Schleiermacher, Friedrich: Hermeneutik und Kritik. Berlin, 1838.nicht originell zu sein braucht, und die Originalität in der Ver- Cicero ist klassisch, aber nicht originell; der deutsche Hamann 12. Wenn beide Seiten (der Interpretation, die 1. Das folgt schon daraus, daß das grammatisch unbedeu- 2. Das Minimum von psychologischer Interpretation wird Zusaz 1) Die hermeneutischen Regeln müssen mehr Men- 1) Randanmerk. v. 1832. 2*
nicht originell zu ſein braucht, und die Originalitaͤt in der Ver- Cicero iſt klaſſiſch, aber nicht originell; der deutſche Hamann 12. Wenn beide Seiten (der Interpretation, die 1. Das folgt ſchon daraus, daß das grammatiſch unbedeu- 2. Das Minimum von pſychologiſcher Interpretation wird Zuſaz 1) Die hermeneutiſchen Regeln muͤſſen mehr Men- 1) Randanmerk. v. 1832. 2*
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nicht originell zu ſein braucht, und die Originalitaͤt in der Ver-
knuͤpfung (der Gedanken), die aber nicht klaſſiſch zu ſein braucht.
Cicero iſt klaſſiſch, aber nicht originell; der deutſche Hamann
originell, aber nicht klaſſiſch. — Sind beide Seiten des her-
meneutiſchen Verfahrens uͤberall gleichmaͤßig anzuwenden? Ha-
ben wir einen klaſſiſchen Schriftſteller ohne Originalitaͤt, ſo
kann das pſychologiſche Verfahren ohne Reiz ſein, auch nicht
gefordert werden; ſondern ſeine Spracheigenthuͤmlichkeit muß al-
lein beobachtet werden. Ein nicht klaſſiſcher Schriftſteller gebraucht
mehr und minder kuͤhne Combinationen in der Sprache, und hier
muß von der pſychologiſchen Seite auf das Verſtehen der Aus-
druͤcke eingegangen werden, nicht aber von der Sprechſeite aus.
12. Wenn beide Seiten (der Interpretation, die
grammatiſche und pſychologiſche) uͤberall anzuwenden ſind, ſo
ſind ſie es doch immer in verſchiedenem Verhaͤltniß.
1. Das folgt ſchon daraus, daß das grammatiſch unbedeu-
tende nicht auch pſychologiſch unbedeutend zu ſein braucht und
umgekehrt, ſich alſo auch nicht aus jedem unbedeutenden das
bedeutende gleichmaͤßig nach beiden Seiten entwickelt.
2. Das Minimum von pſychologiſcher Interpretation wird
angewendet bei vorherrſchender Objectivitaͤt des Gegenſtandes.
(Dahin gehoͤrt) reine Geſchichte, vornehmlich im Einzelnen,
denn die ganze Anſicht iſt immer ſubjectiv affizirt. Epos. Ge-
ſchaͤftliche Verhandlungen, welche ja Geſchichte werden wollen.
Didaktiſches von ſtrenger Form auf jedem Gebiete. Hier uͤber-
all iſt das ſubjective nicht als Auslegungsmoment anzuwenden,
ſondern es wird Reſultat der Auslegung. Das Minimum von
grammatiſcher beim Maximum von pſychologiſcher Auslegung
in Briefen, nemlich eigentlichen. Übergang des Didaktiſchen und
Hiſtoriſchen in dieſen. Lyrik. Polemik.
Zuſaz 1) Die hermeneutiſchen Regeln muͤſſen mehr Men-
1) Randanmerk. v. 1832.
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