Schleiden, Matthias Jacob: Das Alter des Menschengeschlechts, die Entstehung der Arten und die Stellung des Menschen in der Natur. Leipzig, 1863.Stellung des Menschen in der Natur. Bei weitem die wichtigste Betrachtung knüpft sich nun aber an den Der Schädel als das knöcherne Gehäuse, in welches der wichtigste Stellung des Menſchen in der Natur. Bei weitem die wichtigſte Betrachtung knüpft ſich nun aber an den Der Schädel als das knöcherne Gehäuſe, in welches der wichtigſte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0061" n="51"/> <fw place="top" type="header">Stellung des Menſchen in der Natur.<lb/></fw> <p>Bei weitem die wichtigſte Betrachtung knüpft ſich nun aber an den<lb/> Schädel- und Gehirnbau des Menſchen und Affen; an das Gehirn<lb/> knüpfen ſich bei dem Thiere die Erſcheinungen, die wir mit einem we¬<lb/> der ſcharf bezeichnenden noch richtigen Ausdruck die Intelligenz nennen,<lb/> die ich, um jedes Vorurtheil aus dem Worte zu verbannen, nur mit dem<lb/> Ausdruck der Kunſttriebe bezeichnen werde. Wir ſehen ein Thier ge¬<lb/> trieben, beſtimmte Handlungen zur Erreichung eines Zweckes, der nicht<lb/> durch eine uns als gegenwärtige unmittelbar ſinnliche Anregung erkenn¬<lb/> bare Veranlaſſung gegeben wird vorzunehmen, Handlungen, die wir<lb/> daher im Gegenſatz zu Handlungen der letzten Art, den natürlichen,<lb/> vorläufig als Kunſt bezeichnen können; was dabei das Treibende iſt,<lb/> wie es wirkt, kann hier zunächſt ganz unberückſichtigt bleiben.</p><lb/> <p>Der Schädel als das knöcherne Gehäuſe, in welches der wichtigſte<lb/> Theil des ganzen Nervenſyſtems, das Gehirn, eingeſchloſſen iſt, läßt<lb/> ſich für die vorliegende Frage nach zwei Seiten betrachten, hinſichtlich<lb/> ſeiner Stellung zum übrigen Knochengerüſte und rückſichtlich ſeines<lb/> Verhältniſſes zu den Geſichtsknochen. Bei dem erſten Punct treffen wir<lb/> auf den Hauptunterſchied zwiſchen Menſchen und Affen, den aufrechten<lb/> Gang auf der Sohle der beiden hinteren Extremitäten, welcher dem<lb/> Menſchen weſentlich und unvermeidlich, dem Affen aber für mehr als<lb/> einige Schritte (die auch der Hund, der Bär, und andere Thiere ma¬<lb/> chen können) unmöglich iſt. — Dieſer Unterſchied zwiſchen Menſch und<lb/> Thier wird ſchon von Ovid unübertrefflich ausgedrückt: „Während alle<lb/> übrigen Thiere gebückt zur Erde ſchauen, gab die Natur dem Menſchen<lb/> das erhobene Antlitz und die Fähigkeit, den Himmel zu ſchauen, den<lb/> aufgerichteten Blick den Sternen zuzuwenden.“ — Bis auf den heuti¬<lb/> gen Tag iſt noch kein weſentlicherer Unterſchied aufgefunden worden<lb/> und Dana, indem er, unzufrieden mit der bisherigen naturgeſchichtlichen<lb/> Claſſification der Menſchen, eine neue vorſchlägt, bringt doch nichts<lb/> als neue Worte für alte Sachen und eine unzweckmäßige Umſchreibung<lb/> des aufrechten Ganges. Am Schädelbau drückt ſich dieſes letztere nun<lb/> durch das Verhältniß aus, in welchem die Richtung des Längedurch¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [51/0061]
Stellung des Menſchen in der Natur.
Bei weitem die wichtigſte Betrachtung knüpft ſich nun aber an den
Schädel- und Gehirnbau des Menſchen und Affen; an das Gehirn
knüpfen ſich bei dem Thiere die Erſcheinungen, die wir mit einem we¬
der ſcharf bezeichnenden noch richtigen Ausdruck die Intelligenz nennen,
die ich, um jedes Vorurtheil aus dem Worte zu verbannen, nur mit dem
Ausdruck der Kunſttriebe bezeichnen werde. Wir ſehen ein Thier ge¬
trieben, beſtimmte Handlungen zur Erreichung eines Zweckes, der nicht
durch eine uns als gegenwärtige unmittelbar ſinnliche Anregung erkenn¬
bare Veranlaſſung gegeben wird vorzunehmen, Handlungen, die wir
daher im Gegenſatz zu Handlungen der letzten Art, den natürlichen,
vorläufig als Kunſt bezeichnen können; was dabei das Treibende iſt,
wie es wirkt, kann hier zunächſt ganz unberückſichtigt bleiben.
Der Schädel als das knöcherne Gehäuſe, in welches der wichtigſte
Theil des ganzen Nervenſyſtems, das Gehirn, eingeſchloſſen iſt, läßt
ſich für die vorliegende Frage nach zwei Seiten betrachten, hinſichtlich
ſeiner Stellung zum übrigen Knochengerüſte und rückſichtlich ſeines
Verhältniſſes zu den Geſichtsknochen. Bei dem erſten Punct treffen wir
auf den Hauptunterſchied zwiſchen Menſchen und Affen, den aufrechten
Gang auf der Sohle der beiden hinteren Extremitäten, welcher dem
Menſchen weſentlich und unvermeidlich, dem Affen aber für mehr als
einige Schritte (die auch der Hund, der Bär, und andere Thiere ma¬
chen können) unmöglich iſt. — Dieſer Unterſchied zwiſchen Menſch und
Thier wird ſchon von Ovid unübertrefflich ausgedrückt: „Während alle
übrigen Thiere gebückt zur Erde ſchauen, gab die Natur dem Menſchen
das erhobene Antlitz und die Fähigkeit, den Himmel zu ſchauen, den
aufgerichteten Blick den Sternen zuzuwenden.“ — Bis auf den heuti¬
gen Tag iſt noch kein weſentlicherer Unterſchied aufgefunden worden
und Dana, indem er, unzufrieden mit der bisherigen naturgeſchichtlichen
Claſſification der Menſchen, eine neue vorſchlägt, bringt doch nichts
als neue Worte für alte Sachen und eine unzweckmäßige Umſchreibung
des aufrechten Ganges. Am Schädelbau drückt ſich dieſes letztere nun
durch das Verhältniß aus, in welchem die Richtung des Längedurch¬
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