Schleiden, Matthias Jacob: Das Alter des Menschengeschlechts, die Entstehung der Arten und die Stellung des Menschen in der Natur. Leipzig, 1863.Stellung des Menschen in der Natur. schern ersten Ranges Untersuchungen über die Stellung des Menschenin der Natur erhalten, so von Owen, Dana, Huxley und Carl Vogt, von dessen gehaltvollem Werk jedoch erst einige Bogen erschienen sind. Die Antwort auf jene Frage können wir von vornherein zum Vortheil der Untersuchung in engere Grenzen bannen. Daß der Mensch ein Wirbelthier ist, eins der höchst entwickelten Wirbelthiere, daß er von allen Thieren dem Affen*) am nächsten steht und nach der Darwin'schen Theorie aus diesem hervorgegangen sein müßte, ist keinem Zweifel un¬ terworfen. Daß der Mensch sich durch Schädel- und Knochenbau vom Affen unterscheidet und dadurch, so wie durch die Einrichtung seines Blut-Gefäßsystems nicht nur zum aufrechten Gang befähigt, sondern dazu gezwungen ist, ergiebt sich als nicht minder gewiß. Die Grenzen der Ungewißheit lagen in neuerer Zeit besonders in der Beurtheilung des Baues der Hände und Füße, des Gehirns und in der Unklarheit wie man die geistigen Beziehungen des Menschen naturwissenschaftlich aufzufassen habe. Linne**) trennt von den nächstverwandten Affen, die er als Vier¬ *) Wenn einige versucht haben, das zu läugnen, ihn mit den Sauriern zusam¬ menzustellen und von diesen abzuleiten, so läßt sich das nicht mit gründlicher Kenntniß in Anatomie und Physiologie vereinigen. **) Die Bezeichnung "Vierhänder" gebrauchte zuerst Tyson im Jahre 1699, der Ausdruck "Zweihänder" stammt wohl von Buffon; Blumenbach und Cuvier haben den Ausdruck "Vierhänder" leider durch ihre Autorität geläufig gemacht. 4*
Stellung des Menſchen in der Natur. ſchern erſten Ranges Unterſuchungen über die Stellung des Menſchenin der Natur erhalten, ſo von Owen, Dana, Huxley und Carl Vogt, von deſſen gehaltvollem Werk jedoch erſt einige Bogen erſchienen ſind. Die Antwort auf jene Frage können wir von vornherein zum Vortheil der Unterſuchung in engere Grenzen bannen. Daß der Menſch ein Wirbelthier iſt, eins der höchſt entwickelten Wirbelthiere, daß er von allen Thieren dem Affen*) am nächſten ſteht und nach der Darwin'ſchen Theorie aus dieſem hervorgegangen ſein müßte, iſt keinem Zweifel un¬ terworfen. Daß der Menſch ſich durch Schädel- und Knochenbau vom Affen unterſcheidet und dadurch, ſo wie durch die Einrichtung ſeines Blut-Gefäßſyſtems nicht nur zum aufrechten Gang befähigt, ſondern dazu gezwungen iſt, ergiebt ſich als nicht minder gewiß. Die Grenzen der Ungewißheit lagen in neuerer Zeit beſonders in der Beurtheilung des Baues der Hände und Füße, des Gehirns und in der Unklarheit wie man die geiſtigen Beziehungen des Menſchen naturwiſſenſchaftlich aufzufaſſen habe. Linné**) trennt von den nächſtverwandten Affen, die er als Vier¬ *) Wenn einige verſucht haben, das zu läugnen, ihn mit den Sauriern zuſam¬ menzuſtellen und von dieſen abzuleiten, ſo läßt ſich das nicht mit gründlicher Kenntniß in Anatomie und Phyſiologie vereinigen. **) Die Bezeichnung „Vierhänder“ gebrauchte zuerſt Tyſon im Jahre 1699, der Ausdruck „Zweihänder“ ſtammt wohl von Buffon; Blumenbach und Cuvier haben den Ausdruck „Vierhänder“ leider durch ihre Autorität geläufig gemacht. 4*
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Stellung des Menſchen in der Natur.
ſchern erſten Ranges Unterſuchungen über die Stellung des Menſchen
in der Natur erhalten, ſo von Owen, Dana, Huxley und Carl Vogt,
von deſſen gehaltvollem Werk jedoch erſt einige Bogen erſchienen ſind.
Die Antwort auf jene Frage können wir von vornherein zum Vortheil
der Unterſuchung in engere Grenzen bannen. Daß der Menſch ein
Wirbelthier iſt, eins der höchſt entwickelten Wirbelthiere, daß er von
allen Thieren dem Affen *) am nächſten ſteht und nach der Darwin'ſchen
Theorie aus dieſem hervorgegangen ſein müßte, iſt keinem Zweifel un¬
terworfen. Daß der Menſch ſich durch Schädel- und Knochenbau vom
Affen unterſcheidet und dadurch, ſo wie durch die Einrichtung ſeines
Blut-Gefäßſyſtems nicht nur zum aufrechten Gang befähigt, ſondern
dazu gezwungen iſt, ergiebt ſich als nicht minder gewiß. Die Grenzen
der Ungewißheit lagen in neuerer Zeit beſonders in der Beurtheilung
des Baues der Hände und Füße, des Gehirns und in der Unklarheit
wie man die geiſtigen Beziehungen des Menſchen naturwiſſenſchaftlich
aufzufaſſen habe.
Linné **) trennt von den nächſtverwandten Affen, die er als Vier¬
händer bezeichnete, ſeine Ordnung der Primaten unter dem Charakter
der Zweihändigkeit. — Dieſer Unterſchied muß nach den neueren beſſe¬
ren anatomiſchen Unterſuchungen und darauf gebauten Anſchauungs¬
weiſen als unrichtig aufgegeben werden. Die wirklichen Unterſchiede
zwiſchen Hand und Fuß beim Menſchen beruhen auf der verſchiedenen
Anordnung der Knochen der Hand- und Fußwurzel, in der verſchiede¬
nen Länge eines Beuge- und eines Streckmuskels und in dem äußeren
langen Wadenmuskel, der bei der Hand fehlt. In allen dieſen weſent¬
lichen Puncten ſtimmt Fuß und Hand des Gorillaaffen mit Fuß und
Hand des Menſchen vollkommen überein, während ſchon der nächſt¬
*) Wenn einige verſucht haben, das zu läugnen, ihn mit den Sauriern zuſam¬
menzuſtellen und von dieſen abzuleiten, ſo läßt ſich das nicht mit gründlicher
Kenntniß in Anatomie und Phyſiologie vereinigen.
**) Die Bezeichnung „Vierhänder“ gebrauchte zuerſt Tyſon im Jahre 1699, der
Ausdruck „Zweihänder“ ſtammt wohl von Buffon; Blumenbach und Cuvier haben
den Ausdruck „Vierhänder“ leider durch ihre Autorität geläufig gemacht.
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