Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Johann Elias: Canut. Kopenhagen, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Canut,
Gilt hier der Liebe Recht? gilt hier die Schwestertreu?
Jch red, ich schweige still; so ists Verrätherey.
Gunilde.
Das heiligste Gesetz ist stets des Königs Leben.
Estrithe.
Er hat mir den Gemahl, der es verfolgt, gegeben.
Er selber schickte mir den Undankbaren zu,
Und schrieb mir den Befehl: Was Ulfo sagt, das thu.
Es mußte Godewin, der erst mein Herz besessen,
Von mir vergessen seyn; Jch hab ihn auch vergessen.
Mein Ehgemahl zu seyn ward Ulfo werthgeschätzt;
Drum hab ich meine Ruh, ja mich ihm nachgesetzt.
Es war des Königs Wink, den Ulfo mir entdecket;
Jch ehrte diesen Wink: Drum hab ich ihn voll-
strecket.
Wie meynst du, daß Canut nun von mir fordern darf,
Die Pflicht zu hintergehn, der er mich unterwarf,
Und aus strafbarem Haß für Ulfons Uebelthaten,
Jhn, dem ich meine Treu geheiligt, zu verrathen?
Gunilde.
Erhalt den Ulfo denn, und stürze den Canut,
Erkauff dir den Gemahl durch deines Bruders Blut.
Dein Schweigen wirst du selbst in kurzer Zeit ver-
fluchen,
Estrithe.
Was ich verschweigen muß, kann ich zu hindern
suchen.
Ach! wüßt ich, daß der Grund von Ulfons Raserey
Nichts
Canut,
Gilt hier der Liebe Recht? gilt hier die Schweſtertreu?
Jch red, ich ſchweige ſtill; ſo iſts Verraͤtherey.
Gunilde.
Das heiligſte Geſetz iſt ſtets des Koͤnigs Leben.
Eſtrithe.
Er hat mir den Gemahl, der es verfolgt, gegeben.
Er ſelber ſchickte mir den Undankbaren zu,
Und ſchrieb mir den Befehl: Was Ulfo ſagt, das thu.
Es mußte Godewin, der erſt mein Herz beſeſſen,
Von mir vergeſſen ſeyn; Jch hab ihn auch vergeſſen.
Mein Ehgemahl zu ſeyn ward Ulfo werthgeſchaͤtzt;
Drum hab ich meine Ruh, ja mich ihm nachgeſetzt.
Es war des Koͤnigs Wink, den Ulfo mir entdecket;
Jch ehrte dieſen Wink: Drum hab ich ihn voll-
ſtrecket.
Wie meynſt du, daß Canut nun von mir fordern darf,
Die Pflicht zu hintergehn, der er mich unterwarf,
Und aus ſtrafbarem Haß fuͤr Ulfons Uebelthaten,
Jhn, dem ich meine Treu geheiligt, zu verrathen?
Gunilde.
Erhalt den Ulfo denn, und ſtuͤrze den Canut,
Erkauff dir den Gemahl durch deines Bruders Blut.
Dein Schweigen wirſt du ſelbſt in kurzer Zeit ver-
fluchen,
Eſtrithe.
Was ich verſchweigen muß, kann ich zu hindern
ſuchen.
Ach! wuͤßt ich, daß der Grund von Ulfons Raſerey
Nichts
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#EST">
            <p><pb facs="#f0022" n="8"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Canut,</hi></fw><lb/>
Gilt hier der Liebe Recht? gilt hier die Schwe&#x017F;tertreu<choice><sic>&#x2E2E;</sic><corr>?</corr></choice><lb/>
Jch red, ich &#x017F;chweige &#x017F;till; &#x017F;o i&#x017F;ts Verra&#x0364;therey.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GUN">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gunilde.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Das heilig&#x017F;te Ge&#x017F;etz i&#x017F;t &#x017F;tets des Ko&#x0364;nigs Leben.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#EST">
            <speaker> <hi rendition="#fr">E&#x017F;trithe.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Er hat mir den Gemahl, der es verfolgt, gegeben.<lb/>
Er &#x017F;elber &#x017F;chickte mir den Undankbaren zu,<lb/>
Und &#x017F;chrieb mir den Befehl: Was Ulfo &#x017F;agt, das thu.<lb/>
Es mußte Godewin, der er&#x017F;t mein Herz be&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
Von mir verge&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eyn; Jch hab ihn auch verge&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Mein Ehgemahl zu &#x017F;eyn ward Ulfo werthge&#x017F;cha&#x0364;tzt;<lb/>
Drum hab ich meine Ruh, ja mich ihm nachge&#x017F;etzt.<lb/>
Es war des Ko&#x0364;nigs Wink, den Ulfo mir entdecket;<lb/>
Jch ehrte die&#x017F;en Wink: Drum hab ich ihn voll-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;trecket.</hi><lb/>
Wie meyn&#x017F;t du, daß Canut nun von mir fordern darf,<lb/>
Die Pflicht zu hintergehn, der er mich unterwarf,<lb/>
Und aus &#x017F;trafbarem Haß fu&#x0364;r Ulfons Uebelthaten,<lb/>
Jhn, dem ich meine Treu geheiligt, zu verrathen?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GUN">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gunilde.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Erhalt den Ulfo denn, und &#x017F;tu&#x0364;rze den Canut,<lb/>
Erkauff dir den Gemahl durch deines Bruders Blut.<lb/>
Dein Schweigen wir&#x017F;t du &#x017F;elb&#x017F;t in kurzer Zeit ver-<lb/><hi rendition="#et">fluchen,</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#EST">
            <speaker> <hi rendition="#fr">E&#x017F;trithe.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Was ich ver&#x017F;chweigen muß, kann ich zu hindern<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;uchen.</hi><lb/>
Ach! wu&#x0364;ßt ich, daß der Grund von Ulfons Ra&#x017F;erey<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Nichts</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0022] Canut, Gilt hier der Liebe Recht? gilt hier die Schweſtertreu? Jch red, ich ſchweige ſtill; ſo iſts Verraͤtherey. Gunilde. Das heiligſte Geſetz iſt ſtets des Koͤnigs Leben. Eſtrithe. Er hat mir den Gemahl, der es verfolgt, gegeben. Er ſelber ſchickte mir den Undankbaren zu, Und ſchrieb mir den Befehl: Was Ulfo ſagt, das thu. Es mußte Godewin, der erſt mein Herz beſeſſen, Von mir vergeſſen ſeyn; Jch hab ihn auch vergeſſen. Mein Ehgemahl zu ſeyn ward Ulfo werthgeſchaͤtzt; Drum hab ich meine Ruh, ja mich ihm nachgeſetzt. Es war des Koͤnigs Wink, den Ulfo mir entdecket; Jch ehrte dieſen Wink: Drum hab ich ihn voll- ſtrecket. Wie meynſt du, daß Canut nun von mir fordern darf, Die Pflicht zu hintergehn, der er mich unterwarf, Und aus ſtrafbarem Haß fuͤr Ulfons Uebelthaten, Jhn, dem ich meine Treu geheiligt, zu verrathen? Gunilde. Erhalt den Ulfo denn, und ſtuͤrze den Canut, Erkauff dir den Gemahl durch deines Bruders Blut. Dein Schweigen wirſt du ſelbſt in kurzer Zeit ver- fluchen, Eſtrithe. Was ich verſchweigen muß, kann ich zu hindern ſuchen. Ach! wuͤßt ich, daß der Grund von Ulfons Raſerey Nichts

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_canut_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_canut_1746/22
Zitationshilfe: Schlegel, Johann Elias: Canut. Kopenhagen, 1746, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_canut_1746/22>, abgerufen am 23.11.2024.