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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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formen aus glimmer- und chloritschiefer.
setzen, in denen ich jetzt, wie gesagt, das Rad, das
Symbol des Sonnenwagens, zu erkennen glaube. Den-
noch aber erinnern diese symbolischen Zeichen lebhaft an
die "semata lugra" und "thumophthora", welche der König
Proitos von Tiryns dem Bellerophontes an seinen
Schwiegervater in Lykien mitgab (Ilias, VI., 168--170):
pempe de min Lukiende, poren d oge semata lugra, grapsas en
pinaki ptukto thumophthora polla, deixai d enogein o penthero,
ophr apoloito.

Hätte er ihm dagegen ein Glückszeichen, z. B. ein
[Abbildung] auf dem doppelten Täfelchen eingeritzt, so hätte dies
bestimmt hingereicht, ihm die beste Aufnahme und
Schutz zu sichern. Er gab ihm aber Todeszeichen mit,
damit er getödtet werden sollte.

Die in meinem Berichte vom 18. November v. J. erwähn-
ten, in 71/2 Meter Tiefe auf einem Terracotta-Scheibchen
gefundenen fünf Zeichen, die ich für phönizisch hielt, ha-
ben sich leider nicht als solche herausgestellt, denn Herr
Ernest Renan in Paris, dem ich das Scheibchen einsandte,
erkennt nichts Phönizisches in den Zeichen und behaup-
tet auch, dass ich nichts der Art in Troja würde finden
können, da die Phönizier nicht die Gewohnheit hatten,
auf Terracotta zu schreiben, und überdies, ausser der
neuentdeckten Inschrift des Mesa, noch nie eine phö-
nizische Inschrift gefunden sei, die über 500 Jahre vor
Christo hinausginge.

Noch kann ich, in Bezug auf meine vorjährigen Ausgra-
bungen, bemerken, dass ich jetzt viereckige, 15 und bis
271/2 Centimeter lange, 41/2 und bis 9 Centimeter dicke
Stücke Glimmerschiefer und Chloritschiefer gefunden
habe, welche auf allen vier Seiten, mehrere sogar

formen aus glimmer- und chloritschiefer.
setzen, in denen ich jetzt, wie gesagt, das Rad, das
Symbol des Sonnenwagens, zu erkennen glaube. Den-
noch aber erinnern diese symbolischen Zeichen lebhaft an
die „σήματα λυγρά“ und „ϑυμοφϑόρα“, welche der König
Proitos von Tiryns dem Bellerophontes an seinen
Schwiegervater in Lykien mitgab (Ilias, VI., 168—170):
πέμπε δέ μιν Λυκίηνδε, πόρεν δ̕ ὅγε σήματα λυγρά, γράψας ἐν
πίνακι πτυκτῷ ϑυμοφϑόρα πολλά, δεῖξαι δ̕ ἠνώγειν ᾧ πενϑερῷ,
ὄφρ̕ ἀπόλοιτο.

Hätte er ihm dagegen ein Glückszeichen, z. B. ein
[Abbildung] auf dem doppelten Täfelchen eingeritzt, so hätte dies
bestimmt hingereicht, ihm die beste Aufnahme und
Schutz zu sichern. Er gab ihm aber Todeszeichen mit,
damit er getödtet werden sollte.

Die in meinem Berichte vom 18. November v. J. erwähn-
ten, in 7½ Meter Tiefe auf einem Terracotta-Scheibchen
gefundenen fünf Zeichen, die ich für phönizisch hielt, ha-
ben sich leider nicht als solche herausgestellt, denn Herr
Ernest Renan in Paris, dem ich das Scheibchen einsandte,
erkennt nichts Phönizisches in den Zeichen und behaup-
tet auch, dass ich nichts der Art in Troja würde finden
können, da die Phönizier nicht die Gewohnheit hatten,
auf Terracotta zu schreiben, und überdies, ausser der
neuentdeckten Inschrift des Mesa, noch nie eine phö-
nizische Inschrift gefunden sei, die über 500 Jahre vor
Christo hinausginge.

Noch kann ich, in Bezug auf meine vorjährigen Ausgra-
bungen, bemerken, dass ich jetzt viereckige, 15 und bis
27½ Centimeter lange, 4½ und bis 9 Centimeter dicke
Stücke Glimmerschiefer und Chloritschiefer gefunden
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[94/0160] formen aus glimmer- und chloritschiefer. setzen, in denen ich jetzt, wie gesagt, das Rad, das Symbol des Sonnenwagens, zu erkennen glaube. Den- noch aber erinnern diese symbolischen Zeichen lebhaft an die „σήματα λυγρά“ und „ϑυμοφϑόρα“, welche der König Proitos von Tiryns dem Bellerophontes an seinen Schwiegervater in Lykien mitgab (Ilias, VI., 168—170): πέμπε δέ μιν Λυκίηνδε, πόρεν δ̕ ὅγε σήματα λυγρά, γράψας ἐν πίνακι πτυκτῷ ϑυμοφϑόρα πολλά, δεῖξαι δ̕ ἠνώγειν ᾧ πενϑερῷ, ὄφρ̕ ἀπόλοιτο. Hätte er ihm dagegen ein Glückszeichen, z. B. ein [Abbildung] auf dem doppelten Täfelchen eingeritzt, so hätte dies bestimmt hingereicht, ihm die beste Aufnahme und Schutz zu sichern. Er gab ihm aber Todeszeichen mit, damit er getödtet werden sollte. Die in meinem Berichte vom 18. November v. J. erwähn- ten, in 7½ Meter Tiefe auf einem Terracotta-Scheibchen gefundenen fünf Zeichen, die ich für phönizisch hielt, ha- ben sich leider nicht als solche herausgestellt, denn Herr Ernest Renan in Paris, dem ich das Scheibchen einsandte, erkennt nichts Phönizisches in den Zeichen und behaup- tet auch, dass ich nichts der Art in Troja würde finden können, da die Phönizier nicht die Gewohnheit hatten, auf Terracotta zu schreiben, und überdies, ausser der neuentdeckten Inschrift des Mesa, noch nie eine phö- nizische Inschrift gefunden sei, die über 500 Jahre vor Christo hinausginge. Noch kann ich, in Bezug auf meine vorjährigen Ausgra- bungen, bemerken, dass ich jetzt viereckige, 15 und bis 27½ Centimeter lange, 4½ und bis 9 Centimeter dicke Stücke Glimmerschiefer und Chloritschiefer gefunden habe, welche auf allen vier Seiten, mehrere sogar

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/160>, abgerufen am 21.11.2024.