Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.entfaltet, oder noch im Keime, das Darum giebt es in der weibli- entfaltet, oder noch im Keime, das Darum giebt es in der weibli- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0071" n="66"/> entfaltet, oder noch im Keime, das<lb/> iſt gleich viel. Auch das Mädchen<lb/> weiß in ihrer naiven Unwiſſenheit<lb/> doch ſchon alles, noch ehe der Blitz<lb/> der Liebe in ihrem zarten Schooß<lb/> gezündet, und die verſchloßne Knoſpe<lb/> zum vollen Blumenkelch der Luſt<lb/> entfaltet hat. Und wenn eine Knoſpe<lb/> Gefühl hätte, würde nicht das Vorge-<lb/> fühl der Blume deutlicher in ihr ſeyn,<lb/> als das Bewußtſeyn ihrer ſelbſt? —</p><lb/> <p>Darum giebt es in der weibli-<lb/> chen Liebe keine Grade und Stufen<lb/> der Bildung, überhaupt nichts all-<lb/> gemeines; ſondern ſo viel Indivi-<lb/> duen, ſo viel eigenthümliche Arten.<lb/> Kein Linné kann uns alle dieſe ſchö-<lb/> nen Gewächſe und Pflanzen im<lb/> großen Garten des Lebens klaſſifiziren<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [66/0071]
entfaltet, oder noch im Keime, das
iſt gleich viel. Auch das Mädchen
weiß in ihrer naiven Unwiſſenheit
doch ſchon alles, noch ehe der Blitz
der Liebe in ihrem zarten Schooß
gezündet, und die verſchloßne Knoſpe
zum vollen Blumenkelch der Luſt
entfaltet hat. Und wenn eine Knoſpe
Gefühl hätte, würde nicht das Vorge-
fühl der Blume deutlicher in ihr ſeyn,
als das Bewußtſeyn ihrer ſelbſt? —
Darum giebt es in der weibli-
chen Liebe keine Grade und Stufen
der Bildung, überhaupt nichts all-
gemeines; ſondern ſo viel Indivi-
duen, ſo viel eigenthümliche Arten.
Kein Linné kann uns alle dieſe ſchö-
nen Gewächſe und Pflanzen im
großen Garten des Lebens klaſſifiziren
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