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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848.

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climatischen Verhältnissen und wir können fast allein schon durch die
Zunahme und Abnahme der Wärme für die beobachtete Vertheilung
der Gewächse Rechenschaft geben. Wenn wir unsere Untersuchungen
weiter ausdehnen, können wir sogar bestimmte Pflanzenarten nennen,
welche einer bestimmten nördlichen Breite eigen sind, aber in niederen
Breiten auch regelmäßig in den Gebirgen auf einer bestimmten Höhe
sich wieder einfinden. Indeß tritt dieser Fall doch verhältnißmäßig
selten ein und wir werden zuletzt gezwungen dafür auf andere, weni-
ger oder gar nicht gekannte, Einflüsse zu verweisen. Wenn wir Ge-
genden in den tropischen Gebirgen finden, die rücksichtlich der Feuch-
tigkeit und Temperatur, so wie rücksichtlich der Bodenconstitution
durchaus gewissen Gegenden in nördlichen Breiten entsprechen und
die dennoch eine dem allgemeinen Character nach zwar ähnliche, den
Geschlechtern und Arten nach aber so ganz verschiedene Vegetation
ernähren, ja wenn wir bemerken, daß die Uebereinstimmung zwischen
nördlicher Breite, und Erhebung über der Meeresfläche in südlicher
Breite sich durchschnittlich nur bis zu einer Höhe von etwa 6000 Fuß
nachweisen läßt, so werden wir darauf hingewiesen, dem Licht, dem
Luftdruck u. s. w. einen wesentlichen Einfluß einzuräumen, wenn
wir auch nicht im Stande sind das Wie zu entwickeln. --

Am Bestimmtesten werden wir auf einen solchen zukünftigen Ent-
wicklungsgang der Wissenschaft hingewiesen, wenn wir die Vergan-
genheit derselben näher ins Auge fassen und gewahr werden, wie hier
die allmälig sich entwickelnde genauere Kenntniß bestimmter physica-
lischer Verhältnisse auch die Erklärung vieler Erscheinungen möglich
gemacht hat, die früher sehr räthselhaft dastanden. Am auffallendsten
zeigt sich dies in der Lehre von der Wärmevertheilung auf der Erde.
Anfänglich versuchte man, wie Halley, Euler und Andere, diese
Vertheilung aus der Stellung der Erde zur Sonne zu berechnen, ein
Verfahren was augenblicklich sehr annehmlich erscheint, da gegen-
wärtig die Sonne, wenn nicht die einzige, doch die wesentlichste
Wärmequelle für die Erde ist. Aber in welchem schreienden Contrast
treten mit den so gewonnenen Resultaten die Erscheinungen in der

climatiſchen Verhältniſſen und wir können faſt allein ſchon durch die
Zunahme und Abnahme der Wärme für die beobachtete Vertheilung
der Gewächſe Rechenſchaft geben. Wenn wir unſere Unterſuchungen
weiter ausdehnen, können wir ſogar beſtimmte Pflanzenarten nennen,
welche einer beſtimmten nördlichen Breite eigen ſind, aber in niederen
Breiten auch regelmäßig in den Gebirgen auf einer beſtimmten Höhe
ſich wieder einfinden. Indeß tritt dieſer Fall doch verhältnißmäßig
ſelten ein und wir werden zuletzt gezwungen dafür auf andere, weni-
ger oder gar nicht gekannte, Einflüſſe zu verweiſen. Wenn wir Ge-
genden in den tropiſchen Gebirgen finden, die rückſichtlich der Feuch-
tigkeit und Temperatur, ſo wie rückſichtlich der Bodenconſtitution
durchaus gewiſſen Gegenden in nördlichen Breiten entſprechen und
die dennoch eine dem allgemeinen Character nach zwar ähnliche, den
Geſchlechtern und Arten nach aber ſo ganz verſchiedene Vegetation
ernähren, ja wenn wir bemerken, daß die Uebereinſtimmung zwiſchen
nördlicher Breite, und Erhebung über der Meeresfläche in ſüdlicher
Breite ſich durchſchnittlich nur bis zu einer Höhe von etwa 6000 Fuß
nachweiſen läßt, ſo werden wir darauf hingewieſen, dem Licht, dem
Luftdruck u. ſ. w. einen weſentlichen Einfluß einzuräumen, wenn
wir auch nicht im Stande ſind das Wie zu entwickeln. —

Am Beſtimmteſten werden wir auf einen ſolchen zukünftigen Ent-
wicklungsgang der Wiſſenſchaft hingewieſen, wenn wir die Vergan-
genheit derſelben näher ins Auge faſſen und gewahr werden, wie hier
die allmälig ſich entwickelnde genauere Kenntniß beſtimmter phyſica-
liſcher Verhältniſſe auch die Erklärung vieler Erſcheinungen möglich
gemacht hat, die früher ſehr räthſelhaft daſtanden. Am auffallendſten
zeigt ſich dies in der Lehre von der Wärmevertheilung auf der Erde.
Anfänglich verſuchte man, wie Halley, Euler und Andere, dieſe
Vertheilung aus der Stellung der Erde zur Sonne zu berechnen, ein
Verfahren was augenblicklich ſehr annehmlich erſcheint, da gegen-
wärtig die Sonne, wenn nicht die einzige, doch die weſentlichſte
Wärmequelle für die Erde iſt. Aber in welchem ſchreienden Contraſt
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[230/0246] climatiſchen Verhältniſſen und wir können faſt allein ſchon durch die Zunahme und Abnahme der Wärme für die beobachtete Vertheilung der Gewächſe Rechenſchaft geben. Wenn wir unſere Unterſuchungen weiter ausdehnen, können wir ſogar beſtimmte Pflanzenarten nennen, welche einer beſtimmten nördlichen Breite eigen ſind, aber in niederen Breiten auch regelmäßig in den Gebirgen auf einer beſtimmten Höhe ſich wieder einfinden. Indeß tritt dieſer Fall doch verhältnißmäßig ſelten ein und wir werden zuletzt gezwungen dafür auf andere, weni- ger oder gar nicht gekannte, Einflüſſe zu verweiſen. Wenn wir Ge- genden in den tropiſchen Gebirgen finden, die rückſichtlich der Feuch- tigkeit und Temperatur, ſo wie rückſichtlich der Bodenconſtitution durchaus gewiſſen Gegenden in nördlichen Breiten entſprechen und die dennoch eine dem allgemeinen Character nach zwar ähnliche, den Geſchlechtern und Arten nach aber ſo ganz verſchiedene Vegetation ernähren, ja wenn wir bemerken, daß die Uebereinſtimmung zwiſchen nördlicher Breite, und Erhebung über der Meeresfläche in ſüdlicher Breite ſich durchſchnittlich nur bis zu einer Höhe von etwa 6000 Fuß nachweiſen läßt, ſo werden wir darauf hingewieſen, dem Licht, dem Luftdruck u. ſ. w. einen weſentlichen Einfluß einzuräumen, wenn wir auch nicht im Stande ſind das Wie zu entwickeln. — Am Beſtimmteſten werden wir auf einen ſolchen zukünftigen Ent- wicklungsgang der Wiſſenſchaft hingewieſen, wenn wir die Vergan- genheit derſelben näher ins Auge faſſen und gewahr werden, wie hier die allmälig ſich entwickelnde genauere Kenntniß beſtimmter phyſica- liſcher Verhältniſſe auch die Erklärung vieler Erſcheinungen möglich gemacht hat, die früher ſehr räthſelhaft daſtanden. Am auffallendſten zeigt ſich dies in der Lehre von der Wärmevertheilung auf der Erde. Anfänglich verſuchte man, wie Halley, Euler und Andere, dieſe Vertheilung aus der Stellung der Erde zur Sonne zu berechnen, ein Verfahren was augenblicklich ſehr annehmlich erſcheint, da gegen- wärtig die Sonne, wenn nicht die einzige, doch die weſentlichſte Wärmequelle für die Erde iſt. Aber in welchem ſchreienden Contraſt treten mit den ſo gewonnenen Reſultaten die Erſcheinungen in der

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Zitationshilfe: Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/246>, abgerufen am 23.11.2024.