Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862.Verbalstämme. §. 208.gebene unterscheidung der stamverba und der ab geleitetenverba richtiger so zu faßen haben, daß alle verba, welche außer den zur bildung der tempusstämme dienenden elementen keine stambildungselemente zeigen, die form der stamverba haben, die- jenigen verba aber, welche in den nichtpraesensformen außer der wurzel solche elemente haben, die ursprünglich nicht zur bildung des praesensstammes oder andrer tempusstämme dienten, die form der ab geleiteten verba. Da wir hier nur die form, nicht aber die function der Die frage nach der den ab geleiteten verbalstämmen zu- Anm. Man hat die bildung des praesensstammes dann als bildung ab geleiteter verba betrachtet, wenn sie eine augenfällige bezie- hung, z. b. die passive oder die inchoative auß drükt. Diß ist je- doch schon deshalb nicht zu rechtfertigen, weil ursprünglich jede art der praesensstambildung einer bestimten beziehung entsprach. Wäre diß nicht der fall, so würden sämtliche verba nur ein und die selbe praesensstamform zeigen. Wir rechnen ja überhaupt nur solche bildungen unter die ab geleiteten verbalstämme, wel- che nicht auf den praesensstamm beschränkt sind, indem außer- dem eine scheidung der verba in stamverba und ab geleitete unmöglich wird. Verbalstämme. §. 208.gebene unterscheidung der stamverba und der ab geleitetenverba richtiger so zu faßen haben, daß alle verba, welche außer den zur bildung der tempusstämme dienenden elementen keine stambildungselemente zeigen, die form der stamverba haben, die- jenigen verba aber, welche in den nichtpraesensformen außer der wurzel solche elemente haben, die ursprünglich nicht zur bildung des praesensstammes oder andrer tempusstämme dienten, die form der ab geleiteten verba. Da wir hier nur die form, nicht aber die function der Die frage nach der den ab geleiteten verbalstämmen zu- Anm. Man hat die bildung des praesensstammes dann als bildung ab geleiteter verba betrachtet, wenn sie eine augenfällige bezie- hung, z. b. die passive oder die inchoative auß drükt. Diß ist je- doch schon deshalb nicht zu rechtfertigen, weil ursprünglich jede art der praesensstambildung einer bestimten beziehung entsprach. Wäre diß nicht der fall, so würden sämtliche verba nur ein und die selbe praesensstamform zeigen. Wir rechnen ja überhaupt nur solche bildungen unter die ab geleiteten verbalstämme, wel- che nicht auf den praesensstamm beschränkt sind, indem außer- dem eine scheidung der verba in stamverba und ab geleitete unmöglich wird. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0020" n="294"/><fw place="top" type="header">Verbalstämme.</fw><lb/><note place="left">§. 208.</note>gebene unterscheidung der stamverba und der ab geleiteten<lb/> verba richtiger so zu faßen haben, daß alle verba, welche außer<lb/> den zur bildung der tempusstämme dienenden elementen keine<lb/> stambildungselemente zeigen, die form der stamverba haben, die-<lb/> jenigen verba aber, welche in den nichtpraesensformen außer<lb/> der wurzel solche elemente haben, die ursprünglich nicht zur<lb/> bildung des praesensstammes oder andrer tempusstämme dienten,<lb/> die form der ab geleiteten verba.</p><lb/> <p>Da wir hier nur die form, nicht aber die function der<lb/> worte berüksichtigen, so können wir auch nur nach den stam-<lb/> bildungselementen, nicht aber nach der beziehung, welche sie<lb/> auß drücken, die ab geleiteten verbalstämme anordnen. Wir<lb/> werden demnach nicht von intensiven, causalen u. s. f. verbal-<lb/> stämmen reden, sondern von stambildungen mittles <hi rendition="#i">ja</hi> u. s. f.<lb/> Wir stellen diejenigen bildungen voran, welche sich als die<lb/> ältesten erweisen, und laßen die andern folgen, die sich nur<lb/> in einzelnen sprachen unseres stammes finden und die dem-<lb/> nach aller warscheinlichkeit nach für jüngere gebilde zu hal-<lb/> ten sind</p><lb/> <p>Die frage nach der den ab geleiteten verbalstämmen zu-<lb/> nächst zu grunde ligenden form ist oft nicht mit entschiden-<lb/> heit zu beantworten. Ob z. b. ein altindisches <hi rendition="#i">bhârájâ-mi</hi>, gr.<lb/><hi rendition="#i">φορέω-(μι)</hi>, stamm <hi rendition="#i">bhâraja</hi>, gr. <hi rendition="#i">φορεϳε</hi> von dem verbalstamme<lb/> altind. <hi rendition="#i">bhára</hi>, gr. <hi rendition="#i">φέρε</hi>, in altind. <hi rendition="#i">bhára-ti</hi>, gr. <hi rendition="#i">φέρε-(τ)ι</hi> (3. sg.<lb/> praes.), oder von einem substantivstamme, altind. <hi rendition="#i">bhâra</hi>, gr. <hi rendition="#i">φορο</hi><lb/> (nom. sg. altind. <hi rendition="#i">bhấra-s</hi>, gr. <hi rendition="#i">φόρο-ς)</hi> gebildet sei, dürfte nicht<lb/> leicht zu entscheiden sein.</p><lb/> <list> <item><hi rendition="#g">Anm</hi>. Man hat die bildung des praesensstammes dann als bildung<lb/> ab geleiteter verba betrachtet, wenn sie eine augenfällige bezie-<lb/> hung, z. b. die passive oder die inchoative auß drükt. Diß ist je-<lb/> doch schon deshalb nicht zu rechtfertigen, weil ursprünglich jede art<lb/> der praesensstambildung einer bestimten beziehung entsprach.<lb/> Wäre diß nicht der fall, so würden sämtliche verba nur ein und<lb/> die selbe praesensstamform zeigen. Wir rechnen ja überhaupt<lb/> nur solche bildungen unter die ab geleiteten verbalstämme, wel-<lb/> che nicht auf den praesensstamm beschränkt sind, indem außer-<lb/> dem eine scheidung der verba in stamverba und ab geleitete<lb/> unmöglich wird.</item> </list> </div><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [294/0020]
Verbalstämme.
gebene unterscheidung der stamverba und der ab geleiteten
verba richtiger so zu faßen haben, daß alle verba, welche außer
den zur bildung der tempusstämme dienenden elementen keine
stambildungselemente zeigen, die form der stamverba haben, die-
jenigen verba aber, welche in den nichtpraesensformen außer
der wurzel solche elemente haben, die ursprünglich nicht zur
bildung des praesensstammes oder andrer tempusstämme dienten,
die form der ab geleiteten verba.
§. 208.
Da wir hier nur die form, nicht aber die function der
worte berüksichtigen, so können wir auch nur nach den stam-
bildungselementen, nicht aber nach der beziehung, welche sie
auß drücken, die ab geleiteten verbalstämme anordnen. Wir
werden demnach nicht von intensiven, causalen u. s. f. verbal-
stämmen reden, sondern von stambildungen mittles ja u. s. f.
Wir stellen diejenigen bildungen voran, welche sich als die
ältesten erweisen, und laßen die andern folgen, die sich nur
in einzelnen sprachen unseres stammes finden und die dem-
nach aller warscheinlichkeit nach für jüngere gebilde zu hal-
ten sind
Die frage nach der den ab geleiteten verbalstämmen zu-
nächst zu grunde ligenden form ist oft nicht mit entschiden-
heit zu beantworten. Ob z. b. ein altindisches bhârájâ-mi, gr.
φορέω-(μι), stamm bhâraja, gr. φορεϳε von dem verbalstamme
altind. bhára, gr. φέρε, in altind. bhára-ti, gr. φέρε-(τ)ι (3. sg.
praes.), oder von einem substantivstamme, altind. bhâra, gr. φορο
(nom. sg. altind. bhấra-s, gr. φόρο-ς) gebildet sei, dürfte nicht
leicht zu entscheiden sein.
Anm. Man hat die bildung des praesensstammes dann als bildung
ab geleiteter verba betrachtet, wenn sie eine augenfällige bezie-
hung, z. b. die passive oder die inchoative auß drükt. Diß ist je-
doch schon deshalb nicht zu rechtfertigen, weil ursprünglich jede art
der praesensstambildung einer bestimten beziehung entsprach.
Wäre diß nicht der fall, so würden sämtliche verba nur ein und
die selbe praesensstamform zeigen. Wir rechnen ja überhaupt
nur solche bildungen unter die ab geleiteten verbalstämme, wel-
che nicht auf den praesensstamm beschränkt sind, indem außer-
dem eine scheidung der verba in stamverba und ab geleitete
unmöglich wird.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |