Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.Von Friedrich Schlegel. 1. Die Reden über die Religion.
Es sieht der Musen Freund die offne Pforte Des großen Tempels sich auf Säulen heben, Und wo Pilaster ruhn und Kuppeln streben, Naht er getrost dem kunstgeweihten Orte. Drin tönt Musik dem Frager Zauberworte, Daß er geheiligt fühlt unendlich Leben, Und muß im schönen Kreise ewig schweben, Vergißt der Fragen leicht und armer Worte. Doch plötzlich scheints, als wollten Geister gerne Den schon Geweihten höhre Weihe zeigen, Getäuscht die Fremden lassen in der Blöße; Der Vorhang reißt und die Musik muß schweigen, Der Tempel auch verschwand und in der Ferne Zeigt sich die alte Sphinx in Riesengröße. Von Friedrich Schlegel. 1. Die Reden uͤber die Religion.
Es sieht der Musen Freund die offne Pforte Des großen Tempels sich auf Saͤulen heben, Und wo Pilaster ruhn und Kuppeln streben, Naht er getrost dem kunstgeweihten Orte. Drin toͤnt Musik dem Frager Zauberworte, Daß er geheiligt fuͤhlt unendlich Leben, Und muß im schoͤnen Kreise ewig schweben, Vergißt der Fragen leicht und armer Worte. Doch ploͤtzlich scheints, als wollten Geister gerne Den schon Geweihten hoͤhre Weihe zeigen, Getaͤuscht die Fremden lassen in der Bloͤße; Der Vorhang reißt und die Musik muß schweigen, Der Tempel auch verschwand und in der Ferne Zeigt sich die alte Sphinx in Riesengroͤße. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0246" n="234"/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Von Friedrich Schlegel</hi>.</hi> </head><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">1.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Die Reden uͤber die Religion</hi>.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg n="1"> <l>Es sieht der Musen Freund die offne Pforte</l><lb/> <l>Des großen Tempels sich auf Saͤulen heben,</l><lb/> <l>Und wo Pilaster ruhn und Kuppeln streben,</l><lb/> <l>Naht er getrost dem kunstgeweihten Orte.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Drin toͤnt Musik dem Frager Zauberworte,</l><lb/> <l>Daß er geheiligt fuͤhlt unendlich Leben,</l><lb/> <l>Und muß im schoͤnen Kreise ewig schweben,</l><lb/> <l>Vergißt der Fragen leicht und armer Worte.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Doch ploͤtzlich scheints, als wollten Geister gerne</l><lb/> <l>Den schon Geweihten hoͤhre Weihe zeigen,</l><lb/> <l>Getaͤuscht die Fremden lassen in der Bloͤße;</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Der Vorhang reißt und die Musik muß schweigen,</l><lb/> <l>Der Tempel auch verschwand und in der Ferne</l><lb/> <l>Zeigt sich die alte Sphinx in Riesengroͤße.</l> </lg> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [234/0246]
Von Friedrich Schlegel.
1.
Die Reden uͤber die Religion.
Es sieht der Musen Freund die offne Pforte
Des großen Tempels sich auf Saͤulen heben,
Und wo Pilaster ruhn und Kuppeln streben,
Naht er getrost dem kunstgeweihten Orte.
Drin toͤnt Musik dem Frager Zauberworte,
Daß er geheiligt fuͤhlt unendlich Leben,
Und muß im schoͤnen Kreise ewig schweben,
Vergißt der Fragen leicht und armer Worte.
Doch ploͤtzlich scheints, als wollten Geister gerne
Den schon Geweihten hoͤhre Weihe zeigen,
Getaͤuscht die Fremden lassen in der Bloͤße;
Der Vorhang reißt und die Musik muß schweigen,
Der Tempel auch verschwand und in der Ferne
Zeigt sich die alte Sphinx in Riesengroͤße.
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