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Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

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des Menschen das Geheimniß wel-
ches er sucht.

Was ist denn aber das Bestimmen-
de oder das Bestimmte selbst? In
der Männlichkeit ist es das Namen-
lose. Und was ist das Namenlose
in der Weiblichkeit? -- das Unbe-
stimmte.

Das Unbestimmte ist geheimniß-
reicher, aber das Bestimmte hat
mehr Zauberkraft. Die reizende Ver-
wirrung des Unbestimmten ist ro-
mantischer, aber die erhabene Bil-
dung des Bestimmten ist genialischer.
Die Schönheit des Unbestimmten ist
vergänglich wie das Leben der Blu-
men und wie die ewige Jugend
sterblicher Gefühle; die Energie des
Bestimmten ist vorübergehend wie

des Menſchen das Geheimniß wel-
ches er ſucht.

Was iſt denn aber das Beſtimmen-
de oder das Beſtimmte ſelbſt? In
der Männlichkeit iſt es das Namen-
loſe. Und was iſt das Namenloſe
in der Weiblichkeit? — das Unbe-
ſtimmte.

Das Unbeſtimmte iſt geheimniß-
reicher, aber das Beſtimmte hat
mehr Zauberkraft. Die reizende Ver-
wirrung des Unbeſtimmten iſt ro-
mantiſcher, aber die erhabene Bil-
dung des Beſtimmten iſt genialiſcher.
Die Schönheit des Unbeſtimmten iſt
vergänglich wie das Leben der Blu-
men und wie die ewige Jugend
ſterblicher Gefühle; die Energie des
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[265/0270] des Menſchen das Geheimniß wel- ches er ſucht. Was iſt denn aber das Beſtimmen- de oder das Beſtimmte ſelbſt? In der Männlichkeit iſt es das Namen- loſe. Und was iſt das Namenloſe in der Weiblichkeit? — das Unbe- ſtimmte. Das Unbeſtimmte iſt geheimniß- reicher, aber das Beſtimmte hat mehr Zauberkraft. Die reizende Ver- wirrung des Unbeſtimmten iſt ro- mantiſcher, aber die erhabene Bil- dung des Beſtimmten iſt genialiſcher. Die Schönheit des Unbeſtimmten iſt vergänglich wie das Leben der Blu- men und wie die ewige Jugend ſterblicher Gefühle; die Energie des Beſtimmten iſt vorübergehend wie

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Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/270>, abgerufen am 22.11.2024.