Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.Welt wußte. Mancher hatte sie be- Welt wußte. Mancher hatte ſie be- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0157" n="152"/> Welt wußte. Mancher hatte ſie be-<lb/> lehrt, keiner aber hatte ihr innerſtes<lb/> Weſen ſo verſtanden, ſo fein ge-<lb/> ſchont und ihren eigentlichen Werth<lb/> ſo geachtet wie Julius. Darum hing<lb/> ſie auch mehr an ihm als ſich ſagen<lb/> läßt. Sie erinnerte ſich vielleicht<lb/> zum erſtenmal mit Rührung an ihre<lb/> erſte Jugend und Unſchuld und gefiel<lb/> ſich nicht in der Umgebung, mit der<lb/> ſie ſonſt ganz zufrieden war. Julius<lb/> fühlte das und freute ſich damit,<lb/> aber er konnte nie über die Gering-<lb/> ſchätzung Herr werden, die ihm ihr<lb/> Stand und ihr Verderben einflößte,<lb/> und ſein unauslöſchliches Mistrauen<lb/> ſchien ihm hier gerecht zu ſeyn. Wie<lb/> entrüſtet war er daher, als ſie ihm<lb/> einſt unerwarteter Weiſe die Ehre<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [152/0157]
Welt wußte. Mancher hatte ſie be-
lehrt, keiner aber hatte ihr innerſtes
Weſen ſo verſtanden, ſo fein ge-
ſchont und ihren eigentlichen Werth
ſo geachtet wie Julius. Darum hing
ſie auch mehr an ihm als ſich ſagen
läßt. Sie erinnerte ſich vielleicht
zum erſtenmal mit Rührung an ihre
erſte Jugend und Unſchuld und gefiel
ſich nicht in der Umgebung, mit der
ſie ſonſt ganz zufrieden war. Julius
fühlte das und freute ſich damit,
aber er konnte nie über die Gering-
ſchätzung Herr werden, die ihm ihr
Stand und ihr Verderben einflößte,
und ſein unauslöſchliches Mistrauen
ſchien ihm hier gerecht zu ſeyn. Wie
entrüſtet war er daher, als ſie ihm
einſt unerwarteter Weiſe die Ehre
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