Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.wenig überrascht, aber sie ahndete wenig überraſcht, aber ſie ahndete <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0201" n="196"/> wenig überraſcht, aber ſie ahndete<lb/> wohl, daß er nach der Hingebung<lb/> liebender und treuer ſeyn würde wie<lb/> vorher. Sie konnte keinen Entſchluß<lb/> faſſen, und überließ es nur den Um-<lb/> ſtänden, die es ſo fügten, wie es<lb/> gut war. Sie waren nur wenige<lb/> Tage allein, als ſie ſich ihm auf<lb/> ewig ergab und ihm die Tiefe ihrer<lb/> großen Seele öffnete, und alle Kraft<lb/> Natur und Heiligkeit, die in ihr<lb/> war. Auch ſie lebte lange in ge-<lb/> waltſamer Verſchloſſenheit, und nun<lb/> brachen zwiſchen den Umarmungen<lb/> in Strömen der Rede das zurückge-<lb/> drängte Zutrauen und die Mitthei-<lb/> lung mit einemmale hervor aus dem<lb/> innerſten Gemüth. In einer Nacht<lb/> wechſelten ſie mehr als einmal heftig<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [196/0201]
wenig überraſcht, aber ſie ahndete
wohl, daß er nach der Hingebung
liebender und treuer ſeyn würde wie
vorher. Sie konnte keinen Entſchluß
faſſen, und überließ es nur den Um-
ſtänden, die es ſo fügten, wie es
gut war. Sie waren nur wenige
Tage allein, als ſie ſich ihm auf
ewig ergab und ihm die Tiefe ihrer
großen Seele öffnete, und alle Kraft
Natur und Heiligkeit, die in ihr
war. Auch ſie lebte lange in ge-
waltſamer Verſchloſſenheit, und nun
brachen zwiſchen den Umarmungen
in Strömen der Rede das zurückge-
drängte Zutrauen und die Mitthei-
lung mit einemmale hervor aus dem
innerſten Gemüth. In einer Nacht
wechſelten ſie mehr als einmal heftig
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