Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.Liebe ist höher als Anmuth und Dieser Augenblick, der Kuß des Liebe iſt höher als Anmuth und Dieſer Augenblick, der Kuß des <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0224" n="219"/> <p>Liebe iſt höher als Anmuth und<lb/> wie bald würde die Blüthe der<lb/> Schönheit fruchtlos welken ohne die<lb/> ergänzende Bildung der Gegenliebe!</p><lb/> <p>Dieſer Augenblick, der Kuß des<lb/> Amor und der Pſyche iſt die Roſe<lb/> des Lebens. — Die begeiſterte Dio-<lb/> tima hat ihren Sokrates nur die<lb/> Hälfte der Liebe offenbart. Die<lb/> Liebe iſt nicht bloß das ſtille Ver-<lb/> langen nach dem Unendlichen; ſie iſt<lb/> auch der heilige Genuß einer ſchönen<lb/> Gegenwart. Sie iſt nicht bloß eine<lb/> Miſchung, ein Übergang vom Sterb-<lb/> lichen zum Unſterblichen, ſondern ſie<lb/> iſt eine völlige Einheit beyder. Es<lb/> giebt eine reine Liebe, ein untheil-<lb/> bares und einfaches Gefühl ohne die<lb/> leiſeſte Störung von unruhigem<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [219/0224]
Liebe iſt höher als Anmuth und
wie bald würde die Blüthe der
Schönheit fruchtlos welken ohne die
ergänzende Bildung der Gegenliebe!
Dieſer Augenblick, der Kuß des
Amor und der Pſyche iſt die Roſe
des Lebens. — Die begeiſterte Dio-
tima hat ihren Sokrates nur die
Hälfte der Liebe offenbart. Die
Liebe iſt nicht bloß das ſtille Ver-
langen nach dem Unendlichen; ſie iſt
auch der heilige Genuß einer ſchönen
Gegenwart. Sie iſt nicht bloß eine
Miſchung, ein Übergang vom Sterb-
lichen zum Unſterblichen, ſondern ſie
iſt eine völlige Einheit beyder. Es
giebt eine reine Liebe, ein untheil-
bares und einfaches Gefühl ohne die
leiſeſte Störung von unruhigem
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