Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.Zweyter Brief. Es ist sonderbar, daß der Mensch Zweyter Brief. Es iſt ſonderbar, daß der Menſch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0254" n="249"/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Zweyter Brief</hi>.</hi> </head><lb/> <p>Es iſt ſonderbar, daß der Menſch<lb/> ſich nicht vor ſich ſelbſt fürchtet. Die<lb/> Kinder haben Recht, daß ſie ſo neu-<lb/> gierig und doch ſo bange in die Ge-<lb/> ſellſchaft der unbekannten Geiſter hin-<lb/> einblicken. Jeder einzelne Atom der<lb/> ewigen Zeit kann eine Welt von<lb/> Freude faſſen, aber ſich auch zu ei-<lb/> nem unermeßlichen Abgrund von Lei-<lb/> den und Schrecken öffnen. Ich be-<lb/> greife nun das alte Mährchen von<lb/> dem Manne, welchen ein Zauberer<lb/> in wenigen Augenblicken viele Jahre<lb/> durchleben ließ: denn ich habe die<lb/> furchtbare Allmacht der Fantaſie an<lb/> mir ſelbſt erfahren.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [249/0254]
Zweyter Brief.
Es iſt ſonderbar, daß der Menſch
ſich nicht vor ſich ſelbſt fürchtet. Die
Kinder haben Recht, daß ſie ſo neu-
gierig und doch ſo bange in die Ge-
ſellſchaft der unbekannten Geiſter hin-
einblicken. Jeder einzelne Atom der
ewigen Zeit kann eine Welt von
Freude faſſen, aber ſich auch zu ei-
nem unermeßlichen Abgrund von Lei-
den und Schrecken öffnen. Ich be-
greife nun das alte Mährchen von
dem Manne, welchen ein Zauberer
in wenigen Augenblicken viele Jahre
durchleben ließ: denn ich habe die
furchtbare Allmacht der Fantaſie an
mir ſelbſt erfahren.
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