Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.urne mit erhaltenem schädel. zerbrochen sind und ich sie erst in Athen wieder zu-sammenleimen lassen kann. Unter den kleinern Ge- fässen, deren Bilder ich gebe, verdient besondere Auf- merksamkeit ein glänzend schwarzer Becher mit einem Griff in Form einer Krone, sowie ein glänzend rother Becher mit einem sehr merkwürdigen Menschengesicht, in welchem aber die Züge der Eule nicht zu verkennen sind. Unter den übrigen Gegenständen, deren Zeich- nungen ich gebe, kann ich noch hervorheben eine kleine Goldplatte in Gestalt eines Pfeils, mit einem kleinen Loch am untern Ende; ferner eine Röhre von Elfenbein mit sehr sonderbaren Verzierungen, und end- lich einen wohlerhaltenen Schädel mit kleinen niedlichen Zähnen, den ich nebst einigen Knochen und vieler Leichenasche in einer 70 Centimeter hohen und breiten, leider zertrümmerten Vase in 8 Meter Tiefe auf dem Thurm fand. Dies ist das erste mal, dass ich so wohl- erhaltene Menschenknochen, und gar einen Schädel in einer Urne finde; Leichenurnen graben wir zwar täg- lich auf, aber die Körper sind immer vollends zu Asche verbrannt, und ausser dem früher beschriebenen Skelet eines Embryo in einer Vase von 151/2 Meter Tiefe auf dem Urfels hatte ich bis dahin noch nie einen heilen Knochen in einer Leichenurne gefunden. Obige Vase, in der ich den Schädel fand, ist von jener vorzüglichen trojanischen Terracotta, die ich, ausser auf der Thurm- fläche, nur in 11 bis 14 und 16 Meter Tiefe finde; es muss der Schädel einer Trojanerin gehört haben, denn er ist zu zart, als dass er einem Mann gehört ha- ben könnte. In der Urne fand sich auch eine kupferne Haar- oder Tuchnadel. Ferner wurden auf dem Thurm urne mit erhaltenem schädel. zerbrochen sind und ich sie erst in Athen wieder zu-sammenleimen lassen kann. Unter den kleinern Ge- fässen, deren Bilder ich gebe, verdient besondere Auf- merksamkeit ein glänzend schwarzer Becher mit einem Griff in Form einer Krone, sowie ein glänzend rother Becher mit einem sehr merkwürdigen Menschengesicht, in welchem aber die Züge der Eule nicht zu verkennen sind. Unter den übrigen Gegenständen, deren Zeich- nungen ich gebe, kann ich noch hervorheben eine kleine Goldplatte in Gestalt eines Pfeils, mit einem kleinen Loch am untern Ende; ferner eine Röhre von Elfenbein mit sehr sonderbaren Verzierungen, und end- lich einen wohlerhaltenen Schädel mit kleinen niedlichen Zähnen, den ich nebst einigen Knochen und vieler Leichenasche in einer 70 Centimeter hohen und breiten, leider zertrümmerten Vase in 8 Meter Tiefe auf dem Thurm fand. Dies ist das erste mal, dass ich so wohl- erhaltene Menschenknochen, und gar einen Schädel in einer Urne finde; Leichenurnen graben wir zwar täg- lich auf, aber die Körper sind immer vollends zu Asche verbrannt, und ausser dem früher beschriebenen Skelet eines Embryo in einer Vase von 15½ Meter Tiefe auf dem Urfels hatte ich bis dahin noch nie einen heilen Knochen in einer Leichenurne gefunden. Obige Vase, in der ich den Schädel fand, ist von jener vorzüglichen trojanischen Terracotta, die ich, ausser auf der Thurm- fläche, nur in 11 bis 14 und 16 Meter Tiefe finde; es muss der Schädel einer Trojanerin gehört haben, denn er ist zu zart, als dass er einem Mann gehört ha- ben könnte. In der Urne fand sich auch eine kupferne Haar- oder Tuchnadel. 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urne mit erhaltenem schädel.
zerbrochen sind und ich sie erst in Athen wieder zu-
sammenleimen lassen kann. Unter den kleinern Ge-
fässen, deren Bilder ich gebe, verdient besondere Auf-
merksamkeit ein glänzend schwarzer Becher mit einem
Griff in Form einer Krone, sowie ein glänzend rother
Becher mit einem sehr merkwürdigen Menschengesicht,
in welchem aber die Züge der Eule nicht zu verkennen
sind. Unter den übrigen Gegenständen, deren Zeich-
nungen ich gebe, kann ich noch hervorheben eine
kleine Goldplatte in Gestalt eines Pfeils, mit einem
kleinen Loch am untern Ende; ferner eine Röhre von
Elfenbein mit sehr sonderbaren Verzierungen, und end-
lich einen wohlerhaltenen Schädel mit kleinen niedlichen
Zähnen, den ich nebst einigen Knochen und vieler
Leichenasche in einer 70 Centimeter hohen und breiten,
leider zertrümmerten Vase in 8 Meter Tiefe auf dem
Thurm fand. Dies ist das erste mal, dass ich so wohl-
erhaltene Menschenknochen, und gar einen Schädel in
einer Urne finde; Leichenurnen graben wir zwar täg-
lich auf, aber die Körper sind immer vollends zu Asche
verbrannt, und ausser dem früher beschriebenen Skelet
eines Embryo in einer Vase von 15½ Meter Tiefe auf
dem Urfels hatte ich bis dahin noch nie einen heilen
Knochen in einer Leichenurne gefunden. Obige Vase,
in der ich den Schädel fand, ist von jener vorzüglichen
trojanischen Terracotta, die ich, ausser auf der Thurm-
fläche, nur in 11 bis 14 und 16 Meter Tiefe finde; es
muss der Schädel einer Trojanerin gehört haben,
denn er ist zu zart, als dass er einem Mann gehört ha-
ben könnte. In der Urne fand sich auch eine kupferne
Haar- oder Tuchnadel. Ferner wurden auf dem Thurm
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