Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

Rauhe Felsen waren seine liebste
Gesellschaft, am Gestade des einsa-
men Meeres hing er seinen Gedan-
ken nach, und ging zu Rathe mit
sich selbst, und wenn das Sausen
des Windes in den hohen Tannen
rauschte, so wähnte er, die mächti-
gen Wogen tief unter ihm wollten
sich aus Theilnahme und Mitleiden
ihm nähern, und schwermüthig blickte
rr den fernen Schiffen nach und
der sinkenden Sonne. Dieser Ort
war sein Liebling, er ward ihm
durch die Erinnerung zu einer hei-
ligen Heimath aller Schmerzen und
Entschlüsse.

Die Vergötterung seiner erhabe-
nen Freundin wurde für seinen Geist
ein fester Mittelpunkt und Boden

einer

Rauhe Felſen waren ſeine liebſte
Geſellſchaft, am Geſtade des einſa-
men Meeres hing er ſeinen Gedan-
ken nach, und ging zu Rathe mit
ſich ſelbſt, und wenn das Sauſen
des Windes in den hohen Tannen
rauſchte, ſo wähnte er, die mächti-
gen Wogen tief unter ihm wollten
ſich aus Theilnahme und Mitleiden
ihm nähern, und ſchwermüthig blickte
rr den fernen Schiffen nach und
der ſinkenden Sonne. Dieſer Ort
war ſein Liebling, er ward ihm
durch die Erinnerung zu einer hei-
ligen Heimath aller Schmerzen und
Entſchlüſſe.

Die Vergötterung ſeiner erhabe-
nen Freundin wurde für ſeinen Geiſt
ein feſter Mittelpunkt und Boden

einer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0181" n="176"/>
Rauhe Fel&#x017F;en waren &#x017F;eine lieb&#x017F;te<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft, am Ge&#x017F;tade des ein&#x017F;a-<lb/>
men Meeres hing er &#x017F;einen Gedan-<lb/>
ken nach, und ging zu Rathe mit<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, und wenn das Sau&#x017F;en<lb/>
des Windes in den hohen Tannen<lb/>
rau&#x017F;chte, &#x017F;o wähnte er, die mächti-<lb/>
gen Wogen tief unter ihm wollten<lb/>
&#x017F;ich aus Theilnahme und Mitleiden<lb/>
ihm nähern, und &#x017F;chwermüthig blickte<lb/>
rr den fernen Schiffen nach und<lb/>
der &#x017F;inkenden Sonne. Die&#x017F;er Ort<lb/>
war &#x017F;ein Liebling, er ward ihm<lb/>
durch die Erinnerung zu einer hei-<lb/>
ligen Heimath aller Schmerzen und<lb/>
Ent&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
            <p>Die Vergötterung &#x017F;einer erhabe-<lb/>
nen Freundin wurde für &#x017F;einen Gei&#x017F;t<lb/>
ein fe&#x017F;ter Mittelpunkt und Boden<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">einer</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[176/0181] Rauhe Felſen waren ſeine liebſte Geſellſchaft, am Geſtade des einſa- men Meeres hing er ſeinen Gedan- ken nach, und ging zu Rathe mit ſich ſelbſt, und wenn das Sauſen des Windes in den hohen Tannen rauſchte, ſo wähnte er, die mächti- gen Wogen tief unter ihm wollten ſich aus Theilnahme und Mitleiden ihm nähern, und ſchwermüthig blickte rr den fernen Schiffen nach und der ſinkenden Sonne. Dieſer Ort war ſein Liebling, er ward ihm durch die Erinnerung zu einer hei- ligen Heimath aller Schmerzen und Entſchlüſſe. Die Vergötterung ſeiner erhabe- nen Freundin wurde für ſeinen Geiſt ein feſter Mittelpunkt und Boden einer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Darüber hinaus sind keine weiteren Teile erschien… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/181
Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/181>, abgerufen am 21.11.2024.