Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862.

Bild:
<< vorherige Seite
Medium. I. pers. sing. II. pers. sing.

Griech. Das primäre suffix ist -mai, z. b. phero-mai,§. 279.
conjunctiv phero-mai, perfect. pepleg-mai; als secundäres suff.
entspricht -men, warscheinlich auß ma so entstanden, daß a
gedent ward, und -n an trat, wenn man nicht vor zieht ein
-men das uralte -mam mit unursprünglicher denung zu sehen
(vgl. übrigens -ten als secundäre endung der 3. dual.), z. b.
imperfect. ephero-men, optat. pheroi-men u. s. f.

Im Gotischen felt die form der 1. sing.; die 3. sing.
fungiert für sie; vgl. den pluralis. An disem überhandnemen
der analogie der 3. person für die übrigen bemerkt man deut-
lich, daß das medium zur zeit der bibelübersetzung bereits im
außsterben begriffen war.

II. person singul. medii.

Indog. urspr. Die grundform der primären endung ist§. 280.
-sa-si, darauß -sai; secundär -sa-s, darauß -sa, durch die ana-
logie mit anderen personalendungen und durch die übereinstim-
mung von altbaktrisch und griechisch dem altindischen ge-
genüber als ursprüngl. bezeugt, z. b. praes. bhara-sa(s)i; per-
fect. babhar-sa(s)i; secundär, z. b. optat. praes. bharai-sa(s),
imperfectum abhara-sa(s). Für die 2. sing. imperativi ist es
nicht wol möglich eine form als der indogerm. ursprache an
gehörig mit sicherheit zu bezeichnen; am meisten anrecht scheint
die form des altindischen und altbaktrischen zu haben.

Altindisch. Primär. -se, z. b. praes. bhara-se, bibhr-se;
perfectum babhr-se auß *babhar-sai.

Secundäre form ist -thas, welche villeicht auß uralter zeit
erhalten ist, als der anlaut des ersten pronomens noch nicht
zu s herab gesunken war und die dann als eine veränderung
von *tva-s zu gelten hätte, z. b. imperfectum abhara-thas,
abibhr-thas;
optativ bhare-thas, bibhrei-thas. Gegen die ursprüng-
lichkeit diser form zeugt jedoch die übereinstimmung des alt-
baktrischen und griechischen in der nach dem primären -sai
zu erwartenden endung -sa.

Der imperativ hat die endung -sva, mit verlorenem zwei-

Medium. I. pers. sing. II. pers. sing.

Griech. Das primäre suffix ist -μαι, z. b. φέρο-μαι,§. 279.
conjunctiv φέρω-μαι, perfect. πέπλεγ-μαι; als secundäres suff.
entspricht -μην, warscheinlich auß ma so entstanden, daß a
gedent ward, und an trat, wenn man nicht vor zieht în
-μην das uralte -mam mit unursprünglicher denung zu sehen
(vgl. übrigens -την als secundäre endung der 3. dual.), z. b.
imperfect. ἐφερό-μην, optat. φεροί-μην u. s. f.

Im Gotischen felt die form der 1. sing.; die 3. sing.
fungiert für sie; vgl. den pluralis. An disem überhandnemen
der analogie der 3. person für die übrigen bemerkt man deut-
lich, daß das medium zur zeit der bibelübersetzung bereits im
außsterben begriffen war.

II. person singul. medii.

Indog. urspr. Die grundform der primären endung ist§. 280.
-sa-si, darauß -sai; secundär -sa-s, darauß -sa, durch die ana-
logie mit anderen personalendungen und durch die übereinstim-
mung von altbaktrisch und griechisch dem altindischen ge-
genüber als ursprüngl. bezeugt, z. b. praes. bhara-sa(s)i; per-
fect. babhâr-sa(s)i; secundär, z. b. optat. praes. bharai-sa(s),
imperfectum abhara-sa(s). Für die 2. sing. imperativi ist es
nicht wol möglich eine form als der indogerm. ursprache an
gehörig mit sicherheit zu bezeichnen; am meisten anrecht scheint
die form des altindischen und altbaktrischen zu haben.

Altindisch. Primär. -sê, z. b. praes. bhára-sê, bibhr-śế;
perfectum babhr-śế auß *babhar-sai.

Secundäre form ist -thâs, welche villeicht auß uralter zeit
erhalten ist, als der anlaut des ersten pronomens noch nicht
zu s herab gesunken war und die dann als eine veränderung
von *tva-s zu gelten hätte, z. b. imperfectum ábhara-thâs,
ábibhr-thâs;
optativ bhárê-thâs, bíbhrî-thâs. Gegen die ursprüng-
lichkeit diser form zeugt jedoch die übereinstimmung des alt-
baktrischen und griechischen in der nach dem primären -sai
zu erwartenden endung -sa.

Der imperativ hat die endung -sva, mit verlorenem zwei-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <pb facs="#f0255" n="529"/>
                  <fw place="top" type="header">Medium. I. pers. sing. II. pers. sing.</fw><lb/>
                  <p><hi rendition="#g">Griech</hi>. Das primäre suffix ist <hi rendition="#i">-&#x03BC;&#x03B1;&#x03B9;</hi>, z. b. <hi rendition="#i">&#x03C6;&#x03AD;&#x03C1;&#x03BF;-&#x03BC;&#x03B1;&#x03B9;</hi>,<note place="right">§. 279.</note><lb/>
conjunctiv <hi rendition="#i">&#x03C6;&#x03AD;&#x03C1;&#x03C9;-&#x03BC;&#x03B1;&#x03B9;</hi>, perfect. <hi rendition="#i">&#x03C0;&#x03AD;&#x03C0;&#x03BB;&#x03B5;&#x03B3;-&#x03BC;&#x03B1;&#x03B9;;</hi> als secundäres suff.<lb/>
entspricht <hi rendition="#i">-&#x03BC;&#x03B7;&#x03BD;</hi>, warscheinlich auß <hi rendition="#i">ma</hi> so entstanden, daß <hi rendition="#i">a</hi><lb/>
gedent ward, und <hi rendition="#i">-&#x03BD;</hi> an trat, wenn man nicht vor zieht în<lb/><hi rendition="#i">-&#x03BC;&#x03B7;&#x03BD;</hi> das uralte <hi rendition="#i">-mam</hi> mit unursprünglicher denung zu sehen<lb/>
(vgl. übrigens <hi rendition="#i">-&#x03C4;&#x03B7;&#x03BD;</hi> als secundäre endung der 3. dual.), z. b.<lb/>
imperfect. <hi rendition="#i">&#x1F10;&#x03C6;&#x03B5;&#x03C1;&#x1F79;-&#x03BC;&#x03B7;&#x03BD;</hi>, optat. <hi rendition="#i">&#x03C6;&#x03B5;&#x03C1;&#x03BF;&#x03AF;-&#x03BC;&#x03B7;&#x03BD;</hi> u. s. f.</p><lb/>
                  <p>Im <hi rendition="#g">Gotischen</hi> felt die form der 1. sing.; die 3. sing.<lb/>
fungiert für sie; vgl. den pluralis. An disem überhandnemen<lb/>
der analogie der 3. person für die übrigen bemerkt man deut-<lb/>
lich, daß das medium zur zeit der bibelübersetzung bereits im<lb/>
außsterben begriffen war.</p>
                </div><lb/>
                <div n="6">
                  <head>II. <hi rendition="#g">person singul. medii</hi>.</head><lb/>
                  <p><hi rendition="#g">Indog. urspr</hi>. Die grundform der primären endung ist<note place="right">§. 280.</note><lb/><hi rendition="#i">-sa-si,</hi> darauß <hi rendition="#i">-sai;</hi> secundär <hi rendition="#i">-sa-s,</hi> darauß <hi rendition="#i">-sa,</hi> durch die ana-<lb/>
logie mit anderen personalendungen und durch die übereinstim-<lb/>
mung von altbaktrisch und griechisch dem altindischen ge-<lb/>
genüber als ursprüngl. bezeugt, z. b. praes. <hi rendition="#i">bhara-sa(s)i;</hi> per-<lb/>
fect. <hi rendition="#i">babhâr-sa(s)i;</hi> secundär, z. b. optat. praes. <hi rendition="#i">bharai-sa(s),</hi><lb/>
imperfectum <hi rendition="#i">abhara-sa(s)</hi>. Für die 2. sing. imperativi ist es<lb/>
nicht wol möglich eine form als der indogerm. ursprache an<lb/>
gehörig mit sicherheit zu bezeichnen; am meisten anrecht scheint<lb/>
die form des altindischen und altbaktrischen zu haben.</p><lb/>
                  <p><hi rendition="#g">Altindisch</hi>. Primär. <hi rendition="#i">-sê,</hi> z. b. praes. <hi rendition="#i">bhára-sê, bibhr-&#x015B;ê&#x0301;;</hi><lb/>
perfectum <hi rendition="#i">babhr-&#x015B;ê&#x0301;</hi> auß *<hi rendition="#i">babhar-sai</hi>.</p><lb/>
                  <p>Secundäre form ist <hi rendition="#i">-thâs,</hi> welche villeicht auß uralter zeit<lb/>
erhalten ist, als der anlaut des ersten pronomens noch nicht<lb/>
zu <hi rendition="#i">s</hi> herab gesunken war und die dann als eine veränderung<lb/>
von *<hi rendition="#i">tva-s</hi> zu gelten hätte, z. b. imperfectum <hi rendition="#i">ábhara-thâs,<lb/>
ábibhr-thâs;</hi> optativ <hi rendition="#i">bhárê-thâs, bíbhrî-thâs</hi>. Gegen die ursprüng-<lb/>
lichkeit diser form zeugt jedoch die übereinstimmung des alt-<lb/>
baktrischen und griechischen in der nach dem primären <hi rendition="#i">-sai</hi><lb/>
zu erwartenden endung <hi rendition="#i">-sa</hi>.</p><lb/>
                  <p>Der imperativ hat die endung <hi rendition="#i">-sva,</hi> mit verlorenem zwei-<lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[529/0255] Medium. I. pers. sing. II. pers. sing. Griech. Das primäre suffix ist -μαι, z. b. φέρο-μαι, conjunctiv φέρω-μαι, perfect. πέπλεγ-μαι; als secundäres suff. entspricht -μην, warscheinlich auß ma so entstanden, daß a gedent ward, und -ν an trat, wenn man nicht vor zieht în -μην das uralte -mam mit unursprünglicher denung zu sehen (vgl. übrigens -την als secundäre endung der 3. dual.), z. b. imperfect. ἐφερό-μην, optat. φεροί-μην u. s. f. §. 279. Im Gotischen felt die form der 1. sing.; die 3. sing. fungiert für sie; vgl. den pluralis. An disem überhandnemen der analogie der 3. person für die übrigen bemerkt man deut- lich, daß das medium zur zeit der bibelübersetzung bereits im außsterben begriffen war. II. person singul. medii. Indog. urspr. Die grundform der primären endung ist -sa-si, darauß -sai; secundär -sa-s, darauß -sa, durch die ana- logie mit anderen personalendungen und durch die übereinstim- mung von altbaktrisch und griechisch dem altindischen ge- genüber als ursprüngl. bezeugt, z. b. praes. bhara-sa(s)i; per- fect. babhâr-sa(s)i; secundär, z. b. optat. praes. bharai-sa(s), imperfectum abhara-sa(s). Für die 2. sing. imperativi ist es nicht wol möglich eine form als der indogerm. ursprache an gehörig mit sicherheit zu bezeichnen; am meisten anrecht scheint die form des altindischen und altbaktrischen zu haben. §. 280. Altindisch. Primär. -sê, z. b. praes. bhára-sê, bibhr-śế; perfectum babhr-śế auß *babhar-sai. Secundäre form ist -thâs, welche villeicht auß uralter zeit erhalten ist, als der anlaut des ersten pronomens noch nicht zu s herab gesunken war und die dann als eine veränderung von *tva-s zu gelten hätte, z. b. imperfectum ábhara-thâs, ábibhr-thâs; optativ bhárê-thâs, bíbhrî-thâs. Gegen die ursprüng- lichkeit diser form zeugt jedoch die übereinstimmung des alt- baktrischen und griechischen in der nach dem primären -sai zu erwartenden endung -sa. Der imperativ hat die endung -sva, mit verlorenem zwei-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/255
Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862, S. 529. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/255>, abgerufen am 23.11.2024.