Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.der Begeisterung und die Ausbildung der Kunst in göttlicher Harmonie. Das Ganze ruht auf dem festen Boden der alten Dichtung, eins und untheilbar durch das festliche Leben freyer Menschen und durch die heilige Kraft der alten Götter. Die melische Poesie schloß sich mit ihrer Musik aller schönen Gefühle zunächst an die jambische, in welcher der Drang der Leidenschaft, und die elegische, in welcher der Wechsel der Stimmung im Spiel des Lebens so lebendig erscheinen, daß sie für den Haß und die Liebe gelten können, durch welche das ruhige Chaos der homerischen Dichtung bewegt ward zu neuen Bildungen und Gestaltungen. Die chorischen Gesänge hingegen neigten sich mehr zum heroischen Geist des Epos, und trennten sich eben so einfach nach dem Uebergewicht von gesetzlichem Ernst oder heiliger Freyheit in der Verfassung und Stimmung des Volks. Was Eros der Sappho eingab, athmete Musik; und wie die Würde des Pindaros gemildert wird durch den fröhlichen Reiz gymnastischer Spiele, so ahmten die Dithyramben in ihrer Ausgelassenheit auch wohl die kühnsten Schönheiten der Orchestik nach. Stoff und Urbilder fanden die Stifter der tragischen Kunst im Epos, und wie dieses aus sich selbst die Parodie entwickelte, so spielten dieselben Meister, welche die Tragödie erfanden, in Erfindung Satyrischer Dramen. Zugleich mit der Plastik entstand die neue Gattung der Begeisterung und die Ausbildung der Kunst in goͤttlicher Harmonie. Das Ganze ruht auf dem festen Boden der alten Dichtung, eins und untheilbar durch das festliche Leben freyer Menschen und durch die heilige Kraft der alten Goͤtter. Die melische Poesie schloß sich mit ihrer Musik aller schoͤnen Gefuͤhle zunaͤchst an die jambische, in welcher der Drang der Leidenschaft, und die elegische, in welcher der Wechsel der Stimmung im Spiel des Lebens so lebendig erscheinen, daß sie fuͤr den Haß und die Liebe gelten koͤnnen, durch welche das ruhige Chaos der homerischen Dichtung bewegt ward zu neuen Bildungen und Gestaltungen. Die chorischen Gesaͤnge hingegen neigten sich mehr zum heroischen Geist des Epos, und trennten sich eben so einfach nach dem Uebergewicht von gesetzlichem Ernst oder heiliger Freyheit in der Verfassung und Stimmung des Volks. Was Eros der Sappho eingab, athmete Musik; und wie die Wuͤrde des Pindaros gemildert wird durch den froͤhlichen Reiz gymnastischer Spiele, so ahmten die Dithyramben in ihrer Ausgelassenheit auch wohl die kuͤhnsten Schoͤnheiten der Orchestik nach. Stoff und Urbilder fanden die Stifter der tragischen Kunst im Epos, und wie dieses aus sich selbst die Parodie entwickelte, so spielten dieselben Meister, welche die Tragoͤdie erfanden, in Erfindung Satyrischer Dramen. Zugleich mit der Plastik entstand die neue Gattung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0078" n="70"/> der Begeisterung und die Ausbildung der Kunst in goͤttlicher Harmonie.</p><lb/> <p>Das Ganze ruht auf dem festen Boden der alten Dichtung, eins und untheilbar durch das festliche Leben freyer Menschen und durch die heilige Kraft der alten Goͤtter.</p><lb/> <p>Die melische Poesie schloß sich mit ihrer Musik aller schoͤnen Gefuͤhle zunaͤchst an die jambische, in welcher der Drang der Leidenschaft, und die elegische, in welcher der Wechsel der Stimmung im Spiel des Lebens so lebendig erscheinen, daß sie fuͤr den Haß und die Liebe gelten koͤnnen, durch welche das ruhige Chaos der homerischen Dichtung bewegt ward zu neuen Bildungen und Gestaltungen. Die chorischen Gesaͤnge hingegen neigten sich mehr zum heroischen Geist des Epos, und trennten sich eben so einfach nach dem Uebergewicht von gesetzlichem Ernst oder heiliger Freyheit in der Verfassung und Stimmung des Volks. Was Eros der Sappho eingab, athmete Musik; und wie die Wuͤrde des Pindaros gemildert wird durch den froͤhlichen Reiz gymnastischer Spiele, so ahmten die Dithyramben in ihrer Ausgelassenheit auch wohl die kuͤhnsten Schoͤnheiten der Orchestik nach.</p><lb/> <p>Stoff und Urbilder fanden die Stifter der tragischen Kunst im Epos, und wie dieses aus sich selbst die Parodie entwickelte, so spielten dieselben Meister, welche die Tragoͤdie erfanden, in Erfindung Satyrischer Dramen.</p><lb/> <p>Zugleich mit der Plastik entstand die neue Gattung </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [70/0078]
der Begeisterung und die Ausbildung der Kunst in goͤttlicher Harmonie.
Das Ganze ruht auf dem festen Boden der alten Dichtung, eins und untheilbar durch das festliche Leben freyer Menschen und durch die heilige Kraft der alten Goͤtter.
Die melische Poesie schloß sich mit ihrer Musik aller schoͤnen Gefuͤhle zunaͤchst an die jambische, in welcher der Drang der Leidenschaft, und die elegische, in welcher der Wechsel der Stimmung im Spiel des Lebens so lebendig erscheinen, daß sie fuͤr den Haß und die Liebe gelten koͤnnen, durch welche das ruhige Chaos der homerischen Dichtung bewegt ward zu neuen Bildungen und Gestaltungen. Die chorischen Gesaͤnge hingegen neigten sich mehr zum heroischen Geist des Epos, und trennten sich eben so einfach nach dem Uebergewicht von gesetzlichem Ernst oder heiliger Freyheit in der Verfassung und Stimmung des Volks. Was Eros der Sappho eingab, athmete Musik; und wie die Wuͤrde des Pindaros gemildert wird durch den froͤhlichen Reiz gymnastischer Spiele, so ahmten die Dithyramben in ihrer Ausgelassenheit auch wohl die kuͤhnsten Schoͤnheiten der Orchestik nach.
Stoff und Urbilder fanden die Stifter der tragischen Kunst im Epos, und wie dieses aus sich selbst die Parodie entwickelte, so spielten dieselben Meister, welche die Tragoͤdie erfanden, in Erfindung Satyrischer Dramen.
Zugleich mit der Plastik entstand die neue Gattung
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