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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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das sonderbare töpfchen.
steilen Bergabhange werfen lassen. Dieser Ausgangs-
kanal aber, dessen Wände 671/2 Grad Senkung haben,
ist bei der jetzigen Tiefe von mehr als 10 Meter für
die Fortschaffung solcher ungeheuern Blöcke nicht mehr
breit genug und muss vor allen Dingen um wenigstens
4 Meter breiter gemacht werden. Dies ist aber eine
riesige Arbeit, die ich bei dem täglichen Regen nicht
mehr vor dem nahen Winter anzufangen wage.

Wegen der vielen grossen Steine wurde vorgestern
und gestern von Terracotten nichts gefunden. Heute
in der letzten Stunde aber fand ich ein nur 51/2 Centi-
meter hohes Töpfchen mit drei Füssen; der ganze obere
Theil ist in der Form eines Globus und in fünf grosse
und fünf kleine Felder getheilt, die regelmässig unter-
einander abwechseln; alle grossen Felder sind mit ein-
geprägten Sternchen angefüllt. Der Mund oder die
Oeffnung hat nur 9 Millimeter im Durchmesser. Ich
vermuthe, dieses kleine wunderbare trojanische Gefäss
hat den Damen als Behälter für wohlriechendes Oel ge-
dient, welches bekanntlich beim Bad angewandt wurde.
Als Lampe kann es nicht gedient haben, denn Homer,
der ja 200 Jahre nach der Zerstörung von Troja lebte,
kennt noch keine Lampen. Auch fand ich diesen Morgen
zwei kupferne Pfeilspitzen und einen jener kleinen Vul-
kane von Terracotta, die seit einigen Tagen seltener
geworden waren. Ferner ein 33/4 Centimeter langes und
ebenso breites Bleiplättchen mit dem Schriftzuge [Abbildung] in
der Mitte und einem Loch an einer Ecke, was keinen
Zweifel lässt, dass das Plättchen zum Aufhängen ge-
dient hat.

Obgleich das Wort graphein nur zweimal im Homer

das sonderbare töpfchen.
steilen Bergabhange werfen lassen. Dieser Ausgangs-
kanal aber, dessen Wände 67½ Grad Senkung haben,
ist bei der jetzigen Tiefe von mehr als 10 Meter für
die Fortschaffung solcher ungeheuern Blöcke nicht mehr
breit genug und muss vor allen Dingen um wenigstens
4 Meter breiter gemacht werden. Dies ist aber eine
riesige Arbeit, die ich bei dem täglichen Regen nicht
mehr vor dem nahen Winter anzufangen wage.

Wegen der vielen grossen Steine wurde vorgestern
und gestern von Terracotten nichts gefunden. Heute
in der letzten Stunde aber fand ich ein nur 5½ Centi-
meter hohes Töpfchen mit drei Füssen; der ganze obere
Theil ist in der Form eines Globus und in fünf grosse
und fünf kleine Felder getheilt, die regelmässig unter-
einander abwechseln; alle grossen Felder sind mit ein-
geprägten Sternchen angefüllt. Der Mund oder die
Oeffnung hat nur 9 Millimeter im Durchmesser. Ich
vermuthe, dieses kleine wunderbare trojanische Gefäss
hat den Damen als Behälter für wohlriechendes Oel ge-
dient, welches bekanntlich beim Bad angewandt wurde.
Als Lampe kann es nicht gedient haben, denn Homer,
der ja 200 Jahre nach der Zerstörung von Troja lebte,
kennt noch keine Lampen. Auch fand ich diesen Morgen
zwei kupferne Pfeilspitzen und einen jener kleinen Vul-
kane von Terracotta, die seit einigen Tagen seltener
geworden waren. Ferner ein 3¾ Centimeter langes und
ebenso breites Bleiplättchen mit dem Schriftzuge [Abbildung] in
der Mitte und einem Loch an einer Ecke, was keinen
Zweifel lässt, dass das Plättchen zum Aufhängen ge-
dient hat.

Obgleich das Wort γράφειν nur zweimal im Homer

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[38/0104] das sonderbare töpfchen. steilen Bergabhange werfen lassen. Dieser Ausgangs- kanal aber, dessen Wände 67½ Grad Senkung haben, ist bei der jetzigen Tiefe von mehr als 10 Meter für die Fortschaffung solcher ungeheuern Blöcke nicht mehr breit genug und muss vor allen Dingen um wenigstens 4 Meter breiter gemacht werden. Dies ist aber eine riesige Arbeit, die ich bei dem täglichen Regen nicht mehr vor dem nahen Winter anzufangen wage. Wegen der vielen grossen Steine wurde vorgestern und gestern von Terracotten nichts gefunden. Heute in der letzten Stunde aber fand ich ein nur 5½ Centi- meter hohes Töpfchen mit drei Füssen; der ganze obere Theil ist in der Form eines Globus und in fünf grosse und fünf kleine Felder getheilt, die regelmässig unter- einander abwechseln; alle grossen Felder sind mit ein- geprägten Sternchen angefüllt. Der Mund oder die Oeffnung hat nur 9 Millimeter im Durchmesser. Ich vermuthe, dieses kleine wunderbare trojanische Gefäss hat den Damen als Behälter für wohlriechendes Oel ge- dient, welches bekanntlich beim Bad angewandt wurde. Als Lampe kann es nicht gedient haben, denn Homer, der ja 200 Jahre nach der Zerstörung von Troja lebte, kennt noch keine Lampen. Auch fand ich diesen Morgen zwei kupferne Pfeilspitzen und einen jener kleinen Vul- kane von Terracotta, die seit einigen Tagen seltener geworden waren. Ferner ein 3¾ Centimeter langes und ebenso breites Bleiplättchen mit dem Schriftzuge [Abbildung] in der Mitte und einem Loch an einer Ecke, was keinen Zweifel lässt, dass das Plättchen zum Aufhängen ge- dient hat. Obgleich das Wort γράφειν nur zweimal im Homer

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/104>, abgerufen am 24.11.2024.