Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

in allen verführerischen Künsten der
Sinnlichkeit. Ihr naiver Witz über-
raschte ihn mehr und reizte ihn am
meisten, wie die hellen Funken von
rohem tüchtigem Verstand, vorzüg-
lich aber ihre entschiedne Manier
und ihr konsequentes Betragen. Mit-
ten im Stande der äußersten Ver-
derbtheit zeigte sie eine Art von Cha-
rakter; sie war voll von Eigenhei-
ten und ihr Egoismus nicht im ge-
meinen Styl. Nächst der Unabhän-
gigkeit liebte sie nichts so unmäßig
wie das Geld, aber sie wußte es
zu brauchen. Dabey war sie billig
gegen jeden, der nicht sehr reich war
und selbst gegen die andern treuher-
zig in ihrer Habsucht und ohne
Ränke. Sie schien ganz sorgenlos

nur

in allen verführeriſchen Künſten der
Sinnlichkeit. Ihr naiver Witz über-
raſchte ihn mehr und reizte ihn am
meiſten, wie die hellen Funken von
rohem tüchtigem Verſtand, vorzüg-
lich aber ihre entſchiedne Manier
und ihr konſequentes Betragen. Mit-
ten im Stande der äußerſten Ver-
derbtheit zeigte ſie eine Art von Cha-
rakter; ſie war voll von Eigenhei-
ten und ihr Egoismus nicht im ge-
meinen Styl. Nächſt der Unabhän-
gigkeit liebte ſie nichts ſo unmäßig
wie das Geld, aber ſie wußte es
zu brauchen. Dabey war ſie billig
gegen jeden, der nicht ſehr reich war
und ſelbſt gegen die andern treuher-
zig in ihrer Habſucht und ohne
Ränke. Sie ſchien ganz ſorgenlos

nur
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0149" n="144"/>
in allen verführeri&#x017F;chen Kün&#x017F;ten der<lb/>
Sinnlichkeit. Ihr naiver Witz über-<lb/>
ra&#x017F;chte ihn mehr und reizte ihn am<lb/>
mei&#x017F;ten, wie die hellen Funken von<lb/>
rohem tüchtigem Ver&#x017F;tand, vorzüg-<lb/>
lich aber ihre ent&#x017F;chiedne Manier<lb/>
und ihr kon&#x017F;equentes Betragen. Mit-<lb/>
ten im Stande der äußer&#x017F;ten Ver-<lb/>
derbtheit zeigte &#x017F;ie eine Art von Cha-<lb/>
rakter; &#x017F;ie war voll von Eigenhei-<lb/>
ten und ihr Egoismus nicht im ge-<lb/>
meinen Styl. Näch&#x017F;t der Unabhän-<lb/>
gigkeit liebte &#x017F;ie nichts &#x017F;o unmäßig<lb/>
wie das Geld, aber &#x017F;ie wußte es<lb/>
zu brauchen. Dabey war &#x017F;ie billig<lb/>
gegen jeden, der nicht &#x017F;ehr reich war<lb/>
und &#x017F;elb&#x017F;t gegen die andern treuher-<lb/>
zig in ihrer Hab&#x017F;ucht und ohne<lb/>
Ränke. Sie &#x017F;chien ganz &#x017F;orgenlos<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nur</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[144/0149] in allen verführeriſchen Künſten der Sinnlichkeit. Ihr naiver Witz über- raſchte ihn mehr und reizte ihn am meiſten, wie die hellen Funken von rohem tüchtigem Verſtand, vorzüg- lich aber ihre entſchiedne Manier und ihr konſequentes Betragen. Mit- ten im Stande der äußerſten Ver- derbtheit zeigte ſie eine Art von Cha- rakter; ſie war voll von Eigenhei- ten und ihr Egoismus nicht im ge- meinen Styl. Nächſt der Unabhän- gigkeit liebte ſie nichts ſo unmäßig wie das Geld, aber ſie wußte es zu brauchen. Dabey war ſie billig gegen jeden, der nicht ſehr reich war und ſelbſt gegen die andern treuher- zig in ihrer Habſucht und ohne Ränke. Sie ſchien ganz ſorgenlos nur

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Darüber hinaus sind keine weiteren Teile erschien… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/149
Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/149>, abgerufen am 21.11.2024.