Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.widerlegung der ansicht des herrn nikolaides. Hektor getödtet wurde. Dies ist jedoch ein grosser Irr-thum, denn die Zahl der dort befindlichen Quellen ist vierzig und nicht zwei, was auch schon der türkische Name des Quellenortes "Kirkgiös" (40 Augen oder Quellen) zur Genüge beweist. Auch habe ich durch meine im Jahre 1868 auf den Höhen von Bunarbaschi gemach- ten Ausgrabungen, bei welchen ich immer bis auf den Urboden grub, hinlänglich nachgewiesen, dass dort nie ein Dorf, geschweige denn eine Stadt gestanden hat, und dies beweist auch die Gestalt der bald spitzen, bald steilen und stets ganz ungleichen Felsen. Am Ende der Höhen, in einer Entfernung von 17 Kilometer vom Hellespont, sieht man wirklich die Trümmer einer klei- nen Stadt, deren Baustelle jedoch dermassen unbedeu- tend ist, dass sie unmöglich mehr als 2000 Einwohner gehabt haben kann, während nach den Andeutungen der Ilias das Homerische Ilion über 50000 gehabt haben muss. Ausserdem ist diese kleine Stadt 4, die 40 Quellen aber 31/2 Stunden weit vom Hellespont ent- fernt, und solche Entfernungen sind in vollkommenem Widerspruch mit den Angaben der Ilias, wonach das griechische Heer oft viermal an einem Tage kämpfend die Strecke zwischen dem Schiffslager und der Mauer von Troja zurücklegte. "Der Plan der Ebene von Troja des Herrn Nikolai- Schliemann, Troja. 9
widerlegung der ansicht des herrn nikolaïdes. Hektor getödtet wurde. Dies ist jedoch ein grosser Irr-thum, denn die Zahl der dort befindlichen Quellen ist vierzig und nicht zwei, was auch schon der türkische Name des Quellenortes «Kirkgiös» (40 Augen oder Quellen) zur Genüge beweist. Auch habe ich durch meine im Jahre 1868 auf den Höhen von Bunarbaschi gemach- ten Ausgrabungen, bei welchen ich immer bis auf den Urboden grub, hinlänglich nachgewiesen, dass dort nie ein Dorf, geschweige denn eine Stadt gestanden hat, und dies beweist auch die Gestalt der bald spitzen, bald steilen und stets ganz ungleichen Felsen. Am Ende der Höhen, in einer Entfernung von 17 Kilometer vom Hellespont, sieht man wirklich die Trümmer einer klei- nen Stadt, deren Baustelle jedoch dermassen unbedeu- tend ist, dass sie unmöglich mehr als 2000 Einwohner gehabt haben kann, während nach den Andeutungen der Ilias das Homerische Ilion über 50000 gehabt haben muss. Ausserdem ist diese kleine Stadt 4, die 40 Quellen aber 3½ Stunden weit vom Hellespont ent- fernt, und solche Entfernungen sind in vollkommenem Widerspruch mit den Angaben der Ilias, wonach das griechische Heer oft viermal an einem Tage kämpfend die Strecke zwischen dem Schiffslager und der Mauer von Troja zurücklegte. „Der Plan der Ebene von Troja des Herrn Nikolaï- Schliemann, Troja. 9
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0195" n="129"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#k">widerlegung der ansicht des herrn nikolaïdes.</hi></fw><lb/> Hektor getödtet wurde. Dies ist jedoch ein grosser Irr-<lb/> thum, denn die Zahl der dort befindlichen Quellen ist<lb/> vierzig und nicht zwei, was auch schon der türkische<lb/> Name des Quellenortes «Kirkgiös» (40 Augen oder<lb/> Quellen) zur Genüge beweist. Auch habe ich durch meine<lb/> im Jahre 1868 auf den Höhen von Bunarbaschi gemach-<lb/> ten Ausgrabungen, bei welchen ich immer bis auf den<lb/> Urboden grub, hinlänglich nachgewiesen, dass dort nie<lb/> ein Dorf, geschweige denn eine Stadt gestanden hat,<lb/> und dies beweist auch die Gestalt der bald spitzen, bald<lb/> steilen und stets ganz ungleichen Felsen. Am Ende<lb/> der Höhen, in einer Entfernung von 17 Kilometer vom<lb/> Hellespont, sieht man wirklich die Trümmer einer klei-<lb/> nen Stadt, deren Baustelle jedoch dermassen unbedeu-<lb/> tend ist, dass sie unmöglich mehr als 2000 Einwohner<lb/> gehabt haben kann, während nach den Andeutungen<lb/> der Ilias das Homerische Ilion über 50000 gehabt<lb/> haben muss. Ausserdem ist diese kleine Stadt 4, die<lb/> 40 Quellen aber 3½ Stunden weit vom Hellespont ent-<lb/> fernt, und solche Entfernungen sind in vollkommenem<lb/> Widerspruch mit den Angaben der Ilias, wonach das<lb/> griechische Heer oft viermal an einem Tage kämpfend<lb/> die Strecke zwischen dem Schiffslager und der Mauer<lb/> von Troja zurücklegte.</p><lb/> <p>„Der Plan der Ebene von Troja des Herrn Nikolaï-<lb/> des kann zu Irrthümern Anlass geben, denn er nennt<lb/> Simoïs den Fluss, welcher den südöstlichen Theil der<lb/> Ebene durchströmt, während dies der Thymbrius ist, wie<lb/> Frank Calvert nachgewiesen hat; denn dieser fand bei<lb/> seinen Ausgrabungen am Ufer jenes Flusses die Ruinen<lb/> des Tempels des thymbrischen Apollo, worüber eine<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#k">Schliemann</hi>, Troja. 9</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [129/0195]
widerlegung der ansicht des herrn nikolaïdes.
Hektor getödtet wurde. Dies ist jedoch ein grosser Irr-
thum, denn die Zahl der dort befindlichen Quellen ist
vierzig und nicht zwei, was auch schon der türkische
Name des Quellenortes «Kirkgiös» (40 Augen oder
Quellen) zur Genüge beweist. Auch habe ich durch meine
im Jahre 1868 auf den Höhen von Bunarbaschi gemach-
ten Ausgrabungen, bei welchen ich immer bis auf den
Urboden grub, hinlänglich nachgewiesen, dass dort nie
ein Dorf, geschweige denn eine Stadt gestanden hat,
und dies beweist auch die Gestalt der bald spitzen, bald
steilen und stets ganz ungleichen Felsen. Am Ende
der Höhen, in einer Entfernung von 17 Kilometer vom
Hellespont, sieht man wirklich die Trümmer einer klei-
nen Stadt, deren Baustelle jedoch dermassen unbedeu-
tend ist, dass sie unmöglich mehr als 2000 Einwohner
gehabt haben kann, während nach den Andeutungen
der Ilias das Homerische Ilion über 50000 gehabt
haben muss. Ausserdem ist diese kleine Stadt 4, die
40 Quellen aber 3½ Stunden weit vom Hellespont ent-
fernt, und solche Entfernungen sind in vollkommenem
Widerspruch mit den Angaben der Ilias, wonach das
griechische Heer oft viermal an einem Tage kämpfend
die Strecke zwischen dem Schiffslager und der Mauer
von Troja zurücklegte.
„Der Plan der Ebene von Troja des Herrn Nikolaï-
des kann zu Irrthümern Anlass geben, denn er nennt
Simoïs den Fluss, welcher den südöstlichen Theil der
Ebene durchströmt, während dies der Thymbrius ist, wie
Frank Calvert nachgewiesen hat; denn dieser fand bei
seinen Ausgrabungen am Ufer jenes Flusses die Ruinen
des Tempels des thymbrischen Apollo, worüber eine
Schliemann, Troja. 9
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |