Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

schöner Traum. So ist es leider
auch, und ich würde untröstlich
darüber seyn, wenn ich nicht hoffen
dürfte, daß wir wenigstens einen
Theil davon nächstens realisiren könn-
ten. Das Wahre an der Sache ist,
daß ich vorhin am Fenster stand;
wie lange, das weiß ich nicht recht:
denn mit den andern Regeln der
Vernunft und der Sittlichkeit ist auch
die Zeitrechnung dabey ganz von
mir vergessen worden. Also ich stand
am Fenster und sah ins Freye; der
Morgen verdient allerdings schön
genannt zu werden, die Luft ist still
und warm genug, auch ist das Grün
hier vor mir ganz frisch, und wie
sich die weite Ebne bald hebt bald
senket, so windet sich der ruhige,

ſchöner Traum. So iſt es leider
auch, und ich würde untröſtlich
darüber ſeyn, wenn ich nicht hoffen
dürfte, daß wir wenigſtens einen
Theil davon nächſtens realiſiren könn-
ten. Das Wahre an der Sache iſt,
daß ich vorhin am Fenſter ſtand;
wie lange, das weiß ich nicht recht:
denn mit den andern Regeln der
Vernunft und der Sittlichkeit iſt auch
die Zeitrechnung dabey ganz von
mir vergeſſen worden. Alſo ich ſtand
am Fenſter und ſah ins Freye; der
Morgen verdient allerdings ſchön
genannt zu werden, die Luft iſt ſtill
und warm genug, auch iſt das Grün
hier vor mir ganz friſch, und wie
ſich die weite Ebne bald hebt bald
ſenket, ſo windet ſich der ruhige,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0015" n="10"/>
&#x017F;chöner Traum. So i&#x017F;t es leider<lb/>
auch, und ich würde untrö&#x017F;tlich<lb/>
darüber &#x017F;eyn, wenn ich nicht hoffen<lb/>
dürfte, daß wir wenig&#x017F;tens einen<lb/>
Theil davon näch&#x017F;tens reali&#x017F;iren könn-<lb/>
ten. Das Wahre an der Sache i&#x017F;t,<lb/>
daß ich vorhin am Fen&#x017F;ter &#x017F;tand;<lb/>
wie lange, das weiß ich nicht recht:<lb/>
denn mit den andern Regeln der<lb/>
Vernunft und der Sittlichkeit i&#x017F;t auch<lb/>
die Zeitrechnung dabey ganz von<lb/>
mir verge&#x017F;&#x017F;en worden. Al&#x017F;o ich &#x017F;tand<lb/>
am Fen&#x017F;ter und &#x017F;ah ins Freye; der<lb/>
Morgen verdient allerdings &#x017F;chön<lb/>
genannt zu werden, die Luft i&#x017F;t &#x017F;till<lb/>
und warm genug, auch i&#x017F;t das Grün<lb/>
hier vor mir ganz fri&#x017F;ch, und wie<lb/>
&#x017F;ich die weite Ebne bald hebt bald<lb/>
&#x017F;enket, &#x017F;o windet &#x017F;ich der ruhige,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0015] ſchöner Traum. So iſt es leider auch, und ich würde untröſtlich darüber ſeyn, wenn ich nicht hoffen dürfte, daß wir wenigſtens einen Theil davon nächſtens realiſiren könn- ten. Das Wahre an der Sache iſt, daß ich vorhin am Fenſter ſtand; wie lange, das weiß ich nicht recht: denn mit den andern Regeln der Vernunft und der Sittlichkeit iſt auch die Zeitrechnung dabey ganz von mir vergeſſen worden. Alſo ich ſtand am Fenſter und ſah ins Freye; der Morgen verdient allerdings ſchön genannt zu werden, die Luft iſt ſtill und warm genug, auch iſt das Grün hier vor mir ganz friſch, und wie ſich die weite Ebne bald hebt bald ſenket, ſo windet ſich der ruhige,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Darüber hinaus sind keine weiteren Teile erschien… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/15
Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/15>, abgerufen am 21.11.2024.