Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

wenig überrascht, aber sie ahndete
wohl, daß er nach der Hingebung
liebender und treuer seyn würde wie
vorher. Sie konnte keinen Entschluß
fassen, und überließ es nur den Um-
ständen, die es so fügten, wie es
gut war. Sie waren nur wenige
Tage allein, als sie sich ihm auf
ewig ergab und ihm die Tiefe ihrer
großen Seele öffnete, und alle Kraft
Natur und Heiligkeit, die in ihr
war. Auch sie lebte lange in ge-
waltsamer Verschlossenheit, und nun
brachen zwischen den Umarmungen
in Strömen der Rede das zurückge-
drängte Zutrauen und die Mitthei-
lung mit einemmale hervor aus dem
innersten Gemüth. In einer Nacht
wechselten sie mehr als einmal heftig

wenig überraſcht, aber ſie ahndete
wohl, daß er nach der Hingebung
liebender und treuer ſeyn würde wie
vorher. Sie konnte keinen Entſchluß
faſſen, und überließ es nur den Um-
ſtänden, die es ſo fügten, wie es
gut war. Sie waren nur wenige
Tage allein, als ſie ſich ihm auf
ewig ergab und ihm die Tiefe ihrer
großen Seele öffnete, und alle Kraft
Natur und Heiligkeit, die in ihr
war. Auch ſie lebte lange in ge-
waltſamer Verſchloſſenheit, und nun
brachen zwiſchen den Umarmungen
in Strömen der Rede das zurückge-
drängte Zutrauen und die Mitthei-
lung mit einemmale hervor aus dem
innerſten Gemüth. In einer Nacht
wechſelten ſie mehr als einmal heftig

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0201" n="196"/>
wenig überra&#x017F;cht, aber &#x017F;ie ahndete<lb/>
wohl, daß er nach der Hingebung<lb/>
liebender und treuer &#x017F;eyn würde wie<lb/>
vorher. Sie konnte keinen Ent&#x017F;chluß<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;en, und überließ es nur den Um-<lb/>
&#x017F;tänden, die es &#x017F;o fügten, wie es<lb/>
gut war. Sie waren nur wenige<lb/>
Tage allein, als &#x017F;ie &#x017F;ich ihm auf<lb/>
ewig ergab und ihm die Tiefe ihrer<lb/>
großen Seele öffnete, und alle Kraft<lb/>
Natur und Heiligkeit, die in ihr<lb/>
war. Auch &#x017F;ie lebte lange in ge-<lb/>
walt&#x017F;amer Ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enheit, und nun<lb/>
brachen zwi&#x017F;chen den Umarmungen<lb/>
in Strömen der Rede das zurückge-<lb/>
drängte Zutrauen und die Mitthei-<lb/>
lung mit einemmale hervor aus dem<lb/>
inner&#x017F;ten Gemüth. In einer Nacht<lb/>
wech&#x017F;elten &#x017F;ie mehr als einmal heftig<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[196/0201] wenig überraſcht, aber ſie ahndete wohl, daß er nach der Hingebung liebender und treuer ſeyn würde wie vorher. Sie konnte keinen Entſchluß faſſen, und überließ es nur den Um- ſtänden, die es ſo fügten, wie es gut war. Sie waren nur wenige Tage allein, als ſie ſich ihm auf ewig ergab und ihm die Tiefe ihrer großen Seele öffnete, und alle Kraft Natur und Heiligkeit, die in ihr war. Auch ſie lebte lange in ge- waltſamer Verſchloſſenheit, und nun brachen zwiſchen den Umarmungen in Strömen der Rede das zurückge- drängte Zutrauen und die Mitthei- lung mit einemmale hervor aus dem innerſten Gemüth. In einer Nacht wechſelten ſie mehr als einmal heftig

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Darüber hinaus sind keine weiteren Teile erschien… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/201
Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/201>, abgerufen am 21.11.2024.