung moosigem Denkmal nicht. Gern will ich die fleißigen Hände rühren, überall umschaun, wo du mich brauchst -- rühmen deines Glanzes volle Pracht -- unverdroßen verfolgen deines künstlichen Werks schönen Zusammenhang -- gern betrachten deiner gewaltigen, leuchtenden Uhr sinnvollen Gang -- ergründen der Kräfte Ebenmaß und die Regeln des Wunderspiels unzähliger Räume und ihrer Zeiten. Aber getreu der Nacht bleibt mein geheimes Herz, und der schaffenden Liebe, ihrer Tochter. Kannst du mir zeigen ein ewig treues Herz? hat deine Sonne freundliche Augen, die mich erkennen? fassen deine Sterne meine verlangende Hand? Geben mir wieder den zärtlichen Druck und das kosende Wort? Hast du mit Farben und leichtem Umriß Sie geziert -- oder war Sie es, die deinem Schmuck höhere, liebere Bedeutung gab? Welche Wollust, welchen Genuß bietet dein Leben, die aufwögen des Todes Entzückungen? Trägt nicht alles, was uns begeistert, die Farbe der Nacht? Sie trägt dich mütterlich und ihr verdankst du all deine Herrlichkeit. Du verflögst in dir selbst -- in endlosen Raum zergingst du, wenn sie dich nicht hielte, dich nicht bände, daß du warm würdest und flammend die Welt zeugtest. Warlich ich war, eh du warst -- die Mutter schickte mit meinen Geschwistern mich, zu bewohnen deine Welt, sie zu heiligen mit Liebe, daß sie ein ewig angeschautes Denkmal werde -- zu bepflanzen sie mit unverwelklichen Blumen. Noch

Noch weckst du, muntres Licht den Muͤden zur Arbeit — floͤßest froͤhliches Leben mir ein — aber du lockst mich von der Erinnerung moosigem Denkmal nicht. Gern will ich die fleißigen Haͤnde ruͤhren, uͤberall umschaun, wo du mich brauchst — ruͤhmen deines Glanzes volle Pracht — unverdroßen verfolgen deines kuͤnstlichen Werks schoͤnen Zusammenhang — gern betrachten deiner gewaltigen, leuchtenden Uhr sinnvollen Gang — ergruͤnden der Kraͤfte Ebenmaß und die Regeln des Wunderspiels unzaͤhliger Raͤume und ihrer Zeiten. Aber getreu der Nacht bleibt mein geheimes Herz, und der schaffenden Liebe, ihrer Tochter. Kannst du mir zeigen ein ewig treues Herz? hat deine Sonne freundliche Augen, die mich erkennen? fassen deine Sterne meine verlangende Hand? Geben mir wieder den zaͤrtlichen Druck und das kosende Wort? Hast du mit Farben und leichtem Umriß Sie geziert — oder war Sie es, die deinem Schmuck hoͤhere, liebere Bedeutung gab? Welche Wollust, welchen Genuß bietet dein Leben, die aufwoͤgen des Todes Entzuͤckungen? Traͤgt nicht alles, was uns begeistert, die Farbe der Nacht? Sie traͤgt dich muͤtterlich und ihr verdankst du all deine Herrlichkeit. Du verfloͤgst in dir selbst — in endlosen Raum zergingst du, wenn sie dich nicht hielte, dich nicht baͤnde, daß du warm wuͤrdest und flammend die Welt zeugtest. Warlich ich war, eh du warst — die Mutter schickte mit meinen Geschwistern mich, zu bewohnen deine Welt, sie zu heiligen mit Liebe, daß sie ein ewig angeschautes Denkmal werde — zu bepflanzen sie mit unverwelklichen Blumen. Noch

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[193/0205] Noch weckst du, muntres Licht den Muͤden zur Arbeit — floͤßest froͤhliches Leben mir ein — aber du lockst mich von der Erinnerung moosigem Denkmal nicht. Gern will ich die fleißigen Haͤnde ruͤhren, uͤberall umschaun, wo du mich brauchst — ruͤhmen deines Glanzes volle Pracht — unverdroßen verfolgen deines kuͤnstlichen Werks schoͤnen Zusammenhang — gern betrachten deiner gewaltigen, leuchtenden Uhr sinnvollen Gang — ergruͤnden der Kraͤfte Ebenmaß und die Regeln des Wunderspiels unzaͤhliger Raͤume und ihrer Zeiten. Aber getreu der Nacht bleibt mein geheimes Herz, und der schaffenden Liebe, ihrer Tochter. Kannst du mir zeigen ein ewig treues Herz? hat deine Sonne freundliche Augen, die mich erkennen? fassen deine Sterne meine verlangende Hand? Geben mir wieder den zaͤrtlichen Druck und das kosende Wort? Hast du mit Farben und leichtem Umriß Sie geziert — oder war Sie es, die deinem Schmuck hoͤhere, liebere Bedeutung gab? Welche Wollust, welchen Genuß bietet dein Leben, die aufwoͤgen des Todes Entzuͤckungen? Traͤgt nicht alles, was uns begeistert, die Farbe der Nacht? Sie traͤgt dich muͤtterlich und ihr verdankst du all deine Herrlichkeit. Du verfloͤgst in dir selbst — in endlosen Raum zergingst du, wenn sie dich nicht hielte, dich nicht baͤnde, daß du warm wuͤrdest und flammend die Welt zeugtest. Warlich ich war, eh du warst — die Mutter schickte mit meinen Geschwistern mich, zu bewohnen deine Welt, sie zu heiligen mit Liebe, daß sie ein ewig angeschautes Denkmal werde — zu bepflanzen sie mit unverwelklichen Blumen. Noch

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/205>, abgerufen am 21.11.2024.