den, der dumm war, übervortheilt hatte: aber sie that es auf eine drol- lige, fast kindische Art, mit Witz und mehr aus Übermuth als aus Rohheit. Ihre ganze Klugheit wandte sie darauf, sich der Zudringlichkeit und Unart der Männer zu erweh- ren, und es gelang ihr so sehr, daß die rohen, wüsten Menschen mit einer innigen Achtung von ihr spra- chen, die dem, welcher sie nicht kannte und nur von ihrem Gewerbe wußte, sehr komisch dünkte. Das war es auch, was den neugierigen Julius zuerst reizte, eine so sonder- bare Bekanntschaft zu suchen und er fand bald noch mehr Ursach zu er- staunen. Bey den gewöhnlichen Männern litt und that sie, was sie
den, der dumm war, übervortheilt hatte: aber ſie that es auf eine drol- lige, faſt kindiſche Art, mit Witz und mehr aus Übermuth als aus Rohheit. Ihre ganze Klugheit wandte ſie darauf, ſich der Zudringlichkeit und Unart der Männer zu erweh- ren, und es gelang ihr ſo ſehr, daß die rohen, wüſten Menſchen mit einer innigen Achtung von ihr ſpra- chen, die dem, welcher ſie nicht kannte und nur von ihrem Gewerbe wußte, ſehr komiſch dünkte. Das war es auch, was den neugierigen Julius zuerſt reizte, eine ſo ſonder- bare Bekanntſchaft zu ſuchen und er fand bald noch mehr Urſach zu er- ſtaunen. Bey den gewöhnlichen Männern litt und that ſie, was ſie
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0155"n="150"/>
den, der dumm war, übervortheilt<lb/>
hatte: aber ſie that es auf eine drol-<lb/>
lige, faſt kindiſche Art, mit Witz<lb/>
und mehr aus Übermuth als aus<lb/>
Rohheit. Ihre ganze Klugheit wandte<lb/>ſie darauf, ſich der Zudringlichkeit<lb/>
und Unart der Männer zu erweh-<lb/>
ren, und es gelang ihr ſo ſehr, daß<lb/>
die rohen, wüſten Menſchen mit<lb/>
einer innigen Achtung von ihr ſpra-<lb/>
chen, die dem, welcher ſie nicht<lb/>
kannte und nur von ihrem Gewerbe<lb/>
wußte, ſehr komiſch dünkte. Das<lb/>
war es auch, was den neugierigen<lb/>
Julius zuerſt reizte, eine ſo ſonder-<lb/>
bare Bekanntſchaft zu ſuchen und er<lb/>
fand bald noch mehr Urſach zu er-<lb/>ſtaunen. Bey den gewöhnlichen<lb/>
Männern litt und that ſie, was ſie<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[150/0155]
den, der dumm war, übervortheilt
hatte: aber ſie that es auf eine drol-
lige, faſt kindiſche Art, mit Witz
und mehr aus Übermuth als aus
Rohheit. Ihre ganze Klugheit wandte
ſie darauf, ſich der Zudringlichkeit
und Unart der Männer zu erweh-
ren, und es gelang ihr ſo ſehr, daß
die rohen, wüſten Menſchen mit
einer innigen Achtung von ihr ſpra-
chen, die dem, welcher ſie nicht
kannte und nur von ihrem Gewerbe
wußte, ſehr komiſch dünkte. Das
war es auch, was den neugierigen
Julius zuerſt reizte, eine ſo ſonder-
bare Bekanntſchaft zu ſuchen und er
fand bald noch mehr Urſach zu er-
ſtaunen. Bey den gewöhnlichen
Männern litt und that ſie, was ſie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/155>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.