Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848.schaft ablegen zu können. Ganz Resultat launenhafter Willkühr Hier ist aber noch eine eigenthümliche Betrachtungsweise her- Die Rietgräser z. B. treten in der Flora von Frankreich mit ſchaft ablegen zu können. Ganz Reſultat launenhafter Willkühr Hier iſt aber noch eine eigenthümliche Betrachtungsweiſe her- Die Rietgräſer z. B. treten in der Flora von Frankreich mit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0255" n="239"/> ſchaft ablegen zu können. Ganz Reſultat launenhafter Willkühr<lb/> muß es uns aber erſcheinen, warum einzelne Pflanzen weit auf der<lb/> Erde verbreitet ſind, während andere auf die kleinſten Flecke einge-<lb/> ſchränkt leben müſſen, wie z. B. die ausſchließlich auf den Kärnthner<lb/> Alpen vorkommende <hi rendition="#g">Wulfenie</hi>; warum einzelne Familien, wie die<lb/><hi rendition="#g">Compoſiten</hi>, über die ganze Erdevertheilt gedeihen, während andere,<lb/> wie die <hi rendition="#g">Pfefferarten</hi>, die <hi rendition="#g">Palmen</hi>, nur zwiſchen ſehr beſtimmten<lb/> Breitegraden zu beiden Seiten des Aequators, die <hi rendition="#g">Proteaceen</hi> nur<lb/> auf der ſüdlichen Halbkugel, die <hi rendition="#g">Cactuspfanzen</hi> nur auf der weſt-<lb/> lichen Hälfte der Erde ſich finden. Eben ſo wenig erklärlich iſt uns die<lb/><hi rendition="#g">Vertheilungs</hi> weiſe der Pflanzenfamilien. Während die <hi rendition="#g">Palmen-</hi><lb/> arten vom Aequator gegen die höheren Breiten abnehmen, erreichen die<lb/><hi rendition="#g">Compoſiten</hi> gerade in der mittleren Temperaturzone ihre höchſte<lb/> Entwicklung, ihre Artenzahl nimmt von da nach beiden Seiten, ſo-<lb/> wohl nach dem Aequator als nach den Polen zu, ab, während die<lb/><hi rendition="#g">Gräſer</hi> endlich ſtetig vom <choice><sic>Aeqnator</sic><corr>Aequator</corr></choice> nach den Polen hin zunehmen.</p><lb/> <p>Hier iſt aber noch eine eigenthümliche Betrachtungsweiſe her-<lb/> vorzuheben, nach welcher man die Vertheilung der Familien zu beur-<lb/> theilen pflegt.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Rietgräſer</hi> z. B. treten in der Flora von Frankreich mit<lb/> 134 Arten auf, in der Flora von Lappland dagegen nur mit 55 Arten.<lb/> Frankreich iſt alſo ohne Frage abſolut reicher an Arten als Lappland.<lb/> Anders aber ſtellt ſich die Sache, wenn wir dieſe Pflanzen im Ver-<lb/> hältniß zur ganzen Vegetation beider Länder betrachten und wenn es<lb/> uns darauf ankommt, eben das Characteriſtiſche der Vegetationsge-<lb/> biete aufzufaſſen, ſo dürfen wir nur dieſe Betrachtungsweiſe gelten<lb/> laſſen. Frankreich beſitzt im Ganzen etwa fünftehalb Tauſend <hi rendition="#g">phane-<lb/> rogame Pflanzen</hi> und davon machen die Rietgräſer nur 1/27 aus;<lb/> Lapplands <hi rendition="#g">Phanerogamen</hi> dagegen beſchränken ſich auf etwa 500<lb/> Arten und darunter iſt 1/9 Rietgräſer. Die letztern ſind daher ein viel<lb/> weſentlicherer Theil der Lappländiſchen Flora als der Franzöſiſchen, jene<lb/> hat relativ eine größere Anzahl Arten als dieſe. Nur dieſes iſt es was<lb/> man unter Zunehmen der Arten, in einer beſtimmten Richtung, verſteht.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [239/0255]
ſchaft ablegen zu können. Ganz Reſultat launenhafter Willkühr
muß es uns aber erſcheinen, warum einzelne Pflanzen weit auf der
Erde verbreitet ſind, während andere auf die kleinſten Flecke einge-
ſchränkt leben müſſen, wie z. B. die ausſchließlich auf den Kärnthner
Alpen vorkommende Wulfenie; warum einzelne Familien, wie die
Compoſiten, über die ganze Erdevertheilt gedeihen, während andere,
wie die Pfefferarten, die Palmen, nur zwiſchen ſehr beſtimmten
Breitegraden zu beiden Seiten des Aequators, die Proteaceen nur
auf der ſüdlichen Halbkugel, die Cactuspfanzen nur auf der weſt-
lichen Hälfte der Erde ſich finden. Eben ſo wenig erklärlich iſt uns die
Vertheilungs weiſe der Pflanzenfamilien. Während die Palmen-
arten vom Aequator gegen die höheren Breiten abnehmen, erreichen die
Compoſiten gerade in der mittleren Temperaturzone ihre höchſte
Entwicklung, ihre Artenzahl nimmt von da nach beiden Seiten, ſo-
wohl nach dem Aequator als nach den Polen zu, ab, während die
Gräſer endlich ſtetig vom Aequator nach den Polen hin zunehmen.
Hier iſt aber noch eine eigenthümliche Betrachtungsweiſe her-
vorzuheben, nach welcher man die Vertheilung der Familien zu beur-
theilen pflegt.
Die Rietgräſer z. B. treten in der Flora von Frankreich mit
134 Arten auf, in der Flora von Lappland dagegen nur mit 55 Arten.
Frankreich iſt alſo ohne Frage abſolut reicher an Arten als Lappland.
Anders aber ſtellt ſich die Sache, wenn wir dieſe Pflanzen im Ver-
hältniß zur ganzen Vegetation beider Länder betrachten und wenn es
uns darauf ankommt, eben das Characteriſtiſche der Vegetationsge-
biete aufzufaſſen, ſo dürfen wir nur dieſe Betrachtungsweiſe gelten
laſſen. Frankreich beſitzt im Ganzen etwa fünftehalb Tauſend phane-
rogame Pflanzen und davon machen die Rietgräſer nur 1/27 aus;
Lapplands Phanerogamen dagegen beſchränken ſich auf etwa 500
Arten und darunter iſt 1/9 Rietgräſer. Die letztern ſind daher ein viel
weſentlicherer Theil der Lappländiſchen Flora als der Franzöſiſchen, jene
hat relativ eine größere Anzahl Arten als dieſe. Nur dieſes iſt es was
man unter Zunehmen der Arten, in einer beſtimmten Richtung, verſteht.
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